Blackout
Blatt Spielkarten, konnte es mischen, von unten her auffächern und jede Sekunde eine andere Karte zeigen.
»Hören Sie, Officer, diese Sache liegt hinter mir. Ich hab’ schon einen Job in Aussicht, gehe auf die Uni und bekommein einem halben Jahr mein Diplom. Ich möchte nicht, daß das alles für die Katz ist, nur weil mein Name in Handlers Kartei steht.«
Es hörte sich wie aufrichtige Unschuld an.
»Wir müssen Ihr Alibi bestätigen lassen, Mike.«
»Okay, okay, tun Sie es. Aber sagen Sie ihr nicht zuviel, ja?
Machen Sie es möglichst neutral.«
Machen Sie es neutral, damit er sich etwas ausdenken kann. Man sah direkt, wie sich hinter dieser hohen, sonnengebräunten Stirn die Rädchen drehten.
»Klar, Mike.« Milo nahm seinen Bleistift heraus und tippte damit gegen seine Lippen.
»Sonya Magary. Die Besitzerin der Kinder-Boutique an der Plaza de Oro in Encino.«
»Haben Sie vielleicht ihre Telefonnummer im Kopf?« fragte Milo freundlich.
Penn spannte die Kiefermuskeln an und nannte sie ihm. »Wir rufen sie an, Mike. Aber telefonieren Sie nicht zuvor mit ihr, okay? Wir schätzen spontane Auskünfte am meisten.« Milo steckte den Bleistift weg und klappte den Notizblock zu. »Also dann, noch einen schönen Tag heute.« Penn schaute erst mich an, dann Milo; zuletzt wandte er sich wieder an mich, als ob er in mir einen Verbündeten vermutete. Danach stand er auf und ging mit langen, muskulös federnden Schritten weg.
»Ach, Mike!« rief ihm Milo nach. Penn drehte sich um.
»In welchem Fach machen Sie Ihr Diplom?«
»In Marktforschung.«
Als wir das Universitätsgelände verließen, sahen wir ihn mit Julie weitergehen. Sie hatte ihren Kopf auf seine Schulter gelegt, er seinen Arm um ihre Taille. Er lächelte sie an und sprach zugleich rasch auf sie ein.
»Was glaubst du?« fragte Milo, als er sich hinters Lenkrad setzte.
»Ich glaube, er ist, was unseren Fall betrifft, unschuldig, aber ich wette, daß er irgendeine andere schmutzige Sache laufen hat. Er war sehr erleichtert, als er herausfand, weshalb wir ihn sprechen wollten.« Milo nickte.
»Da bin ich deiner Meinung. Aber, zum Teufel - darüber soll sich jemand anders den Kopf zerbrechen.« Wir kamen zurück auf die Schnellstraße und fuhren wieder nach Osten. Bei der Ausfahrt Sherman Oaks verließen wir den Ventura Freeway, fanden ein kleines französisches Lokal am Ventura Boulevard in der Nähe der Woodman Road und aßen zu Mittag. Milo rief von der Telefonzelle aus Sonya Magary an. Als er zurückkam an den Tisch, schüttelte er den Kopf. »Sie liebt ihn. ›Der liebe Junge, der süße Junge. Hoffentlich ist es nichts Schlimmes.‹« Dabei imitierte er einen starken ungarischen Akzent. »Sie bestätigt, daß er in der bewußten Nacht bei ihr gewesen ist. Sie ist auch noch stolz darauf. Hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte mir ausfuhrlich über ihr Geschlechtsleben berichtet - in Technicolor.«
Er schüttelte immer noch den Kopf und begrub dann sein Gesicht in einer Schüssel mit in Weinsud gedämpften Muscheln.
Roy Longstreth trafen wir, als er auf dem Parkplatz der Drogerie aus seinem Toyota stieg. Er war klein und wirkte zerbrechlich, mit wäßrig blauen Augen und einem schmalen, spitzen Kinn. Er hatte schon frühzeitig eine Glatze; das wenige Haar, das er noch besaß, war an den Seiten des Schädels, und er ließ es lang über die Ohren hängen, was den Gesamteindruck eines Mönchs vermittelte, der zu lange meditiert und seine persönliche Pflege vernachlässigt hatte. Ein schütterer, brauner Schnurrbart zierte seine Oberlippe. Er hatte nichts von Penns prahlerischem Benehmen, aber die Augen wirkten ebenso unruhig.
»Ja, was wollen Sie?« quiekte er mit seiner Piepsstimme, nachdem ihm Milo wieder mit dem Dienstausweis gekommen war. Zugleich schaute er auf die Uhr.
Als Milo es ihm sagte, sah er drein, als ob er gleich heulen wollte. Uncharakteristische Angst für einen vermutlichen Psychopathen. Es sei denn, die ganze Sache war nur Theater. Man kannte schließlich die Tricks, mit denen diese Typen arbeiteten, wenn man sie dazu zwang.
»Als ich es gelesen habe, da habe ich mir gleich gedacht, daß Sie hinter mir her sein würden.« Der nicht sehr beeindruckende Schnauzbart zitterte wie ein Zweig im Sturm. »Warum das, Roy?«
»Wegen dem, was er über mich gesagt hat. Er hat meiner Mutter gesagt, daß ich ein Psychopath bin. Und daß sie mir nicht trauen soll. Ich stehe bestimmt auf einer Liste von Spinnern, oder nicht?«
»Können
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