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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ein Patrizier ausgesehen. »Doktor Delaware? Will Towle.«
    »Sagen sie Alex.«
    Ich stand auf, und wir schüttelten uns die Hände. Sein Händedruck war kräftig und trocken. Die Finger, die meine umschlossen, waren riesengroß, und ich fühlte, welche Kraft in ihnen steckte. »Bitte, setzen sie sich.«
    Er nahm seinen Platz hinter dem Schreibtisch ein, ließ sich zurücksinken und legte seine Füße auf die Schreibtischplatte, auf einen Jahresstapel älterer Nummern des Journals für Kinderheilkunde.
    Ich antwortete ihm auf seine erste Bemerkung. »Ein hübsches Photo, ja. Irgendwo an der pazifischen Nordwestküste?«
    »Im Staat Washington. Der Olympic National Forest. Wir haben einundfunfzig dort Ferien gemacht. Ich habe damals bei Seattle gewohnt. Das waren meine Frau und mein Sohn. Ich habe beide einen Monat danach verloren. Ein Autounfall.«
    »Das tut mir leid.«
    »Schon gut.« Ein entrückter, fast schläfriger Ausdruck trat auf sein Gesicht; gleich danach schüttelte er ihn ab und war wieder ganz da.
    »Ich kenne Sie Ihrem Ruf nach, Alex, deshalb freue ich mich sehr, Sie persönlich kennenzulernen.«
    »Das gilt auch für mich.«
    »Ich habe Ihre Arbeit verfolgt, weil ich mich sehr für pädiatrische Verhaltensweisen interessiere. Mich interessierte am meisten Ihre Arbeit mit den Kindern, die Opfer von diesem Stuart Hickle waren. Einige von ihnen waren in meiner Praxis. Die Eltern haben in hohen Tönen über Ihre Arbeit gesprochen.«
    »Danke.« Ich hatte das Gefühl, er erwartete, daß ich mehr sagte, aber dieses Kapitel war für mich beendet und abgeschlossen. »Ich erinnere mich, daß ich Einwilligungserklärungen an Sie geschickt habe.«
    »Ja, ja. War mir ein Vergnügen, Sie zu unterstützen.« Keiner von uns sprach, und dann begannen wir beide gleichzeitig.
    »Worum ich Sie bitten wollte-« sagte ich. »Was kann ich für Sie tun?« fragte er.
    Es war ein albernes Durcheinander. Wir lachten wie gute alte Knaben im Universitätsklub. Dann wartete ich, bis er sprach.
    Trotz der höflichen Floskeln fühlte ich, wie hinter diesen weißen Stirnlocken ein ungeheures Ego lauerte.
    »Sie sind hier wegen der kleinen Quinn. Was kann ich für Sie tun?«
    Ich teilte ihm so wenig Einzelheiten wie möglich mit, betonte aber die Bedeutung von Sarah Quinn als Zeugin und die gutartige Wirkung der hypnotischen Befragung. Und ich endete damit, daß ich ihn bat, die Behandlung des Kindes mit Ritalin für eine Woche zu unterbrechen. »Glauben Sie wirklich, die Kleine kann Ihnen brauchbare Informationen geben?«
    »Ich weiß es nicht. Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt. Aber sie ist alles, was die Polizei in diesem Fall zur Verfügung hat.«
    »Und Ihre Rolle in der Sache?«
    Ich dachte mir rasch einen Titel aus.
    »Ich bin Sonderberater. Die Polizei zieht mich manchmal hinzu, wenn Kinder betroffen sind.«
    »Ich verstehe.«
    Er spielte mit den Händen, bildete zehnbeinige Spinnen und zerstörte sie wieder.
    »Ich weiß nicht, Alex. Wenn wir einem Patienten die optimale Dosis plötzlich wegnehmen, bringen wir manchmal das ganze Muster der biochemischen Reaktionen durcheinander.«
    »Sie glauben, Sarah muß ständig unter Medikation bleiben?«
    »Natürlich. Warum würde ich ihr das Mittel sonst verschreiben?« Er war weder wütend noch versuchte er, sich zu verteidigen. Er lächelte nur milde und mit großer Nachsicht. Die Aussage war klar: Nur ein Idiot würde seine Maßnahmen in Zweifel ziehen.
    »Dann gibt es also auch keine Möglichkeit, die Dosierung zu reduzieren?«
    »Oh, natürlich ist das möglich, aber es bringt das gleiche Problem mit sich. Ich möchte eine erfolgversprechende Kombination nicht in Frage stellen.«
    »Ich verstehe.« Nach kurzem Zögern fuhr ich fort. »Sie muß ganz schön schwierig gewesen sein, wenn Sie ihr sechzig Milligramm verschrieben haben.« Towle setzte sich eine Lesebrille auf die Nase, nahm dann die Akten und blätterte sie durch. »Mal sehen… Ah, ja. Hm. ›Mutter klagt über ernsthafte Verhaltensschwierigkeiten‹.« Nachdem er wieder darin geblättert hatte: »›Lehrer berichten über Fehlverhalten beim Unterricht. Kann die Aufmerksamkeit nicht über längere Perioden aufrechterhalten‹. Ah, hier noch eine neuere Eintragung: ›Kind schlägt Mutter beim Streit um die Säuberung des Zimmers.‹ Und hier ist eine Notiz von mir: ›Schlechte Beziehungen zu Gleichaltrigen, wenig Freunde.‹«
    Ich war sicher, daß der Streit etwas mit dem Weggeben von Fatso, dem riesigen

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