Blackout (German Edition)
hätte es nicht. Aber diese Firma ist eine der wichtigsten und interessantesten Firmen in unserer Gegend. Eine, bei der ich wirklich etwas lernen kann. Ich finde esfaszinierend, dass es jemand von hier so weit gebracht hat. Und dieser Jemand ist nun einmal dein Vater.«
Nick schluckte. Es stimmte. Sein Vater hatte eine Software entwickelt, mit der Firmen ihre internen Abläufe koordinieren und rationalisieren konnten. Eine einfache Idee, grandios und zielstrebig umgesetzt, genau zur richtigen Zeit. Das Produkt wurde ein Erfolg und brachte b&fTech mehrere Preise ein. Albert Bergamin hatte von den Titelseiten der Wirtschaftsmagazine gegrinst, während er zu Hause mit verkniffenem Gesicht seine Beziehungen ausgespielt und eine weitere Schule für Nick gesucht hatte. »Ja, aber dieser Jemand hat zwei Seiten«, sagte Nick zu Carla.
»Das streite ich ja gar nicht ab. Und ich glaube dir, wenn du sagst, dass es nicht einfach ist mit deinem Vater«, antwortete sie.
»Was dann?«
»Sieh’s so: Ich mache mein Praktikum beim Unternehmer Bergamin. Nicht bei deinem Vater. Kannst du damit leben?«
»Ich versuch’s. Okay?« Er zeigte auf ihren Arm. »Ich wollte dir nicht wehtun.«
»Weiß ich doch.«
Er versuchte es wirklich. Wenn Carla am Abend nach Hause kam und am Esstisch begeistert von ihrem Praktikum erzählte, saß er still daneben und verkniff sich seine Bemerkungen.
»Mam, kannst du morgen für eine Person mehr kochen?«, fragte sie in der zweiten Woche ihres Praktikums. »Ich bringe morgen meine Mitpraktikantin zum Essen.«
»Natürlich«, antwortete Susanna.
»Sieht sie gut aus?«, fragte Finn.
Nick warf ihm einen giftigen Blick zu.
Am nächsten Abend stürmte Carla in die Küche, hinter ihr ein Mädchen mit kurzem Strubbelhaar, weiten Jeans und einem noch weiteren Pullover.
»Das ist Kris«, erklärte Carla, »sie arbeitet mit mir zusammen am Wirtschaftsprojekt.«
Nick hätte sich am liebsten unter dem Tisch verkrochen. Kristen! Ausgerechnet die Motorrad-Kristen!
»Guten Abend«, sagte Kristen. Und dann: »Hallo, Nick, lange nicht gesehen.«
»Ihr kennt euch?«, fragte Carla.
»Kann man so sagen«, meinte Kristen.
Nicks Herz klopfte bis zum Hals. Von der angeregten Unterhaltung um das Wirtschaftsprojekt bekam er nichts mit. Immer wieder schaute er zu Kristen hin. Hunger hatte er keinen mehr.
Ob Carla wusste, dass er ihrer Freundin vor zwei Jahren hinterhergelaufen war? Lachten die beiden hinter seinem Rücken über ihn?
Gleich nach dem Essen stand Nick auf.
»Ich geh noch mal kurz weg.«
»Wohin?«, fragte Susanna.
»Ins Geschäft«, murmelte er, schnappte sich den Schlüssel für den Laden und verließ das Haus fluchtartig.
Nick schloss die Tür hinter sich zu, weil er nicht wollte, dass jemand unbemerkt den Laden betrat, während er arbeitete.
Er startete den PC und öffnete das Programm, mit dem er Susannas Website bearbeiten konnte. Aber die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Kristen war eigentlich gar nicht sein Typ. Zu klein, zu kurze Haare, zu großer Mund, zu wenig Busen, zu intelligent. Aber sie war die Einzige gewesen, die er nicht beeindrucken konnte. Das hatte ihn beeindruckt. Er musste sie kriegen. Aber so lief das nicht. Sie hatte ihn gekriegt mit ihrer unerschrockenen, selbstsicheren Art. Sie wusste, was sie wollte, und es war ihr absolut egal, was andere von ihr dachten. Ihm passierte, was ihm noch nie passiert war: Er redete totalen Schwachsinn, wenn sie in der Nähe war, oder, noch viel schlimmer, es verschlug ihm die Sprache. Er beschloss, ihr aus dem Weg zu gehen, und wurde magisch von ihr angezogen. Er war verknallt. Sie war immun dagegen. Mit einem lauten Lachen und ein paar deutlichen Worten sagte sie ihm, er solle es vergessen.
Ein Geräusch riss Nick aus seinen Gedanken. War jemand im Laden? Er machte alle Lichter an und sah sich um. Dann kontrollierte er die Tür. Sie war verschlossen. Er holte die Schlüssel aus dem Büro, öffnete die Ladentür und schaute die Straße hinauf und hinunter, konnte aber niemanden sehen. Er zündete sich eine Zigarette an. Seine Gedanken rasten. Jeder einzelne von ihnen endete am selben Punkt. Kristen.
Zu Hause versuchte er so leise wie möglich an Carlas Zimmertür vorbeizugehen. Ihm war nicht nach Gesellschaft.
»Nick!« Carla hatte ihre Tür aufgerissen.
»Ich bin müde, Carla, ich geh schlafen.«
»Es ist wichtig. Ich glaube, ich bin auf was gestoßen.«
Aufgeregt zerrte sie ihn in ihr Zimmer, wo ein ziemliches Chaos
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