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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Psychotherapie, wie mit Verhaltensänderungen? Ja, wie steht es damit? Es gibt nicht die leiseste Chance, daß gerade diese Mutter in der Lage wäre, Einsicht zu zeigen und von der Psychotherapie zu profitieren. Es fehlt ihr die Fähigkeit, auch nur mit einem stabilen System von Regeln und Bestimmungen fertig zu werden, wie es für eine Verhaltensänderung notwendig wäre. Das einzige, womit sie fertig wird, ist die Verabreichung von drei Tabletten täglich an ihr Kind. Tabletten, die wirken und helfen. Und ich sage Ihnen gern, ich habe nicht das geringste Schuldgefühl, wenn ich sie verschreibe, weil sie wahrscheinlich die einzige Hoffnung für dieses Kind darstellen. «
    Es war ein großartiges Finale. Kein Zweifel, daß der Mann bei einem Wohltätigkeitstee, veranstaltet von den Damen des Western Pediatric, groß herauskam. Pseudowissenschaftliches Gelaber mischte sich da mit einer gehörigen Portion von menschenverachtendem Faschismus. Gebt dem Untermenschen seine Beruhigungsmittel, damit er zum guten, brauchbaren Bürger wird.
    Eben noch hatte er sich ein wenig in Aufregung geredet. Jetzt dagegen war er wieder völlig entspannt und gelassen wie zuvor.
    »Ich habe Sie nicht überzeugt, oder?« Er lächelte. »Daraufkam es nicht an. Sie haben immerhin ein paar interessante Punkte angesprochen. Ich werde darüber nachdenken.«
    »Das ist immer eine gute Idee - über etwas nachzudenken.« Er rieb die Hände aneinander. »Zurück zu dem, weshalb Sie gekommen sind- und bitte verzeihen Sie mir meine kleine Philippika. Sie glauben also wirklich, daß dieses Kind, wenn die Stimulantien abgesetzt werden, für eine Hypnose geeignet ist?«
    »Ja, das glaube ich.«
    »Trotz der Tatsache, daß seine Fähigkeit zur Konzentration dann noch geringer sein wird?«
    »Trotz dieser Tatsache. Die ich ürigens bezweifle. Außerdem kenne ich Induktionen, die speziell für Kinder mit kurzen Konzentrationsspannen ausgearbeitet worden sind.« Die schneeweißen Augenbrauen gingen nach oben. »Ach, tatsächlich? Die muß ich auch kennenlernen. Wissen Si-e, ich habe mich auch etwas mit Hypnose beschäftigt. Habe sie in der Anwendung gesehen, beim Militär, zur Schmerzdämpfung. Ich weiß, daß es funktioniert.«
    »Ich schicke Ihnen ein paar Schriften darüber.«
    »Danke, Alex.« Er stand auf, und es war klar, daß er meinen Besuch für beendet ansah. »War mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Alex.« Wieder schüttelte er mir die Hand. »Das Vergnügen war ganz meinerseits, Will.« Allmählich wurde mir schon ganz übel davon.
    Die ungesprochene Frage lag in der Luft. Towle schnappte sie sich.
    »Ich sage Ihnen, was ich tun werde«, sagte er und lächelte schwach.
    »Ja?«
    »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Ich verstehe.«
    »Ja, ich werde darüber nachdenken. Rufen Sie mich in zwei Tagen an.«
    »Wird gemacht, Will.« Und die Zähne und das Haar sollen dir über Nacht ausfallen, du scheinheiliger Dreckskerl. Auf dem Weg hinaus funkelte mich Edna an, während Sandi mir zulächelte. Ich ignorierte beide und rettete Milo vor dem Zwergentrio, das auf ihm herumkletterte, als wenn er Teil eines Abenteuerspielplatzes gewesen wäre. Wir schoben uns durch die inzwischen vor Unruhe brodelnde Ansammlung von Kindern und Müttern und erreichten sicher meinen Wagen.

5
    Ich berichtete Milo über die Begegnung mit Towle, während wir zurückfuhren zu meinem Haus. »Power Play.« Er zog die Stirn in Falten. »Das, aber noch etwas anderes, und das kann ich nicht genau erkennen. Er ist ein sonderbarer Typ. Kommt einem sehr höflich - fast unterwürfig -, und plötzlich merkt man, daß das nur ein Spiel ist, was er da mit dir treibt.«
    »Warum hat er dich wegen so etwas überhaupt zu sich kommen lassen?«
    »Ich weiß es nicht.« Es war ein Rätsel. Unbegreiflich, daß er sich an einem hektischen Nachmittag die Zeit genommen hatte, einem Kollegen in aller Muße eine ausführliche Vorlesung zu servieren. Unser gesamtes Gespräch hätte mühelos mit einem Fünfminuten-Telefonat erledigt werden können. »Vielleicht ist das seine Idee von Erholung: bei einem Kollegen Punkte sammeln und Überlegenheit demonstrieren.«
    »Ein komisches Hobby für einen vielbeschäftigten Mann.«
    »Ja, aber das Ego kommt immer zuerst. Ich habe schon öfters Leute wie diesen Towle kennengelernt, die geradezu besessen waren von dem Zwang, immer alles in der Hand zu behalten, immer der Boss zu sein. Viele von ihnen enden als die Chefs großer Organisationen, als Dekane an

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