Blackout - Kein Entrinnen
von ihnen hatte geschnallt, dass mein Abschluss als Journalistin vielleicht den einen oder anderen Kurs in Psychologie beinhaltet hatte. Ich bin vielleicht eine schlechte Lügnerin, aber hey, ich erkenne eine Lüge, wenn ich eine höre.
»Wie ich bereits sagte, ist dies höchst regelwidrig«, sagte er mit etwas tieferem und verbindlicherem Tonfall.
Mit seinem Geständnis wollte er mein Vertrauen gewinnen. Die übliche Methode, auch wenn die Situation alles andere als normal war. »Ich weiß, aber bitte, ich will doch nur wissen, was los ist.« Auf »verletzlich« konnte ich noch nie gut machen, das war in meinem Examen nicht abgefragt worden.
Vielleicht schimmerte die Tatsache durch, dass ich mich unter meiner ruhigen Journalistenschale durchaus verletzlich fühlte, denn Dr. Thomas sagte: »Ich verstehe. Sie müssen sehr verwirrt sein.«
»Und auch verängstigt, unsicher. Ich versuche mir einzureden, dass dies kein Traum ist«, gab ich zurück. Dann griff ich wieder zu meiner Cola, aber nicht um zu trinken, sondern um die Dose in der Hand zu spüren. Sie war nur ein ärmlicher Ersatz für die Dinge, die ich wirklich wollte: meine Sonnenbrille, eine Knarre, Shaun. Aber ich würde mich damit begnügen müssen.
»Sie müssen verstehen, dass dies eine experimentelle Maßnahme ist. Wir hatten keinerlei Anlass, einen Erfolg vorauszusagen oder auch nur zu wissen, dass Sie sie selbst sein und wieder aufwachen würden.« Dr. Thomas beobachtete mich, während er sprach. Er sagte die Wahrheit, oder zumindest die Wahrheit, so weit er sie fassen konnte. »Um ehrlich mit Ihnen zu sein, wir sind immer noch nicht sicher, wie stabil Sie sind.«
»Das erklärt dann wohl die Typen mit den Pistolen, was?« Selbstvergessen nippte ich an meiner Cola und verzichtete darauf, die Dose wieder hinzustellen. Ich hatte mir ein wenig Trost verdient. Wiederauferstehung kann einen ziemlich mitnehmen, stellte ich fest. »Also warten Sie darauf, dass ich ausflippe und … was genau denn?«
»Klonen ist ein komplizierter Vorgang«, sagte Dr. Thomas. »Heutige Generationen werden bereits im Mutterbauch mit Kellis-Amberlee infiziert. Sie wachsen mit Körpern auf, die mit der Krankheit fertig werden, sich mit ihr … arrangieren, wenn Sie so möchten. Seit dem Erwachen sind Infektionen bei Erwachsenen selten geworden.«
»Geklontes Gewebe wird doch aber in einer sterilen Umgebung herangezogen«, sagte ich. »Wie haben Sie die Infektion eingeschleust?«
»Durch Sprühkontakt, als das …« Er stockte und war sich offenbar nicht sicher, wie er fortfahren sollte. In den Berichten wurde ich in dieser Versuchsphase wahrscheinlich »Probandin« oder »Fall« genannt. Ein passendes Pronomen zu benutzen hätte bedeutet, einer Sache, die er als einen reinen Laborversuch behandelte, zu viel Persönlichkeit zu verleihen.
Ich war durchaus in Versuchung, ihn darauf aufmerksam zu machen, doch ließ ich mich nicht gehen. Einen Verbündeten zu gewinnen – auch wenn dieser dachte, er würde mich zur Mitarbeit überreden – war wichtiger, als recht zu haben, auch wenn ich mich dadurch besser gefühlt hätte. »Wie weit war das Material im Wachstum schon gediehen?«, fragte ich.
»Bis zur Hälfte«, sagte er sichtlich erleichtert. »Wir nutzten Techniken, die wir für das Klonen von Organen entwickelt haben, um den Wachstumsprozess des gesamten Körpers zu beschleunigen. Immun- und Nervensystem waren bereits vollständig entwickelt. Wir haben die archivierten Blutproben unserer Einrichtung in Memphis benutzt, um sicherzustellen, dass Sie ebenjenem Stamm von Kellis-Amberlee-Viren ausgesetzt wurden, mit denen Sie auch ursprünglich infiziert waren. Diese schienen uns am besten mit ihrem Organismus kompatibel. Wenn man täglich mit diesen Viren arbeitet, dann sind solche Dinge, nun ja, nicht gerade exakte wissenschaftliche Forschung …«
Solche Dinge sind ganz eindeutig exakte Wissenschaft. Nämlich exakt das, was die Romane prophezeien, wenn ein verrückter Wissenschaftler ins Spiel kommt. Ich beschloss, dass ich ihn auch darauf nicht aufmerksam machen würde. Stattdessen konzentrierte ich mich auf das, was er mit so großer Mühe zu vermeiden suchte. »Die Männer haben Pistolen, weil die Gefahr besteht, dass die Viren sich bei mir spontan vermehren, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Dr. Thomas. Ihm war anzusehen, dass es ihm leidtat, als er weitersprach: »Es wird ein paar Tage dauern, bis wir sicher sein können, dass Ihr Organismus sich an die Infektion
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