Blacklist - Blacklist - Blacklist
verabreicht, das ihn bewusstlos gemacht hat, und ihn dann in den Teich gestoßen, wo er ertrank.«
Als ich das ausgesprochen hatte, fühlte ich mich erleichtert. Das Hamsterrad stoppte, das Surren in meinem Kopf verstummte. Es war Mord. Kein Suizid. Kein Unfall. Ich musste keinen Gipsabdruck von den Reifenspuren in dem unterirdischen Tunnel machen: Der Mörder hatte Marc mit einem Golf-wagen zu dem Teich geschafft.
Harriet war so still, dass ich dachte, sie hätte den Hörer abgelegt. Ihre Stimme klang so dumpf und matt wie die ihrer Mutter, als sie schließlich sagte: »Wir haben das schon die ganze Woche gewusst. Nicht das mit dem Medikament, aber dass ihn jemand umgebracht hat. Es ist nur schwer, wenn man es dann wirklich weiß. Marc war eben doch nicht bei guter Gesundheit, nicht wahr? Es spielte keine Rolle, dass er an der University of Michigan studiert hat und ein renommierter Journalist war und sich gesund ernährte, nicht? Er ist trotzdem an der Krankheit des schwarzen Mannes gestorben.«
»Wie bitte?« Ich wusste nicht, was sie meinte; mir fiel nur Sichelzellenanämie ein.
»Mord«, schluchzte sie. »Es spielt keine Rolle, ob man gebildet ist und ein geordnetes Leben führt, man stirbt doch daran.«
»Es tut mir Leid«, sagte ich hilflos. »Ich komme gleich zu Amy, wenn Sie möchten.«
»Nein, danke. Ich weiß, dass Sie sich sehr für mich eingesetzt haben - für meine Familie. Ich weiß, dass Sie nur getan haben, worum ich Sie gebeten habe. Aber ich muss jetzt mit einer Schwester alleine sein.«
Als ich auflegte, fühlte ich mich mies: Die Nachricht, die für mich positiv war, bereitete ihr Leid. Ich stand auf und wanderte im Büro herum. Wir hatten die Flasche Maker's Mark gefunden, als wir letzte Woche Marcs Haus durchsuchten. Bourbon mit Wasser; sein Lieblingsdrink, hatte Amy gesagt. Falls Fingerabdrücke auf der Flasche waren - falls jemand den Whisky mit Medikamenten versetzt hatte -, wollte ich diese Flasche untersuchen lassen, auch wenn ich selbst dafür zahlen musste.
Was hatte ich mit Marcs Schlüsseln angestellt, nachdem Amy und ich am Freitag im Haus gewesen waren? Ich schüttete meinen Aktenkoffer auf dem Schreibtisch aus. Mit einem Haufen Papieren, Tampons und meinem Palm Pilot fielen auch Marcs Schlüssel heraus. Und der Schlüssel, den der Schlosser von Luke Edwards mir für den Saturn mitgebracht hatte.
Ich griff nach dem Autoschlüssel und betrachtete ihn, als wäre er ein Text in einer fremden Sprache. Ich konnte mit der Bahn zu Marcs Haus fahren, die Flasche holen und mir seinen Wagen ausleihen. Wenn ich ihn nicht in der Nähe meines Büros oder meiner Wohnung parkte, müsste ich damit ein paar Tage unbeobachtet herumfahren können. Vielleicht konnte ich damit sogar Benji abholen. Und anstatt ihn zu einem Motel zu verfrachten, könnte ich ihn in Marc Whitbys Haus unterbringen. Den Nachbarn sagen, Benji sei mein Cousin, der Arbeit suchte und irgendwo unterkommen musste - er sollte auf das Haus aufpassen, damit es nicht leer stand, bis die Familie es verkaufte. Wow, du bist super, V.I.!
Ich steckte den Bericht in den Umschlag zurück und verstaute ihn in meiner Tasche. Dietriche - man konnte nie wissen. Ein volles Magazin für die Pistole - auch was das anging, konnte man nie wissen. Gummihandschuhe, einen Plastiksack für die Bourbonflasche, den ich steril aus der Box zog und in einen zweiten sauberen Sack steckte, damit nichts drankam. Dann tänzelte ich fröhlich singend zur Tür.
Ich brauchte lange, um mit der El an die South Side zu kommen, weil ich erst noch im Loop auf eine andere Linie umsteigen musste. Ich tappte unruhig auf dem Bahnsteig herum, und als die Bahn endlich kam, beugte ich mich auf meinem Sitz vor, als könnte ich sie zum Schnellerfahren bewegen. An der Thirtyfifth Street rannte ich, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe runter und sauste zur Giles.
Als ich den Gehweg zu Marcs Haus entlanglief, waren ein paar Mädchen davor mit Seilspringen beschäftigt. Sie sahen mir zu, wie ich das Haus aufschloss. Vielleicht war es doch nicht so ein guter Aufenthaltsort für Benji: In dieser Gegend geschah nichts unbemerkt. Nur Marcs Unterlagen waren verschwunden, als gerade keiner aufpasste.
Das Haus wirkte stickig und einsam, wie jedes Haus, in dem sich niemand aufhält. Nach einer Woche fiel der Staub sogar mir auf, obwohl ich als Haushälterin wenig qualifiziert bin. Ich sah mich um. Niemand schien seither hier gewesen zu sein, weder Einbrecher noch Cops,
Weitere Kostenlose Bücher