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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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diese Ungeheuerlichkeiten, die wir, die vermeintlich humanen Wesen, einander antun! All diese Scheiße, an die man sich gewöhnen muß! Manchmal ist mir wirklich nach Kotzen zumute.« Er trank schweigend und saß ein paar Minuten stumm da. »Du bist ein verdammt guter Zuhörer, Alex. Dein Studiengeld ist nicht umsonst ausgegeben worden.«
    »Immerhin ein Gutes, mein Freund.«
    »Ja, da hast du recht. Und du bringst mich darauf: Dieser Hickle war ja auch so ein beschissener Fall. Ich hab’ nie geglaubt, daß es Selbstmord war. Ich finde, es hat zum Himmel gestunken.«
    »Das hast du mir bisher nie gesagt.«
    »Was gab es da zu sagen? Ich hatte keine Beweise. Nur so ein Gefühl in der Magengrube. Machmal denke ich daran und kann dann nachts nicht schlafen. Um Del zu zitieren: Mit meinen Gefühl im Bauch und zehn Cents in der Tasche…« Er zerdrückte die leere Dose zwischen Daumen und Zeigefinger so mühelos, wie man eine Mücke zerdrückt. »Diese Sache mit Hickle hat wirklich zum Himmel gestunken, aber ich hatte keine Beweise. Also hab’ ich den Fall abgeschrieben. Wie eine Forderung, die doch nicht mehr einzutreiben ist. Niemand hat mir widersprochen, keiner hat sich den Teufel darum gekümmert, genauso, wie sich keiner darum kümmert, wenn wir Handler und die Gutierrez abschreiben. Hauptsache, die Berichte sind in Ordnung. Dann wird der Fall verpackt, verschnürt und versiegelt, und damit ade.« Noch sieben Dosen Bier und noch eine halbe Stunde Gemecker und Selbstvorwürfe, dann war er sturzbesoffen. Er fiel auf das Ledersofa wie ein B-52-Bomber mit einem Bauch voller Schrapnells.
    Ich zog ihm die Schuhe aus und stellte sie neben das Sofa auf den Boden. Und ich wollte ihn einfach so liegenlassen, als ich merkte, daß es inzwischen dunkel geworden war. Ich rief seine Privatnummer an. Eine tiefe, volle Männerstimme kam an den Apparat. »Hallo?«
    »Hallo, hier spricht Alex Delaware, Milos Freund.«
    »Ja?« Zurückhaltend, wachsam. »Der Psychologe.«
    »Ja. Milo hat von Ihnen gesprochen. Ich bin Rick Silverman.« Jetzt hatte der Doktor und Traum aller Mütter einen Namen. »Ich rufe nur an, um Ihnen zu sagen, daß Milo nach der Arbeit zu mir gekommen ist, um über einen Fall zu sprechen, und daß er inzwischen - na ja, ziemlich betrunken ist.«
    »Ich verstehe.«
    Ich hatte das absurde Bedürfnis, dem Mann am anderen Ende der Leitung klarzumachen, daß zwischen Milo und mir wirklich nichts lief und daß wir nur gute Freunde waren. Ich unterdrückte es.
    »Genau gesagt, er ist vollkommen hinüber. Nach elf Dosen Bier. Jetzt schläft er seinen Rausch aus. Ich wollte Sie nur benachrichtigen.«
    »Das ist sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte Silverman mit Schärfe in der Stimme.
    »Wenn Sie wollen, wecke ich ihn auf.«
    »Nein, ist schon gut. Milo ist schließlich ein erwachsener Mann. Er kann tun, was ihm Spaß macht, und braucht sich nicht abzumelden, wenn er mal nicht nach Hause kommt.« Ich wollte ihm sagen, jetzt hör mal gut zu, du unsicherer, verwöhnter Knabe, ich ruf ja nur an, um dir einen Gefallen zu tun, damit du dir keine Sorgen machst. Also spar dir gefälligst die vornehme Indigniertheit. Statt dessen versuchte ich es mit Schmeichelei.
    »Okay, ich dachte nur, ich ruf Sie an, damit Sie Bescheid wissen, Rick. Ich weiß, wie wichtig Sie für Milo sind, und ich dachte, es ist in seinem Sinn.«
    »Äh- danke. Das ist wirklich sehr nett von Ihnen.« Volltreffer. »Bitte entschuldigen Sie mich. Ich komme selbst gerade von einer Vierundzwanzig-Stunden-Schicht.«
    »Alles klar.« Wahrscheinlich hatte ich den armen Teufel aufgeweckt. »Hören Sie, wie wär’s, wenn wir mal zusammen zum Abendessen gehen: Sie und Milo und meine Freundin und ich?«
    »Das wäre nett, Alex. Bestimmt. Schicken Sie den großen Trampel heim, wenn er nüchtern ist, und wir besprechen die Einzelheiten unseres Abendessens.«
    »Wird gemacht. War nett, mit Ihnen zu sprechen.«
    »Ebenfalls.« Er seufzte: »Gute Nacht.«
     
    Um halb zehn wachte Milo auf, mit jämmerlicher Miene. Er begann zu stöhnen und warf den Kopf von der einen auf die andere Seite. Ich mixte Tomatensaft, ein rohes Ei, schwarzen Pfeffer und Tabasco in einem großen Glas, setzte Milo auf und kippte es ihm in den Rachen. Er schluckte, würgte, spuckte und öffnete plötzlich die Augen, als ob ihm ein Blitz in den Hintern gefahren wäre.
    Vierzig Minuten später sah er zwar noch ebenso jämmerlich aus, war aber ziemlich nüchtern.
    Ich brachte ihn zur Tür und steckte

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