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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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Vater aus dem Haus zu schleppen? Aber wie weit würde ich mit ihm kommen? Würde ich ihm wehtun, wenn ich ihn bewegte? Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte ich, wie die Haustür aufging und schwere Schuhe den Flur hinunterkamen. Ich hob den Kopf und sah zwei uniformierte Beamte, die ihre Waffen auf mich richteten.
    »Die Einbrecher sind oben!«, rief ich über den Sirenenlärm hinweg. »Sie sind zu dritt. Mindestens einer muss eine Waffe haben, denn sie haben auf meinen Vater geschossen.« Während ich das sagte, versuchte ich mich zu erinnern, ob ich tatsächlich gesehen hatte, dass einer der Einbrecher eine Pistole in der Hand hatte, aber die Polizisten hatten sich schon wieder umgedreht und stürmten die Treppe nach oben.
    Wieder wandte ich mich an meinen Vater. Sein Gesicht war ganz grau. »Dad?«, rief ich. »Roman? Kannst du mich hören?«
    Seine Augen öffneten sich blinzelnd, aber er konnte den Blick nicht auf mich gerichtet halten. Er sagte etwas,
das ich nicht verstand. Ich beugte mich vornüber und hielt mein Ohr nah an seinen Mund.
    »Di… di…«, krächzte er.
    »Sie haben dein Herz verfehlt, Dad. Du wirst nicht sterben, das verspreche ich dir.« Ich versuchte, meinen Vater dazu zu bringen, dass er mich ansah, aber seine Augen huschten im Raum hin und her, als ob sie etwas suchten. Ich folgte seinem Blick und sah, dass der alte Dienstrevolver aus dem Zweiten Weltkrieg unter dem Küchentisch lag. Vermutlich hatte er ihn fallen lassen, als die Diebe auf ihn schossen.
    »Oh, Dad«, sagte ich und strich ihm über den Kopf. »Du hättest die Waffe nicht mitnehmen sollen. Vielleicht hätten sie dir dann gar nichts getan.«
    Mein Vater schüttelte erneut den Kopf, und sein Mund bewegte sich, um mir etwas zu sagen. Ich beugte mich wieder hinunter, damit er sich nicht so sehr anstrengen musste.
    » Dibbukim «, brachte er schließlich hervor. Es schien ihn seine gesamte Energie zu kosten, dieses Wort auszuspucken. Dann verdrehte er die Augen und verlor das Bewusstsein. Sein Puls unter meinen Fingerspitzen geriet ins Stocken. Hastig nahm ich meine Hände von seiner Wunde, presste sie auf sein Herz und drückte mit meinem ganzen Gewicht zu – einmal, zweimal, dreimal. Verzweifelt versuchte ich mich daran zu erinnern, wie die Herz-Lungen-Massage in den Filmen immer aussah. Damit fuhr ich fort, bis plötzlich ein Rettungssanitäter neben mir kniete und meine Hände löste. Ich hatte nicht gemerkt, wie er hereingekommen war, aber plötzlich war die Küche voller Menschen. Uniformierte Polizisten, Sanitäter, ein
Mann in einem regennassen, grauen Trenchcoat, der auf den Holzboden tropfte. Sie bildeten einen Ring um meinen Vater und drängten mich von ihm weg. Ich fühlte mich wie in meinem Traum, als ich am Ufer des Sees gestanden hatte und zusehen musste, wie der Schwan seinem Tod entgegenglitt. Als ob ich über der ganzen Szenerie schwebte. Der Mann im Trenchcoat stand neben mir, sagte etwas, aber über das Rauschen der Schwanenflügel konnte ich ihn nicht verstehen.
    »Was?«, sagte ich und sah ihm in die Augen.
    »Sie sehen blass aus. Sie sollten sich setzen.«
    Ich nickte, fügte mich dem vernünftigen Rat des Mannes, aber wie in meinem Traum spürte ich bereits, wie ich selbst in den See stürzte und mich das schimmernde Wasser wie ein Blitz aus weißem Licht umfing – ein Licht, das sich, wie ich gerade noch denken konnte, seltsam vertraut anfühlte.
     
    Im Krankenwagen kam ich wieder zu mir.
    »Sie sind ohnmächtig geworden«, sagte der Rettungssanitäter, als ich mich aufsetzte. »Daher haben wir Sie mit Ihrem Vater zusammen hier hineingebracht.«
    »Wie geht es ihm?« Mein Vater trug eine Sauerstoffmaske über Mund und Nase, und seine Augen waren geschlossen.
    »Er hat viel Blut verloren, und sein Blutdruck ist sehr niedrig. Hat er schon vorher Herzprobleme gehabt?«
    »Einen Herzanfall. Letztes Jahr hatte er eine Angioplastie. Wird er … ist er …«
    »Seine Chancen stehen nicht schlecht. Die Kugel ist direkt über dem Herzen eingedrungen, aber er hat auf
dem Rücken ein paar Zentimeter höher eine Austrittswunde in der Schulter. Ich denke, sie hat das Herz verfehlt, man könnte also sagen, er hat Glück gehabt. Der Schütze muss sich tiefer unten befunden haben … hat sich vielleicht gebückt oder hingekniet. Hat er die Einbrecher überrascht?«
    »Das nehme ich an. Als ich in die Küche kam, hatte man ihn schon niedergeschossen. Einer der Einbrecher kniete auf dem Boden … vielleicht

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