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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einen Ziegenbart wie Stahlwolle, der sein erstes vom zweiten Kinn trennte. Er trug eine schwarze Sporthose und ein hellblaues Nylonhemd, das sich um seinen wabbeligen Körper spannte und jeden Gelatine-Wulst betonte. In der einen Hand hatte er eine Zigarette, und die Asche schnippte er achtlos auf den Teppich. Mit der anderen kratzte er sich hinter dem fleischigen Ohr. Er stieß wieder mit dem Fuß gegen das Sofa, blickte auf, sah mich und wedelte mit der Zigarettenhand durch die Luft, eine Geste, die den ganzen Raum umfaßte.
    »Okay, Sie können sich an die Arbeit machen.«
    »Und was tun?«
    »Den Dreck hier rausschaffen - sind Sie nicht der Spediteur?« Wieder schaute er mich an, diesmal mit zusammengekniffenen Augen. »Nein, Sie sehen nicht aus wie der Spediteur. Entschuldigen Sie.« Er zog die Schultern nach hinten. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich suche Bonita Quinn und ihre Tochter.«
    »Da geht es Ihnen wie mir.«
    »Ist sie verschwunden?«
    »Seit drei Tagen. Mit weiß der Teufel wie vielen Mieterschecks. Die Mieter haben sich beschwert, daß niemand bei ihr ans Telefon geht und Reparaturen nicht ausgeführt werden. Ich ruf sie an, keine Antwort. Also komm’ ich selbst hierher und stelle fest, daß sie seit drei Tagen weg ist, einfach weg, und den ganzen Mist hat sie hiergelassen. Ich hab’ bei der schon immer kein gutes Gefühl gehabt. Aber so ist das: Wenn man jemandem einen Gefallen tut, fällt man selbst auf die Nase. Das passiert mir immer wieder.« Er inhalierte den Rauch seiner Zigarette, hustete und sog wieder neuen Rauch ein. Rings um die Iris seiner Augen war eine deutliche Gelbfärbung zu erkennen; graues, ungesundes Fleisch hing unter den müden Tränensäcken. Er sah aus wie einer, der sich entweder gerade von einem Herzinfarkt erholt oder in Kürze einen erleidet.
    »Und woher kommen Sie: Von einer Inkassofirma?«
    »Ich bin einer der Ärzte von Bonita Quinns Tochter.«
    »Ach, wirklich? Erzählen Sie mir nichts von Ärzten. Einer von euch hat mich überhaupt erst in diese Geschichte hineingeritten. «
    »Towle?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Ja! Sind Sie vielleicht von seiner Praxis? Denn mit dem habe ich ein Hühnchen zu rupfen.«
    »Nein. Aber ich kenne ihn.«
    »Dann wissen Sie auch, daß er eine Nervensäge sein kann. Kümmert sich um Sachen, die ihn eigentlich gar nichts angehen. Wenn meine Frau das hört, bringt sie mich um. Sie liebt diesen Kerl. Sagt, daß er ganz fabelhaft zu den Kindern ist, und was ich an ihm herumzumeckern habe. Und was für ein Doktor sind Sie?«
    »Psychologe.«
    »Das Kind war wirklich schwierig, was? Na, kein Wunder. Sieht ja auch ein bißchen komisch aus, wenn Sie wissen, was; ich meine.« Er streckte eine Hand aus und kippte sie wie den Flügel eines Segelfliegers.
    »Sie sagten, Doktor Towle hätte Sie in diese Geschichte hineingeritten?«
    »Stimmt. Ich hab’ ihn zuvor ein- oder zweimal gesehen, kannte ihn eigentlich nicht gut. Aber dann ruft er mich einfach an, so aus blauem Himmel, und fragt mich, ob ich einen Job hätte für eine von seinen Patientinnen. Er hat gehört, daß eine Hausmeisterstelle für den Block hier frei ist, und ob ich der Frau aushelfen könnte. Ich fragte, ob diese Person wenigstens Erfahrung hätte - das ist immerhin ein Haus mit vielen Einheiten, nicht nur ein Doppelhaus oder so. Er sagt nein, aber sie kann es lernen; sie hat ein Kind und braucht das Geld. Ich sage, nun hören Sie mal zu, Doktor, dieses Haus ist auf Einzelpersonen ausgerichtet, Singles, Sie verstehen schon, und das ist kein Job für jemanden mit einem Kind. Außerdem ist die Hausmeisterwohnung zu klein für zwei.« Er schaute mich düster an. »Würden Sie ein Kind in einem solchen Loch aufwachsen lassen?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Und man braucht gar kein Doktor zu sein, um zu sehen, daß das nicht geht. Ich hab’ es Towle gesagt. Hab’ es ihm genau erklärt. Ich sage, Doc, der Job ist für eine alleinstehende Person gedacht. Früher haben wir immer Studenten von der UCLA dafür gehabt - die brauchen nicht so viel Platz. Und ich habe andere Häuser, sage ich ihm. In Van Nuys, dann zwei im Canog Park, die sind eher familienorientiert. Lassen Sie mich meinen Mann im Valley anrufen, vielleicht kann der dieser Person helfen.
    Aber nein, meint Towle, es muß dieses Haus sein. Das Kind ist schon bei einer Schule in der Nähe eingeschrieben, und ein erneuter Wechsel wäre traumatisch, er muß es ja wissen, schließlich ist er der Doktor. Ich sage,

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