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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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dachte. Ich fürchte, ich muß sehen, daß ich weiterkomme.«
    »Aber« - sie war verwirrt.
    »Können Sie sie mir nicht mitgeben? Ich fülle sie zu Hause aus und schicke sie Ihnen per Post.«
    »O nein, das geht nicht. Es handelt sich um psychologische Tests!« Sie drückte die Papiere an ihre Brust. »Es ist eine Bestimmung, daß sie hier ausgefüllt werden müssen.«
    »Ja, dann muß ich wohl noch einmal herkommen.« Ich ging auf die Tür zu.
    »Warten Sie. Lassen Sie mich jemanden fragen. Ich frage Reverend Gus, ob es -«
    »Er hat mir gesagt, daß er sich zu einer Meditation zurückzieht. Ich glaube kaum, daß er dabei gestört werden will.«
    »Oh.« Sie war völlig durcheinander. »Aber ich muß jemanden fragen. Warten Sie hier, Doktor, und ich sehe, ob ich Tim finden kann.«
    »Ja, bitte, tun Sie das.«
    Als sie weg war, ging ich unbemerkt hinaus.
     
    Die Sonne war fast untergegangen. Es war die Zeit, zu der die Palette des Tages allmählich ihre Farben abgegeben und einem verwaschenen Grau Platz gemacht hatte, jener zweifelhafte Abschnitt der Dämmerung, in dem alles so aussieht, als ob es ein wenig ausgefranst wäre.
    Ich ging etwas unruhig auf meinen Wagen zu. Hatte drei Stunden in La Casa verbracht und nicht viel mehr erfahren, als daß der Reverend Augustus McCaffrey ein schlauer alter Fuchs war mit überaktiven Charisma-Drüsen. Er hatte sich Zeit gelassen, um mich zu überprüfen, und auch dafür gesorgt, daß ich das merkte. Aber nur ein Mensch mit Verfolgungswahn konnte darin etwas Unheimliches oder Unheilvolles sehen. Er zeigte, wie gut er informiert und vorbereitet war. Das galt auch für die Zurschaustellung seiner Reihe großer und berühmter Freunde in hohen Ämtern. Es war nichts weiter als psychologisches Muskelspiel. Die Mächtigen respektierten die Macht, die Kraft drängte zur Kraft. Je mehr solcher Verbindungen McCaffrey aufzeigen konnte, desto mehr würde er bekommen. Und das war der Weg zum großen Dollar. Das und Sammeldosen, illustriert mit großäugigen Waisenkindern. Ich hatte schon den Schlüssel im Türschloß des Seville und überblickte noch einmal das Gelände dieser Institution. Es wirkte leer und still wie eine gut geführte Farm am Abend, wenn alle Arbeit getan ist. Wahrscheinlich Essenszeit, dachte ich, die Kinder in der Cafeteria, mit den Praktikanten, die sie beobachteten, und Reverend Gus, der seinen beredten Segen spendete.
    Ich kam mir albern vor.
    Und wollte schon die Tür öffnen, als ich eine kurze, heftige Bewegung in der Nähe des Wäldchens erkannte, an die hundert Meter vom Parkplatz entfernt. Ich konnte nicht sicher sein, glaubte aber, einen Kampf gesehen zu haben, und vernahm zugleich gedämpfte Schreie.
    Ich steckte die Wagenschlüssel wieder ein und ließ McCaffreys broschiertes Werk auf den Kies fallen. Nirgends ein Mensch zu sehen- außer dem Wächter in seinem Häuschen neben der Einfahrt, und seine Aufmerksamkeit war in die andere Richtung gelenkt. Ich mußte näher hinschleichen, ohne selbst gesehen zu werden. Vorsichtig ging ich den Hügel hinunter, auf dem der Parkplatz angelegt war, und hielt mich, so gut ich konnte, im Schatten der Gebäude.
    Ich drückte mich gegen die flamingorosa gemalte Wand des südlichsten Schlafhauses und ging daran entlang, so weit ich konnte, ohne die Deckung aufzugeben. Der Boden war feucht und moosig, die Luft stank nach einer in der Nähe gelegenen Abfallgrube. Jemand hatte versucht, die Buchstaben FUCK auf die rosa Farbe zu schreiben, aber Wellblech war eine schlecht haftende Oberfläche, und das Ergebnis sah aus wie das dünne Gekrakel von Hühnern.
    Die Geräusche waren jetzt deutlicher und lauter, und es handelte sich zweifellos um Entsetzensschreie- die Schreie einer geschundenen, klagenden Kreatur.
    Ich konnte drei Silhouetten ausmachen, zwei große, eine kleinere. Die kleinere schien von den beiden anderen in der Luft gehalten zu werden.
    Ich kam noch etwas näher und lugte um die Ecke. Die drei Gestalten gingen in etwa zehn Metern Entfernung an mir vorbei, an der südlichen Grenze des Geländes entlang. Sie überquerten den Betonboden der Terrasse neben dem Swimmingpool und kamen ins Licht einer gelben Anti-Insekten-Lampe, die am Dachsims des Schuppens neben dem Pool befestigt war.
    Jetzt konnte ich sie deutlich erkennen, und das Bild prägte sich mir ein, erstarrt im zitronengelben Licht. Die kleine Gestalt war Rodney, und er wurde von Halstead, dem Trainer, und von Tim Kruger hochgehalten. Sie hatten ihn unter

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