Blackhearts: Roman (German Edition)
wahr?«
»Eine Schwalbe.«
Er wird blass. Als würde ihm plötzlich klar, wer sie ist. »Natürlich.«
Es gibt nichts mehr zu sagen. Sie zieht ihr Hemd runter, knöpft ihre Jeans wieder zu und entfernt sich still.
EINUNDDREISSIG
Black & White
Was ihr gerade mit Beck Daniels passiert ist, bringt Miriam aus dem Gleichgewicht. Als würde sie immer noch gegen ihn kämpfen, immer noch auf die Matte geworfen werden, ihn immer noch fast ficken.
Bis sie es nach oben geschafft hat, um Tavena Whites Fach zu suchen, strömen die Mädchen schon aus dem Wohnheimflügel, um sich für den Unterricht bereit zu machen.
Da, beim Trinkbrunnen sieht sie Tavena White.
Die Haare immer noch eine tintenschwarze Krakelei. Augen groß und ausdrucksvoll.
Sie spricht mit einer Gruppe Freundinnen.
Miriam weiß nicht, warum sie so nervös ist. Schatten ihrer eigenen Schulerfahrungen suchen sie zu einem unpassenden Zeitpunkt heim.
Sie geht zu Tavena hin.
»Hey«, sagt sie. Winkt mit ihrem kleinen zusammengefalteten Zettel, als ob das etwas bedeuten würde.
»Äh, hey«, sagt Tavena, und die anderen Mädchen verdrehen die Augen. Dann keimt Erkenntnis in Tavenas Blick. »Sie sind diese Frau aus der Kantine!«
»Nee, muss jemand anderes gewesen sein.« Miriam versucht, ihr den Zettel zu geben. »Hier. Das wollte ich dir geben.«
Aber Tavena nimmt ihn nicht. Sie und die anderen Mädchen weichen zurück. Miriam merkt, dass sie versucht, ihr den Zettel mit ihrer blutigen Hand zu geben. Hoppla!
Tavena blickt schon um sich, als bräuchte sie jemanden, um sie zu retten.
»Nimm einfach den Zettel!«, sagt Miriam und quält sichein Lächeln, ein munteres Lachen ab. »Das hier ist kein Böser-Onkel-Moment. Ich bin bloß eine Freundin, die eine Nachricht überbringt. Das da ist kein Blut an meiner Hand. Es ist Farbe. Nur Farbe.«
Tavenas Augen funkeln wie Pennys. »Meine Mama hat mir immer gesagt, sprich nicht mit fremden weißen Frauen.«
»Deine Mutter weiß, wovon sie spricht. Gut, dass ich zu einem Sechzehntel Cherokee bin«, lügt Miriam. »Hier, ich möchte nur, dass du diesen Zettel nimmst …«
Tavena sieht jemanden hinter Miriam. »Miss Caldecott, Miss Caldecott!«
Miriam dreht sich um. Sieht die Schulschwester herannahen, die Hände vor dem Körper verschränkt.
»Du kleine Petze!«, knurrt Miriam.
»Miss Black, nicht wahr?«, fragt die Schwester. »Und ich hatte gehofft, wir bräuchten uns nicht wiederzusehen!«
»Was soll ich sagen? Ich bin wie Lippenherpes: Ich tauche einfach immer wieder auf.«
»Geht weiter, Mädchen!«
Tavena und die andern machen sich eiligst aus dem Staub. Miriam hat den Zettel immer noch. Verdammt!
»Kann ich auch gehen?«, fragt Miriam.
»Ich beginne, mir Sorgen zu machen wegen der Faszination, die unsere Mädchen auf Sie ausüben.«
»Da gibt es nichts, weswegen Sie sich sorgen müssten. Ich bin harmlos.«
»Zuerst sehe ich, wie Sie Lauren Martin belästigen. Und jetzt Tavena White. Gibt es da etwas, worüber Sie gern reden möchten?«
Miriam schweigt.
»Ihre Hand blutet. Wir könnten hinunter ins Schwesternzimmer gehen. Ich könnte für Sie mal einen Blick darauf werfen.«
»Damit Sie mir die Bullen auf den Hals hetzen können,während ich warte? Nein danke.« Miriam beginnt zurückzuweichen, zuversichtlich, dass diese alte Frau sie nicht fangen kann. »Nette Schule, die Sie hier haben. Aber ich muss dann mal.«
»Es wird Ärger geben, falls Sie zurückkommen.«
»Werd ich nicht«, lügt Miriam. »Großes Indianerehrenwort!«
Sie macht sogar die passende Bewegung – zwei Fingerschläge über dem Brustbein.
Aber es wartet Arbeit auf sie.
ZWEIUNDDREISSIG
Wie die Schwalbe fliegt
In jedem Dorf, in jeder Stadt, ist der Bus wie der Filter in einem dreckigen Schwimmbecken: Er fängt den Bodensatz, die vermoderten Blätter, die toten Kröten, die benutzten Gummis. Dieser hier ist nicht anders. Der Kerl vorn stinkt nach Pisse und Nachos. Seine Kleidung entspricht dem letzten Pennerschrei, ob er allerdings obdachlos ist oder bloß ein inkontinenter Hipster, bleibt unklar.
Dann ist da der Emobursche mit mehr Metall als Gesicht: Er sieht nicht nur stoned aus, er sieht aus, als wäre er auf eine panzerbrechende Drogenmine getreten und hätte die gesamte Wucht der Explosion mit seinem schlaffen, benebelt dreinblickenden Gesicht aufgefangen.
Hinter ihm der dämliche Kerl mit dem schief aufgesetzten Truckerhut, der ein Bad in Drakkar-Noir-Eau-de-Toilette genommen haben muss. Er wippt mit
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