Blackbirds
gerahmten Fotos versteckt. Instant-Junggesellenbude.
Er denkt sich, wenn sie jemanden finden können, der bald sterben wird, der Geld und der Platz zum Pennen für sie hat, solange sie in der Stadt sind, perfekt. Er hat in ihren Terminkalender geschaut. Es war nichts drin, was seinem ungeduldigen Geschmack schnell genug ging. Ashley hungert nach mehr als nur nach Essen.
Also, sagte er, irgendwohin, wo viele Menschen sind.
Miriam schlug vor: »Ein Tanzschuppen.« Da hat man jede Menge Leute, die meisten jünger, viele mit riskantem Verhalten. Koksschnüffler, Crackabhängige, Ungeschützter-Sex-Idioten, betrunkene Fahrer, die ganze Bandbreite. Ashley sagte nein. Busbahnhof. Lass uns an ’nem Busbahnhof aufschlagen.
Nur, erklärte Miriam, dass das nicht der beste Ort ist, weil mindestens die Hälfte der Leute nicht ankommt, sondern wegfährt. Was bedeutet, sollte sie tatsächlich jemanden finden, der bald den Löffel abgibt, wären sie und Ashley bei dem Ereignis nicht vor Ort, nicht, wenn sie nicht in einen Bus nach Des Moines in Iowa hüpfen wollen. Und niemand will nach Des Moines.
Nein, sagte Ashley. Ashley glaubt, er wüsste, wie der Hase läuft. Er hält sich für so verdammt clever. Sie macht das hier inzwischen seit acht Jahren, aber er will ihr erklären, wie es läuft? Sie aufklären, ihr helfen, ›ihren Umsatz zu steigern‹?
Schön. Busbahnhof, gab sie nach. Meinetwegen.
Und da sind sie nun.
Er wirkt ungeduldig auf der anderen Straßenseite. Fuß klopft. Kopf hängt schlaff nach hinten. Mund steht offen, Fliegen fangen, als ob es eine Folter für ihn wäre. Was für ein Arschloch!, denkt sie. Folter. Für ihn!
Saukomisch.
Mittlerweile ist sie müde und angepisst. Sie tritt vom Bordstein, um vor einem Bus auf die andere Seite zu gehen, und ...
Er ist auf seinem Fahrrad, einem Rennrad mit Reifen, die so dünn sind, dass sie aussehen, als wären sie aus einer Pipette gespritzt worden, und er hat seine ganze enge Elastan-Radfahrermontur an, als würde er von Goodyear oder Kellogg’s oder irgend so einer Scheißfirma gesponsert, und der Reifen trifft einen Stein, und er kommt ins Schleudern, überschlägt s ich, und dann das Kreischen von Bremsen und eine Stoßstange, die in ihn kracht und seine Hüfte zertrümmert, und sein Körper (wie eine Marionette, der die Fäden durchgeschnitten wurden) rutscht die Kühlerhaube hoch, und sein behelmter Kopf zerbricht die Windschutzscheibe, und dann ist alles verschwommen und schwarz und Hirnblutung und ...
... sie dreht sich um und sieht einen Mann vor sich, der einem anderen Mann zum Abschied zuwinkt, vielleicht sind sie Freunde oder Geliebte. Das hat sie nicht erwartet. Sie ist einfach so vor sich hingegangen, gedankenverloren, und seine Hand muss ihre gestreift haben. Es hilft nicht. Ja, er stirbt. Nein, es ist nicht morgen. Ein Jahr von heute an – na ja, eigentlich ein Jahr, zwei Monate und dreizehn Tage. Trotzdem. Er sieht aus, als ob er Geld hätte. Es ist so bald, dass sie später darüber nachdenken wird, es in ihren Terminkalender aufzunehmen. (Wenn du später in der Nähe bist ...)
Sie schüttelt es ab und läuft vor einen ankommenden Bus (und fragt sich einen Moment lang: Wird er mich erwischen? Ist das mein Zeitpunkt?) und geht zu Ashley hin, der sie mit einem abfälligen Blick bedenkt.
»Irgendwas?«, fragt er.
»Das hier ist wie Angeln ohne Köder.«
»Das heißt also nein.«
»Ja. Nein.«
Er zuckt die Schulter. »Tja, dann schaff dich wieder da raus. Mach dein ... Psychoding.«
»Ist das echt deine Vorstellung von Partnerschaft? Du sitzt auf deinem Arsch, während ich hingehe und die ganze Arbeit mache?«
»Meine Gaben kommen erst ins Spiel, wenn du einen Fisch an der Angel hast, Süße.«
» Deine Gaben? Im Ernst? Hör schon auf! Bisher ist deine einzige Gabe an diese Welt dein gewinnendes Lächeln. Alles andere nimmt wertvolle Luft und Platz weg.«
»Das Lächeln ist nur Augenwischerei. Aber es ist schon eine Schlüsselwaffe in meinem Charme-Arsenal.«
»Charme-Arsenal«, wiederholt sie. »Ich hab Hunger.«
»Ist mir egal.«
»Sollte dir aber verdammt noch mal nicht egal sein!«
Er gähnt. »Hör zu. Wir haben keine Bleibe. Wir brauchen eine Bleibe. Wenn wir einen Unterschlupf haben, dann werden wir uns Gedanken ums Essen machen. Außerdem willst du doch bestimmt nicht, dass ich – ach, ich weiß ja auch nicht – dich auf die Straße setze, die Polizei rufe, deine Mutter anrufe, so Sachen halt?«
»Ich hab’s
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