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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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und eine Blue jeans, dazu leichte Leinenschuhe ohne Socken. Aus der Akte wußte ich, daß er sechsundzwanzig war, aber er wirkte fünf Jahre jünger. Er hatte ein angenehmes, faltenloses Gesicht, ganz der typische »All American Boy‹. Und er sah ganz und gar nicht aus wie einer, der versuchte, seine Feinde mit einem Pontiac Firebird über den Haufen zu fahren. »Polizei.« Wieder der Dienstausweis. »Wir möchten Sie einen Augenblick sprechen.«
    »Worüber?« Die Haselnußaugen verengten sich, die Lippen wurden schmal.
    »Das möchten wir Ihnen lieber allein sagen.« Penn warf einen Blick auf das Mädchen. Sie war jung, höchstens neunzehn, klein, dunkles Haar und eine Dorothy Hamill-Frisur.
    »Einen Moment, Julie.« Er faßte sie zärtlich unters Kinn.
    »Mike…«
    »Nur einen Augenblick.«
    Wir ließen sie stehen und gingen zu einem betonierten Patio mit Steintischen und Bänken. Die Studenten eilten daran vorbei wie in einer Tretmühle; nur wenige standen herum. Das war eine Pendler-Universität: viele Studenten arbeiteten halbtags und zwängten sich in ihrer Freitzeit in die Hörsäle. Eine gute Universität, um ein Diplom oder einen B. A. in Computerwissenschaft oder Betriebswirtschaft zu erwerben, eine Lehrerlaubnis oder ein Master-Diplom in Steuerrecht. Wenn man dagegen beim Studium auch etwas Spaß haben wollte oder intellektuelle Debatten im Schatten einer efeuüberwucherten Eiche suchte, hatte man in Northridge nichts verloren.
    Michael Penn schaute uns wütend an, aber er bemühte sich, es zu verbergen. »Was wollen Sie?«
    »Wann haben Sie zuletzt Doktor Morton Handler besucht?« Penn warf den Kopf in den Nacken und lachte. Es war ein erschreckend hohles Geräusch.
    »Dieses Arschloch? Ich hab’ gelesen, daß er tot ist. Kein Verlust für die Menschheit.«
    »Wann haben Sie ihn zuletzt besucht?«
    Jetzt grinste Penn spöttisch.
    »Vor Jahren, Officer. « Er betonte den Titel, als wäre er eine Beleidigung. »Als ich bei ihm war, zur Therapie.«
    » Ich vermute, daß Sie nicht viel von ihm hielten.«
    »Handler? Ein typischer Psychiater.« Als ob das alles sagte. »Sie haben keine hohe Meinung von Psychiatern?« Penn streckte die Hände aus, Handflächen nach oben. »Jetzt passen Sie mal auf: Das Ganze war ein großer Irrtum. Ich hab’ die Kontrolle über meinen Wagen verloren, und irgendein Idiot mit Verfolgungswahn sagte aus, ich hätte versucht, ihn umzubringen. Man hat mich festgenommen, ausgequetscht und mir zuletzt Bewährung gegeben, wenn ich mich von einem Psychiater behandeln lasse. Zuvor haben sie mich alle diese blöden Tests machen lassen.« Zu »diesen blöden Tests‹ gehörten auch die ›Minnesota Multiphasen-Persönlichkeitsinventur‹ und eine Handvoll Projektionstests. Selbst wenn sie bei weitem nicht perfekt waren, konnte man sich auf sie verlassen, falls es um jemanden wie. diesen Penn ging. Ich hatte sein MMPI gelesen, und dort war in jeder Tabelle ein deutlicher Hinweis auf Psychopathie zu erkennen.
    »Sie haben Doktor Handler nicht gemocht?«
    »Legen Sie mir keine Worte in den Mund.« Penn senkte die Stimme. Seine Augen bewegten sich hin und her, waren ruhelos und nervös. Unter seiner Elitemaske lauerte etwas Dunkles, Gefährliches. Nein, Handler hatte zumindest diesen Patienten keineswegs falsch diagnostiziert.
    »Sie haben ihn nicht gemocht.« Milo spielte mit ihm wie mit einem harpunierten Stachelrochen.
    »Ich hab’ ihn nicht gemocht, und ich habe ihn auch nicht gehaßt. Ich hatte keine Verwendung für ihn. Schließlich bin ich nicht verrückt. Und außerdem habe ich ihn nicht getötet.«
    »Können Sie angeben, wo Sie sich in der Nacht, als er ums Leben kam, aufgehalten haben?«
    »Wann war das?«
    Milo nannte ihm das Datum und die Zeit.
    Penn ließ seine Handknöchel knacken und schaute durch uns hindurch, als stellte er die Augen auf ein weit entferntes Ziel ein.
    »Klar. Die ganze Nacht. Ich war mit meinem Mädchen beisammen. «
    »Mit Julie?« Penn lachte.
    »Mit der? Nee. Ich hab’ eine wirklich reife Frau, Officer. Eine Frau mit sehr viel Geld.« Er zog die Augenbrauen hoch, und seine Miene war jetzt nicht mehr spöttisch, sondern bissig. »Wahrscheinlich werden Sie ja mit ihr reden wollen, oder?«
    Milo nickte.
    »Das wird mir das Geschäft ganz schön verhageln.«
    »Das tut mir aber aufrichtig leid, Mike.«
    Penn warf ihm einen haßerfüllten Blick zu, dann wandelte sich sein Verhalten zu sanfter Unschuld. Er konnte mit seinem Gesicht umgehen wie mit einem

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