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Blackout - Kein Entrinnen

Blackout - Kein Entrinnen

Titel: Blackout - Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
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in dieser Finsternis wahrscheinlich nichts gesehen. Wenigstens vertrieb mir die Grübelei darüber die Zeit, während ich darauf wartete, dass der Schmerz in den Augen nachließ und meine Gedanken zu annähernder Normalität zurückkehrten. Normalerweise war ich nicht so konfus. Normalerweise kehrte ich aber auch nicht von den Toten zurück. Vielleicht musste ich etwas Nachsicht mit mir haben.
    Beinahe unmerklich verstrichen die Minuten. Erst als mein Hintern taub wurde, merkte ich, wie lange ich hier gesessen hatte, gelähmt von der bloßen Dunkelheit. »Scheiß drauf«, grummelte ich und glitt aus dem Bett. Als meine Füße den Boden berührten, taumelte ich nur ein wenig. Also. Der erste Schritt war erfolgreich getan: Ich stand. Alles andere würde auch noch kommen.
    Wenn mich meine Erinnerung nicht trog, befand sich die Wand mit der Tür knapp zwei Meter vor mir. Mit ausgestreckten Händen – weil ich tunlichst nicht mit dem Gesicht zuerst auf etwas Hartes treffen wollte – ging ich los. Mit jedem Schritt fühlte ich mich etwas besser. Ich war aufgestanden . Ich tat etwas. Zwar tat ich nichts weiter, als durch ein lichtloses Zimmer zu staksen wie eine Heldin aus einem von Maggies Horrorfilmen von vor dem Erwachen, aber es war immerhin etwas und eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu dem, was ich davor getan hatte.
    Es ist frappierend, wie wirkungsvoll Orientierungslosigkeit ist, wenn man jemanden kontrollieren will. Wir Reporter benutzen sie, wann immer wir glauben, damit durchzukommen. Wir bemühen uns, unsere Umgebung in der Hand zu haben, und nutzen alles, angefangen bei Requisiten und Straßenlärm bis hin zu Temperatur, damit die Leute entweder total entspannen oder völlig unter Druck sind, je nachdem, was für einen Artikel gerade nötig ist. Nun, die Seuchenschutzbehörde versuchte, mir die Orientierung zu rauben, und ich hatte ihr in die Hände gespielt. Was machte es schon, dass ich ein Klon war und in einer geheimen Einrichtung hinter Schloss und Riegel saß? Ich war immer noch Georgia Mason – sozusagen »ich bis zum Beweis des Gegenteils«. Und wenn ich Georgia Mason sein wollte, durfte ich nicht herumsitzen und mich selbst bemitleiden. Ich musste etwas tun.
    Meine Hände berührten den Einwegspiegel. Ich blieb stehen und beugte mich nach vorn, bis meine Stirn das Glas streifte. Mit zusammengekniffenen Augen konnte ich den Korridor auf der anderen Seite erkennen. Es war, als sähe man durch eine dicke Nebelschicht. Wären die Lichter auf dem Gang ausgeschaltet gewesen, hätte ich nichts erkennen können. So aber vermochte ich Umrisse auszumachen. Die Wände. Die trügerischen »Fenster« in die anderen leeren Zellen. Warteten diese darauf, ebenfalls heimlich geklonte Gäste aufzunehmen? War ich die Erste, die Letzte oder irgendwo in der Mitte?
    »Schluss damit«, murmelte ich und schüttelte den Gedanken ab. Zwar würde ich darüber nachdenken müssen – wahrscheinlich sogar gründlich und möglicherweise im Rahmen eines Artikels über illegales Klonen von Menschen durch den Seuchenschutz –, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Hier und jetzt war es egal, selbst wenn sie eine ganze Armee von Klonen hätten. Ich war der einzige Klon, der zählte.
    Ich war der einzige …
    Ich trat von dem Spiegel zurück und starrte in die Finsternis. Falls die Seuchenschutzbehörde mich über eine versteckte Kamera beobachtete – und ich war absolut überzeugt, dass die Seuchenschutzbehörde mich über eine versteckte Kamera beobachtete, denn dafür waren versteckte Kameras schließlich da –, würden sie vielleicht glauben, dass ich einen Anfall hatte. Sollten sie doch glauben, was sie wollten. Obwohl ich gern gejubelt und triumphierend Löcher in die Luft geboxt hätte, begnügte ich mich mit einem eisigen Blick.
    Beinahe hätten sie mich mit ihrem kleinen Logikrätsel drangekriegt, das musste ich ihnen lassen. Aber ich war mein ganzes Leben hinter der Wahrheit her, und ich erkenne eine Lüge, auch wenn ich sie nicht höre. Dr. Thomas bemühte sich so sehr, mir keine echten Antworten zu geben … und genau das war das Problem. Er sagte, er bedaure meinen Verlust. Er wollte mir keine Internetverbindung genehmigen, nicht einmal eine, mit der ich nur empfangen und nicht senden konnte. Und kein einziges Mal hatte er sich dazu hinreißen lassen zu sagen, dass Shaun tot war. Wieso sollte er mir das nicht sagen, wenn Shaun tot war?
    Weil er keinen Beweis hatte. Die alte Parole aus dem Internet: Wenn

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