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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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füllten sich mit Tränen. »Ich sage, was ist das, woher hast du das? Sie sagt, kann ich dir nicht sagen, Mama. Heb es für mich auf. Ich hole es später. Sie ist nicht mehr gekommen.« Jetzt nahm sie ein spitzenbesetztes Taschentuch aus ihrem Ärmel und tupfte sich damit die Augen ab.
    »Bitte, nehmen sie das Geld, und verstecken Sie es wieder.«
    »Aber nur eine kleine Weile, Senor, okay? Schwarzes Geld.
    Böser Blick. Mal ojo.«
    »Wenn Sie wollen, hole ich es später ab.«
    Sie nahm die Zigarrenkiste, verschwand damit und kehrte bald danach zurück.
    »Und Sie sind sicher, daß Rafael nichts davon weiß?«
    »Ich sicher. Er weiß, dann alles weg.«
    Das war allerdings verständlich. Fixer waren nicht dafür bekannt, daß sie ihre paar Kröten zusammenhalten konnten, geschweige ein kleines Vermögen.
    »Noch eine Frage, Senora: Rafael hat mir gesagt; daß Elena verschiedene Tonbänder bei ihren Sachen hatte - Bänder, auf denen etwas aufgenommen war. Musik und Entspannungsübungen. Doktor Handler hat ihr die Bänder gegeben. Als ich ihre Sachen durchgesehen habe, waren keine Bänder dabei. Wissen Sie etwas darüber?«
    »Ich weiß nicht. Das ist Wahrheit.«
    »Hat vor mir jemand diese Kartons durchgesehen?«
    »Nein. Nur Rafael und Antonio, sie haben nach Büchern gesucht, Sachen zum Lesen. Und die policia hat sie zuerst angeschaut. Sonst niemand.«
    »Wo sind Ihre Söhne jetzt?«
    Sie stand auf, war plötzlich sehr aufgeregt. »Sie dürfen ihnen nichts tun. Sie gute Jungen. Sie nichts wissen.«
    »Ich tu’ ihnen nichts, möchte nur mit ihnen reden.« Sie schaute zur Seite auf die Wand, an der die Familienphotos hingen: Auf ihre drei Kinder: jung und unschuldig lächelnd, die Jungen mit kurzgeschnittenem Haar, gescheitelt und glattgekämmt, in weißen, aufgeknöpften Hemden; das Mädchen in einer Rüschenbluse zwischen den beiden. Auf das Examensphoto: Elena mit Barett und Talar, im Gesicht ein Ausdruck von Eifer und Selbstvertrauen, bereit, der Welt entgegenzutreten mit ihrem Wissen, ihrem Charme und ihrem guten Aussehen. Auf das dunkel gewordene Photo ihres seit langem toten Mannes, der steif und ernst in gestärktem Kragen und einem grauen Seidenanzug dastand: ein Arbeiter, der nicht vertraut war mit dem Theater, das man damals machte, um sich für die Nachkommen ablichten zu lassen.
    Sie schaute die Photos an und bewegte dazu kaum merklich die Lippen. Wie ein General, der das noch dampfende Schlachtfeld überblickt, zählte sie schweigend die Köpfe ihrer Lieben. »Andy arbeitet«, sagte sie und gab mir die Adresse einer Garage an der Figueroa.
    »Und Rafael?«
    »Rafael, ich nicht weiß. Er sagt, will nach Arbeit sehen.« Sie und ich wußten, wo er zu finden war. Aber ich hatte für diesen Tag genügend alte Wunden aufgerissen, also ließ ich es dabei und dankte ihr, bevor ich mich verabschiedete.
    Ich fand ihn, nachdem ich eine halbe Stunde lang den Sunset Boulevard hinauf und hinunter gefahren war und mich auch in einigen Querstraßen umgesehen hatte. Er ging auf dem Alvarado Boulevard in südliche Richtung, wenn man die selbstversunkene Bewegung, die ihn Kopf voraus, Beine hinterdrein über die Straße stolpern ließ, Gehen nennen konnte. Er hielt sich immer in der Nähe der Häuser, wich nur zur Straße hin aus, wenn sich ihm Menschen oder Dinge in den Weg stellten, und kehrte dann rasch wieder in den Schatten der Markisen zurück. Es war an die 27 Grad warm, aber er trug ein langärmeliges Flanellhemd, das über der Khakihose hing und oben am Kragen zugeknöpft war. An den Füßen hatte er hohe Turnschuhe; bei dem einen waren die Schnürsenkel aufgegangen. Er sah noch magerer aus als vor ein paar Tagen. Ich fuhr langsam, blieb in der rechten Spur, so daß er mich nicht sehen konnte, hielt mich aber dicht hinter ihm. Einmal kam er an einer Gruppe von Männern in mittleren Jahren, offenbar Kaufleuten, vorbei. Sie deuteten hinter seinem Rücken mit den Fingern auf ihn, schüttelten die Köpfe und zogen die Stirnen in Falten. Er bemerkte es nicht, war von der Umwelt wie abgeschnitten. Jetzt streckte er die Nase nach vorn wie ein Setter, der eine Witterung aufnimmt. Die Nase lief ständig, und er wischte sie sich von Zeit zu Zeit mit dem Ärmel ab. Seine Augen richteten sich von der einen auf die andere Seite, während sich sein Körper vorwärts bewegte. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, klatschte in einem ständigen Rhythmus auf seine mageren Schenkel, spitzte die Lippen, als würde er leise

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