Blackout
Das ist allerdings sehr beunruhigend. Gibt es einen Hinweis darauf, warum er die Universität verlassen hat?«
»Keine. Ist das jetzt noch wichtig?«
»Nein, vermutlich nicht… Entschuldigen Sie, aber sind Sie ganz sicher in dieser Sache? Ich möchte nicht Mr. Krugers Karriere zerstören, andererseits -«
»Es gibt überhaupt keinen Zweifel.« Ihre Stimme klang entrüstet. »Ich habe es geprüft und die Gegenprüfung gemacht, Doktor, und dann Professor Gowdy, den Inhaber des erziehungswissenschaftlichen Lehrstuhls gefragt, und er war hundertprozentig sicher, daß in seinem Institut kein Timothy Kruger studiert, geschweige einen Abschluß irgendwelcher Art erreicht hat.«
»Ja nun, damit wäre wohl alles klar. Und es wirft tatsächlich ein neues Licht auf Mr. Kruger. Könnten Sie noch eine Sache für mich nachsehen?«
»Worum geht es dabei?«
»Ja, sehen Sie, Mr. Kruger hat ein B. A.-Diplom in Psychologie am Jedson College im Staate Washington angegeben. Enthalten Ihre Unterlagen auch Angaben über - seinen vorausgegangenen Bildungsweg?«
»Sie müßten beim Aufnahmeantrag zu den Fachkursen enthalten sein. Ich nehme an, daß sich auch das in unserem Archiv befindet, aber ich verstehe nicht, warum Sie -«
»Marianne, ich muß diese Angelegenheit dem Leiter der staatlichen Abteilung für Verhaltenswissenschaften melden, weil es hier auch um eine staatliche Zulassung geht. Deshalb muß ich alle Fakten kennen.«
»Ich verstehe. Bitte warten Sie, ich sehe nach.«
Diesmal kam sie sehr schnell wieder ans Telefon.
»Ich habe die Photokopie von Jedson hier. Er hat tatsächlich ein B. A.-Diplom erworben, aber nicht in Psychologie.«
»Sondern?«
Sie lachte.
»In Schauspielkunst.«
Ich rief in der Schule an, wo Raquel Ochoa als Lehrerin tätig war, und ließ sie aus dem Unterricht ans Telefon holen. Dennoch schien sie sich zu freuen, von mir zu hören. »Hallo. Was machen die Nachforschungen?«
»Wir kommen der Sache näher«, log ich. »Deshalb rufe ich Sie an. Hat Elena eine Art Tagebuch geführt oder sonst irgendwelche Aufzeichnungen gemacht? Hat sie solche Dinge irgendwo in Ihrer gemeinsamen Wohnung aufbewahrt?«
»Nein. Wir waren beide keine Tagebuchschreiber. Sind es nie gewesen.«
»Keine Notizbücher, Tonbänder, irgend etwas in der Art?«
»Die einzigen Bänder, von denen ich weiß, waren mit Musik bespielt - sie hatte ein Kassettengerät in ihrem neuen Wagen -, und außerdem hatte sie ein paar Kassetten, die ihr Handler gegeben hat, damit sie besser entspannen kann. Zum Einschlafen. Warum?« , Ich ignorierte die Frage. »Wo sind ihre persönlichen Dinge?«
»Das müßten Sie eigentlich wissen. Die Polizei hat alle mitgenommen. Vermutlich haben sie das alles danach ihrer Mutter gegeben. Was ist- sind Sie auf etwas gestoßen?«
»Es ist noch nichts Genaues. Nichts, worüber ich jetzt schon reden könnte. Aber wir versuchen, die Dinge miteinander in Beziehung zu setzen.«
»Es ist mir egal, wie Sie es machen; mir geht es nur darum, daß der Täter erwischt und bestraft wird. Dieses Monster.« Ich legte so viele falsche Zuversicht wie möglich in meine Stimme. »Wir werden ihn erwischen.«
»Ich weiß es.«
Ihr Vertrauen war mir peinlich.
»Raquel, ich bin unterwegs, und die Unterlagen sind bei mir zu Hause. Haben Sie die Adresse von Elenas Mutter im Kopf?«
»Klar.« Sie nannte sie mir. »Danke.«
»Wollen Sie Elenas Familie besuchen?«
»Ich dachte, es könnte vielleicht nützen, persönlich mit ihr zu sprechen.«
Am anderen Ende Schweigen. Dann, nach zehn Sekunden, begann sie: »Ja, also… Wissen Sie, es sind gute Menschen. Aber es könnte sein, daß sie Sie rauswerfen.«
»Das wäre nicht das erste Mal.« Sie lachte.
»Ich glaube, es wäre besser, wenn ich Sie begleite. Ich gehöre dort praktisch zur Familie.«
»Und es ist Ihnen nicht unangenehm?«
»Nein. Ich will helfen, verstehen Sie. Wann wollen Sie hingehen?«
»Heute nachmittag.«
»Fein. Ich mache früher Schluß, sage, daß ich mich nicht wohl fühle. Sie können mich um halb drei zu Hause abholen. Ich gebe Ihnen meine Adresse.«
Sie wohnte in einer bescheidenen Gegend von West Los Angeles, nicht weit von der Stelle, wo sich der Santa Monica und der San Diego Freeway vereinigten: ein Viertel mit Pappkarton-Wohnhäusern, bewohnt von Singles, die sich das Marina-Viertel nicht leisten konnten.
Ich sah sie schon aus der Ferne, wie sie vor dem Haus auf dem Gehsteig wartete, in einer taubenblau-blutroten Kreppbluse, einem
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