Blackout
Konflikte oder tiefsitzende Probleme zu bewältigen hat. In diesen Fällen kann die Hypnose Ur-Erinnerungen zutage fördern. Dann entstehen bei den einen Streßreaktionen, die anderen bekommen Angst. Aber auch das kann hilfreich sein. Der erfahrene Psychotherapeut setzt auch die Ängste konstruktiv ein, um den Patienten zu helfen.«
»Und mir könnte das nicht passieren?«
»Bestimmt nicht. Ich garantiere es dir. Du bist der normalste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe.«
»Ha! Du hast, scheint mir, zu lange nicht mehr in deinem Beruf gearbeitet.«
»Ich fordere dich auf, mir auch nur ein einziges Symptom für eine ausgewachsene Psychopathie vorzuführen.«
»Wie steht es mit übermäßiger Geilheit, zum Beispiel wenn ich deine Stimme höre und dich sofort berühren und in mich stecken will?«
»Hm - das hört sich allerdings sehr ernst an.«
»Dann komm zurück und tu etwas dagegen, Doktor.«
»Morgen bin ich bei dir. Wir fangen dann gleich mit der Behandlung an.«
»Wann?«
»Die Maschine landet um zehn- also eine halbe Stunde später.«
»Verdammt, verdammt, verdammt. Jetzt komme ich mir so blöd vor. Ich muß morgen vormittag nach Santa Barbara. Meine Tante ist krank und liegt auf der Intensivstation. Eine Familiensache, ich muß einfach dort sein. Wenn du früher kommst, können wir noch zusammen frühstücken.«
»Ich nehme die erste Maschine, Schatz.«
»Vielleicht kann ich die Tante auch verschieben und erst später hinfahren.«
»Besuch du ruhig die Tante - wir essen zusammen zu Abend.«
»Dann könnte es ein spätes Abendessen werden.«
»Fahr einfach zu mir, sobald du zurück bist, und wir werden schon sehen.«
»Okay. Ich versuche, um acht bei dir zu sein.«
»Großartig. Und- deiner Tante gute Besserung. Ich liebe dich.«
»Ich dich auch. Paß auf dich auf.«
26
Etwas beunruhigte mich am nächsten Morgen. Das Gefühl wich auch nicht während der Fahrt zum Flughafen und auf dem Weg über die Rampe zur Maschine. Ich konnte es nicht fassen, wußte nicht, was da in einer der unteren Schubladen meines Gehirns lauerte, aber es war gegenwärtig, als das Plastikessen serviert wurde, beim gezwungenen Lächeln der Flugbegleiterinnen und den blöden Witzeleien des Kopiloten. Je mehr ich versuchte, es auf die Vorderseite meines Bewußtseins zu zerren, desto mehr wich es zurück. Ich war von der Ungeduld und Frustration eines Kindes beherrscht, das zum erstenmal ein chinesisches Fingerpuzzle kennenlernt. Also entschied ich mich, zu warten und zuzusehen, ob es von selbst ans Tageslicht drängte.
Und genau das geschah- kurz bevor wir in Los Angeles landeten. Was mir da im Kopf steckte, war eine Passage aus meinem Telefongespräch mit Robin vom vergangenen Abend. Sie hatte mich nach den Gefahren der Hypnose gefragt, und ich hatte ihr eine Kurzvorlesung erteilt, nach der Hypnose harmlos war, es sei denn, das Experiment rührte verborgene Konflikte auf. In diesen Fällen kann die Hypnose UrErinnerungen zutage fördern, hatte ich gesagt. Wenn man UrErinnerungen zutage forderte, war die Reaktion nicht selten Angst und Entsetzen…
Ich steckte voll innerer Spannungen, als die Maschine den Boden berührte. Sobald ich ausgestiegen war, joggte ich durch die Gänge und hinaus aus dem Flughafen, holte den Seville auf dem Dauerparkplatz ab, bezahlte eine horrende Summe dafür und fuhr dann auf dem Century Boulevard Richtung Osten. Die kalifornische Straßenverwaltung Caltrans hatte sich in ihrer unerforschlichen Weisheit entschlossen, während der Verkehrsspitze am Morgen auf der Schnellstraße zum und vom Flughafen eine Baustelle einzurichten, daher steckte ich gleich danach fest und schmorte im Cadillac, bis ich Schritt für Schritt das Stück zur Einfahrt in den San Diego Freeway hinter mich gebracht hatte. Ich fuhr auf dem Freeway nach Norden, nahm an der nächsten Kreuzung den Santa Monica Freeway in Richtung Westen und verließ ihn kurz vor dem Pacific Coast Highway. Ein kurzes Stück über den Ocean Drive und ein paar Kurven brachten mich zu den Palisades und dem Apartmenthaus, wo Morton Handler und Elena Gutierrez ihr Leben hatten lassen müssen. ‘Die Tür zu Bonita Quinns Wohnung stand offen. Von drinnen hörte ich lautstarke Flüche und trat ein. Ein Mann stand im vorderen Raum, stieß mit den Füßen, nach dem Sofa mit dem Blumenmusterbezug und maulte immer noch, jetzt allerdings in gedämpfterem Ton. Er war Mitte vierzig, mit lockigem Haar, dicklich und blaß und zeigte mutlose Augen und
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