Black Swan - Silberner Fluch
sie beginnen zu streiten … und es wird nicht lange dauern, dann werden sie so weit sein, dass sie sich selbst und ihre Familien töten. Wenn die Schatulle sieben Tage lang geöffnet bleibt, wird Dee schließlich die Kontrolle übernehmen. Das letzte Mal, dass die Dämonen unterwegs waren, kam Hitler an die Macht. Hätte man sie nicht erschlagen, man hätte ihn nicht besiegen können.«
»Aber ich weiß noch immer nicht, was ich tun kann. Ich habe keine Kräfte und keine Erfahrung.« Gern hätte ich noch hinzugefügt, dass ich vermutlich auch nicht besonders viel Mut und Moral mitbrachte. Schließlich war ich gerade erst der Grund dafür gewesen, dass Edgar Tolbert getötet worden war, und ich hatte seine Leiche in den Cloisters zurückgelassen, wo er irgendwann von Fremden entdeckt werden würde. Aber ich hatte noch nicht einmal den Mut, meine Charakterfehler zu benennen.
»Ja, es ist wirklich ungünstig, dass du nie ausgebildet wurdest. Jede Frau deiner Abstammung besitzt die Fähigkeit, zu einer mächtigen Streiterin gegen das Böse zu werden – eine Hüterin der Menschheit. In deiner DNA liegen die Geheimnisse, wie diese Dämonen bekämpft werden können, aber du brauchst ein gewisses Training, um diese Kraft zu erkennen und einzusetzen. Doch es ist noch nicht zu spät.«
Ich schüttelte den Kopf. Nach alldem, was ich in letzter Zeit erlebt und mir zu glauben gestattet hatte, war dies
eine Sache, die über meinen Verstand ging – dass es mein Schicksal sein sollte, bei diesen Ereignissen eine entscheidende Rolle zu spielen. Schön, allmählich gewöhnte ich mich an den Gedanken, dass meine Mutter einige Geheimnisse bewahrt hatte, denn sie war zweifelsohne etwas ganz Besonderes gewesen. Aber ich? Ich war inmitten von Menschen aufgewachsen, die alle über fantastisches Talent verfügten – Maler und Bildhauer, die ihren Träumen Gestalt verleihen konnten. Doch so war ich nicht. Ich war eine ganz normale Handwerkerin, eine Goldschmiedin, und meine Schaffenskraft beschränkte sich darauf, alte Symbole und Entwürfe neu aufzulegen. Ich war nichts Besonderes.
»Ich glaube, ihr habt die Falsche ausgesucht«, sagte ich.
Das Raunen des versammelten Grüppchens – der Goblins und der Feuerfeen und der anderen Wesen, die noch immer außerhalb des Lichts in den Schatten lauerten – brach plötzlich ab. Oberon starrte mich an und schlug mit seinen Flügeln, und das Geräusch breitete sich in der ansonsten völlig stillen Halle aus, als ob eine große Schar Vögel aufflog. »Natürlich verstehen wir, dass du zu viel Angst hast, um ihn anzugreifen. Du hast auch alles Recht, Angst zu haben. Selbst, wenn du ausgebildet worden wärst, gäbe es keine Garantie, dass du Dee und die Schatulle finden würdest, und noch weniger, dass du ihm das Kästchen dann wegnehmen und die Dämonen wieder in die Hölle schicken könntest.«
Ich schluckte. Die Dämonen in die Hölle schicken? Er hatte Recht, ich hatte Angst. Verdammt, ich hatte richtige Panik. Ich sah mir all die seltsamen Geschöpfe an, die am Tisch Platz genommen hatten, einige schön und dennoch
grotesk, wieder andere noch zu sehr von Schatten umlagert, als dass sie wirklich auszumachen gewesen wären. Sie alle warteten auf meine Antwort. All diese faszinierenden Wesen warteten auf mich , dass ich ihnen sagte, ob ich ihnen helfen wollte oder nicht. Innerlich fühlte ich, dass noch andere darauf warteten: Edgar Tolbert, der sinnlos umgebracht worden war, und mein verwundeter Vater in seinem Krankenhausbett. Wie viele andere würden verletzt werden, wenn ich untätig blieb?
»Okay«, sagte ich, und meine Stimme klang klein und hohl in der großen Halle. »Ich werde tun, was in meiner Macht steht.«
Die nächste Stunde debattierten Oberon, Puck und Fen darüber, wer mich in den Künsten ausbilden sollte, die erforderlich sein würden, um Dee zu finden, ihn zu überwältigen und ihm das Kästchen abzunehmen. Mir war nicht klar, wie ich das überhaupt bewerkstelligen sollte, aber offenbar gab es Lehrer, die mir zeigen konnten, was ich tun musste. Die Goblins und die Feuerfeen schalteten sich gelegentlich in die Diskussion ein, aber ich verstand ihre Sprache nicht, und so hörte ich auf, ihnen zuzuhören, und nachdem ich nicht mehr aufpasste, wurde ich schläfrig. Schließlich hatte ich nicht mehr geschlafen, seit … ja, seit wann denn? Ich wusste nicht einmal, wie spät es jetzt war. Hier unter der Erde hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren. Meine Lider wurden
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