Blackout - Kein Entrinnen
hinkommt, wo sie hingehört – wo ihr beide hingehört. Der Mann, der das Projekt Shelley größtenteils finanziert hat, braucht euch. Darauf hat er von Anfang an gehofft.«
»Wer?«, fragte Becks.
Ich brauchte nicht erst zu fragen. In meinem Inneren wuchs eine leise Gewissheit. Vielleicht tat sie das schon seit dem Augenblick, in dem Dr. Shoji aufgetaucht war, und ich begriff, dass alles – wirklich alles – miteinander zusammenhing, ob wir das nun wollten oder nicht. Vor der Vergangenheit gab es kein Entrinnen. Tot oder lebendig, sie würde uns am Ende einholen.
Alaric stöhnte und regte sich. Ich sah Dr. Shoji an und sagte ruhig: »Rick. Er hat dafür bezahlt, mich zurückzubringen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Dr. Shoji. »Und jetzt brauchen wir Ihre Hilfe.«
Ich seufzte. »Genau. Lasst uns Alaric aufsammeln und wieder auf die Beine bringen, Jungs. Ich glaube, wir müssen dann mal nach Washington, D. C.«
Natürlich ist Georgia nicht tot. Oder, nun ja, sie war tot, aber jetzt ist sie es nicht mehr, denn der Seuchenschutz unterhält ein unterirdisches Klonlabor, und da ist ihnen nichts Besseres eingefallen, als eine tote Reporterin zu klonen, die ihnen gehörig auf den Zeiger ging, als sie noch lebte. Und siebenundneunzigprozentiger Gedächtnistransfer? Das ist keine Science-Fiction, das ist einfach nur gelogen. Entweder sie ist nicht so vollkommen, wie sie glaubt, oder es hat ein paar wissenschaftliche Entdeckungen gegeben, von denen uns keiner etwas erzählt hat.
Und dann denke ich … Kellis-Amberlee in Moskitos. Jemand, der die ganzen Leute mit Reservoirkrankheit umbringt. Dr. Wynne, der versucht hat, das halbe Team zu töten. Dieser australische Wissenschaftler. All die Daten der Volkszählung. All die Dinge, die nicht zusammenpassen wollen, die nie zusammenpassen wollten, die schon nicht zusammengepasst haben, bevor … nun ja, bevor Dr. Matras den Blog seiner Tochter geentert hat, um der Welt mitzuteilen, dass die Toten wandeln. All die Dinge, die so gar nicht zusammenpassen wollen. Und ich denke. Nun ja.
Vielleicht ist das doch nicht so unmöglich. Und das jagt mir eine Scheißangst ein.
Gott sei Dank ist Alisa bei den Masons in Sicherheit. Und wenn ich diesen Satz ohne Ironie niederschreiben kann, dann ist vielleicht auch alles andere möglich.
Aus Auf die Kwong-Tour , dem Blog von Alaric Kwong,
6. August 2041. Unveröffentlicht.
Lieber Alaric,
die Leute, bei denen ich wohne, die Masons, sagen, ich soll Dir diese E-Mail schreiben und Dir mitteilen, dass ich versprochen habe, eine Zeit lang keine weiteren E-Mails zu schreiben, weil es mir nicht möglich sein wird, meine Mails zu checken, und ich will nicht, dass Du Dir Sorgen machst, wenn Du mir E-Mails schickst, die ich nicht beantworte. Ich kann meine Mails erst wieder lesen, wenn wir zurück in Berkeley sind, aber noch sind wir nicht da.
Mr. Mason ist nett, aber manchmal starrt er ins Leere, und das macht mir ein bisschen Angst. Ms. Mason ist nicht so nett, glaube ich, aber sie bemüht sich sehr, und ich weiß, dass das zählt. Auf jeden Fall hat sie mir gesagt, dass Du sie geschickt hast und dass ich mit ihnen kommen soll, und dass sie Fotos von den Leuten hätte, mit denen du zusammenarbeitest, der hübsche Kerl und das tote Mädchen, und deshalb dachte ich, es wird schon okay sein. Bitte sei mir nicht böse. Ich musste dort raus, bevor die Moskitos kamen, und ich hatte solche Angst, und Du hast versprochen, dass Du jemanden schicken würdest.
Danke, dass Du die Masons zu mir geschickt hast. Wir sehen uns bald. Ich liebe Dich.
Aus einer E-Mail von Alisa Kwong an Alaric Kwong,
6. August 2041.
Shaun: 32
Die Maschinen des Privatjets vom Kauai Instituts summten gleichmäßig, gerade so laut, dass wir sicher sein konnten, noch immer in einem Flugzeug und nicht in einem, ich weiß nicht, abgedrehten Wohnzimmer zu sitzen. Dass wir praktisch allein in dem Flugzeug saßen, machte es auch nicht besser. Becks und Alaric lungerten auf einer Seite und lasen die Dateien, die Dr. Abbey ihnen vor dem Abflug auf die Handys geladen hatte. Dr. Shoji hatte den Platz vorn eingenommen, überwachte den Autopiloten und gönnte uns in den letzten paar Stunden vor der Landung etwas Ruhe. Also blieben noch George und ich, und seit einer guten Stunde hatte sie mit dem Kopf auf meinem Arm geschlafen. Dabei hatten sich ihre Lippen entspannt und wirkten weicher und verletzlicher als sonst, wenn sie die vertraute, harte Linie formten. Ich sah sie immer wieder
Weitere Kostenlose Bücher