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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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blauen Jeansrock und spitz zulaufenden Cowboystiefeln. Sie stieg ein, schlug die braunen, strumpflosen Beine übereinander und lächelte. »Hallo.«
    »Hallo - und vielen Dank, daß Sie mir helfen.«
    »Ich sagte Ihnen doch, ich will auch etwas dazu beitragen. Ich will das Gefühl haben, daß man mich braucht.« Ich fuhr nach Norden, in Richtung auf den Sunset Boulevard. Im Radio gab es Jazzmusik, freie und atonale Klänge mit Saxophonsolos, die sich wie Polizeisirenen anhörten, dazu ein Schlagzeug wie Herzrhythmusstörungen. »Suchen Sie was anderes, wenn Sie mögen.« Sie drückte auf ein paar Knöpfe, fummelte an der Stationseinstellung herum und fand einen Sender, der angenehme, milde Rockmusik brachte. Jemand sang über verlorene Liebe und alte Filme und brachte beides in seinem Lied unter einen Hut. »Was wollen Sie denn von ihnen wissen?« fragte sie und lehnte sich zurück.
    »Ob Elena ihnen etwas über ihre Arbeit erzählt hat - vor allem über den Jungen, der gestorben ist. Oder irgend etwas über Handler.«
    Sie hatte viele Fragen in den Augen, entschloß sich aber, sie dort zu lassen.
    »Das Thema Handler wird besonders schwierig sein. Die Familie war alles andere als erfreut darüber, daß sie mit einem so viel älteren Mann ging. Außerdem auch noch mit einem Anglo«, fügte sie hinzu. »In solchen Situationen neigen wir dazu, die Sache einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Das ist unsere Kultur.«
    »Es ist in gewisser Weise menschlich.«
    »Ja, in gewisser Weise - vielleicht. Bei uns Latinos kommt es noch öfter vor als bei den Anglos. Zum Teil als Folge des Katholizismus. Und zum Teil wegen unseres indianischen Bluts. Wie könnte man in solchen verlassenen Gegenden überleben, ohne daß man wie die Indianer die Realität verleugnet? Sie lächeln und reden sich ein, daß das Land fruchtbar ist und üppig, daß es genug Wasser und Nahrung gibt und daß das Leben in der Wüste gar nicht so schlecht sein kann.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wie ich das umgehen kann?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie saß da, die Hände auf dem Schoß gefaltet, ein braves Schulmädchen. »Ich glaube, es ist am besten, wenn ich zunächst einmal rede. Cruz - Elenas Mama - hat mich immer gerngehabt. Vielleicht bringe ich sie dazu, mit Ihnen oder mit uns beiden darüber zu reden. Aber erwarten Sie keine Wunder.«
    Was das betraf, brauchte sie sich keine Gedanken zu machen. Echo Park ist ein Stück Lateinamerika, das in die staubigen, hügeligen Straßen von Los Angeles versetzt wurde, Straßen, die sich, eingezwängt zwischen zerbröckelnden Betondämmen, von Hollywood bis zum Stadtzentrum erstrecken. Sie tragen Namen wie Macbeth und Macduff, Bonnybrae und Laguna, sind aber alles andere als poetisch. Sie klettern über die Hügel nach Süden und tauchen dort in das Ghetto des Union-Distrikts ein. Im Norden führen sie bis zu dem kleinen Park mit See, der dem Viertel den Namen gab, und weiter auf trockenen, schmalen Wegen, bis sie sich in einer widersinnigen Wildnis oberhalb des Dodger-Stadions und des Elysian Parks, dem Sitz der Polizeiakademie von Los Angeles, verlieren. Der Sunset Boulevard verändert sich, wenn er Hollywood verläßt und sich dem Echo Park nähert. Die Pornokinos und Stundenmotels weichen den botanicas und bodegas, Geschäften für »Discos Latinos‹, einer endlosen Reihe von Imbißständen-Tacobuden, peruanische Fischrestaurants und Schnellimbißkioske -, aber auch erstklassigen lateinamerikanischen Restaurant, dazu Schönheitssalons mit Schaufenstern, in denen Styroporköpfe mit blonden Perücken stehen, kubanischen Bäckereien, medizinischen Betrieben und Anwaltsbüros, Bars und Gesellschaftsklubs. Wie viele arme Gegenden ist der Echo Park-Abschnitt des Sunset Boulevards rund um die Uhr von unzähligen Passanten belebt.
    Der Seville schnitt sich langsam eine Bahn durch den Nachmittagsverkehr. Die Stimmung auf dem Boulevard war so brutzelnd-nervös wie der geschmolzene, heiße Speck, der von den Bratpfannen der Essensstände spritzte. Es gab einheimische Jungen, die ihre selbstgemachten Tätowierungen zur Schau trugen, fünfzehnjährige Mütter, die fette Babys in klapprigen Kinderwagen dahinschoben - Karren, die an jedem Bordstein auseinanderzubrechen drohten -, Penner und Pusher, auf Einwanderer spezialisierte Anwälte mit gestärkten Hemdkragen, Putzfrauen in ihrer Freistunde, Großmütter, Blumenverkäufer und einen niemals endenden Strom braunäugiger Kinder. »Es ist seltsam«, sagte Raquel, »wieder

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