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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ihn mitten im Satz ab, schaltete das Licht aus, entkleidete mich im Dunkeln und schaute von meinem Bett hinaus auf die Lichter des Hafens, bis ich einschlief.

21
    Tausend Meter Regenwald schirmten das Gelände des Jedson Colleges von der Küstenstraße ab. Der Wald gab zwei Steinsäulen Raum, die mit römischen Zahlen graviert waren und den Beginn einer kopfsteingepflasterten Auffahrt markierten, welche durch das Zentrum des College-Geländes verlief. Diese Auffahrt endete an einer kreisförmigen Umkehrstelle, deren Mittelpunkt von einer pockennarbigen Sonnenuhr unter einer hochragenden Kiefer betont wurde. Auf den ersten Blick erinnerte Jedson an eines der kleinen Colleges an der Ostküste, die sich darauf spezialisiert haben, wie Zwergausgaben von Harvard auszusehen. Die Gebäude waren aus verwittertem Ziegel und Naturstein erbaut; dazu gab es marmorne Ziersimse, Schiefer- und Kupferdächer - errichtet in einer Zeit, als Arbeitskräfte noch billig waren und raffinierte Formen, weite Bogen, Wasserspeier und Göttinnenstatuen zu den alltäglichen Aufträgen gehörten. Selbst der Efeu wirkte authentisch, berankte die Schieferplatten der Dächer, umschlang die Ziegelmauern und war kunstvoll in Formen gestutzt, um die zurückliegenden, bleiverglasten Fenster freizuhalten.
    Das Gelände war nicht allzu ausgedehnt, höchstens einen halben Quadratkilometer groß, mit baumbestandenen Hügeln, beeindruckenden Eichenhainen, Kiefern, Weiden, Ulmen und Birken; die Lichtungen waren mit Marmor gepflastert und von Steinbänken und Bronzemonumenten umgeben. Alles sehr traditionell, bis man nach Westen schaute und sah, wie sich die kurzgeschnittenen Rasenflächen zum Dock und zum Privathafen dahinter neigten. Die Hellingen waren besetzt mit stromlinienförmigen, teakholzverkleideten Kabinenkreuzern, fünfzehn Meter lange und noch längere Boote, gekrönt von Sonar- und Radarantennen: eindeutig zwanzigstes Jahrhundert und eindeutig Westküste der USA.
    Der Regen hatte nachgelassen, und zwischen den kohlenschwarzen Wolkenfalten leuchtete ein helleres Dreieck. Ein paar Meilen vor dem Privathafen schnitt sich eine Armada von Segelbooten durch das Wasser, das wie Aluminiumfolie aussah. Die Boote übten offenbar eine Art Zeremonie, denn sie umrundeten alle in breiter Phalanx dieselbe Boje und entfalteten dazu knallbunte Spinnaker: orange, purpurn, Scharlach und grün wie die Schwanzfedern eines balzenden tropischen Vogelschwarms.
    Auf einem Postament stand ein schräg geneigter, mit Luzit eingefaßter Plan des Geländes, und ich suchte darauf die Crespi Hall. Die Studenten, die an mir vorüberkamen, schienen ungewöhnlich schweigsam zu sein. Sie hatten überwiegend Apfelbäckchen und flachsblondes Haar, und ihre Augenfarbe reichte wie das Spektrum des Himmels von Hellblau bis Dunkelblau. Die Frisuren sahen aus, als ob sie von teuren Friseuren geschnitten wären, aber aus der Eisenhowerzeit stammten. Die Hosen hatten breite Aufschläge, an den Schuhen schimmerten blankpolierte Knöpfe, und es gab genug Alligatoren an den Hemden, daß man damit die Everglades in den Schatten hätte stellen können. Ein Eugeniker hätte mit Stolz die geraden Rücken, die robusten Körper und die steiflippige Selbstsicherheit dieser Herrenrasse zur Kenntnis genommen. Ich kam mir vor, als ob ich gestorben und in den Arier-Himmel gekommen wäre.
    Die Crespi Hall war ein dreistöckiges Rhomboid, dessen Eingang ionische Säulen aus krampfaderig gemasertem Marmor zierten. Das Büro für Öffentlichkeitsarbeit war hinter einer mit goldener Schrift gekennzeichneten Tür verborgen. Als ich die Tür öffnete, knarrte sie.
    Margaret Dopplemeier war eine jener großen, grobknochigen Frauen, die das Schicksal dazu prädestiniert hat, ihr Leben als alte Jungfern zu beschließen. Sie versuchte, einen wenig anziehenden Körper hinter einem zeltartigen Kostüm aus braunem Tweed zu verbergen, aber die Ecken und Kanten drückten sich durch. Sie hatte ein grobknochiges Gesicht, kompromißlose Lippen und rötlich-braunes Haar, das sie in einer etwas unpassenden Bubikopffrisur geschnitten trug. Ihr Büro war kaum größer als das Innere meines Wagens - die Öffentlichkeitsarbeit zählte offensichtlich nicht zu den Hauptanliegen des Colleges-, und sie mußte sich zwischen der Ecke ihres Schreibtisches und der Wand hindurchzwängen, um mir entgegenzukommen und mich zu begrüßen. Es war ein Manöver, bei dem selbst eine Pawlowa nicht gut ausgesehen hätte; bei Margaret Dopplemeier

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