Blackout - Kein Entrinnen
geklappt?«
»Das Virus hat nicht so leicht aufgegeben. Was wir taten, bewirkte bei den Patienten höchstens Erregung. Einige Forscher, mich eingeschlossen, äußerten Bedenken, dass die Infizierten sich ihrer selbst bewusst werden könnten. Leute mit Tollwut sind sich bewusst, dass sie furchtbare Dinge getan haben. Sie können einfach nichts dagegen tun. So ein Phänomen wollte niemand bei Kellis-Amberlee, und deshalb wurde das Projekt eingestampft.«
»Warum haben Sie das nicht veröffentlicht?«, fragte Becks.
»Aus demselben Grund, warum die Regierung jeden, der eine Reservoirkrankheit hat, erschießen lässt«, sagte Alaric. »Wenn sie die Nachricht rauslassen, dass die Leute noch immer denken, wird niemand mehr abdrücken. Und es wird auch niemand mehr da sein, der die Behandlungen durchführt, denn dann sind wir alle Zombies.«
Ich runzelte die Stirn. »Ich kann dir nicht folgen.«
»Sie sagen, dass das Virus sein Opfer gleich nach der Infizierung übernimmt, aber dass die Person noch immer drinsteckt«, sagte George. Die Maschinen waren zwar leise, aber dennoch so laut, dass ich sie nicht hatte kommen hören. Ich wandte mich um und sah sie neben mir stehen, die Sonnenbrille in der Hand und die Haare vom Schlaf zerzaust. Sie sah Dr. Shoji an und fragte: »Denken Zombies?«
»Nein«, sagte er. »Das Virus erledigt das Denken für sie, Gott sei Dank, denn Alaric hat recht. Wenn die Leute nicht mehr schießen, weil sie Angst haben, einen Mord zu begehen, dann werden wir alle sterben. Aber es gibt eine Chance – keine große, aber immerhin –, dass Zombies träumen.«
George nickte und lehnte sich gegen den Sitz neben mir. »Diese Antwort hatte ich erwartet. Wie lange fliegen wir noch?«
»In ungefähr einer halben Stunde beginnen wir mit dem Anflug auf Washington, D. C.«, sagte Dr. Shoji. »Wie fühlen Sie sich?«
»Erledigt. Ich brauche eine Cola.«
Ich konnte diese Worte nicht oft genug hören. »Ich hole dir eine«, sagte ich und stand auf. »Ich wollte mir sowieso noch einen Kaffee holen.«
Sie ließ sich in meinen Sitz gleiten und lächelte mich dankbar an. Dann beugte sie sich vor, um Dr. Shoji etwas zu fragen. Wahrscheinlich wollte sie noch mehr über das Denkvermögen von Zombies wissen. Was auch immer es war, sie würden es mir nachher erzählen.
Ich ging zu der Selbstbedienungsküchenzeile im hinteren Bereich des Flugzeugs und holte eine Dose Cola aus dem Kühlschrank, bevor ich mir eine Tasse köstlich heißen Kaffee einschenkte. In einem der Kühlfächer über der Kaffeemaschine lagen eingewickelte Käse- und Thunfischsandwichs. Ich nahm drei davon heraus – eines für mich, eines für George und eines für den Fall, dass noch jemand eines wollte. Wir mussten bei Kräften bleiben, wenn wir es mit der US-Regierung aufnehmen wollten. Was, nebenbei bemerkt, völliger Wahnsinn war.
Das sollte dir klar sein , sagte George.
Ich gab ihr keine Antwort. Ich fühlte mich seltsam bei dem Versuch, die leise innere Stimme zu unterdrücken, wo sie doch das Einzige gewesen war, was mich in den Monaten nach dem Tod der echten Georgia noch hatte funktionieren lassen. Aber ich konnte nicht beide behalten, und wenn ich die Wahl hatte, würde ich mich für die Georgia entscheiden, die ich mit anderen Menschen teilen konnte. Das machte sie wirklich. Und ich brauchte etwas Wirkliches. Ich brauchte etwas Reales, um mich in der Welt zu verankern, denn sonst wäre ich über ihren Rand hinausgeglitten.
Völlig den Verstand zu verlieren, erschien mir nun längst nicht mehr so verlockend wie noch vor ein paar Wochen. Einen vollkommenen Bruch mit der Realität hatte ich als psychologische Erlaubnis angesehen, den Rest meines Lebens – egal, wie viel oder wenig das noch sein mochte – mit George zu verbringen und dabei vielleicht sogar glücklich zu sein. Seit ich eine atmende Frau mit ihrem Gesicht an meiner Seite hatte, musste ich zugeben, dass mich dies nicht mehr glücklich machen würde. Die George in meinem Kopf war nicht die wirkliche George. Der Klon war es technisch gesehen zwar auch nicht, aber Technik hatte mich noch nie besonders interessiert. Ich brauchte Georgia in meinem Leben. Und ich entschied mich für die, die in der Kabine saß und auf ihre Cola wartete.
Alaric fing sich ziemlich schnell, nachdem er uns angefaucht hatte, weil wir ihn während unseres Aufenthalts in Seattle nicht auf dem Laufenden gehalten hatten. Typisch Newsie. Er störte sich weniger an der Tatsache, dass der
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