Blackout - Kein Entrinnen
bin ich nicht sonderlich beeindruckt.«
Es war schön zu sehen, dass die »Wir-gegen-den-Rest-der-Welt«-Mentalität meines Teams inzwischen auch wieder George mit einbezog. »Was willst du uns damit sagen, Rick?«, fragte ich. »Dass wir hierhergekommen sind, um das Lügen zu lernen?«
»Nein«, sagte er. Rick hielt die Hand über das Feld neben der Aufzugtür. Sie ging auf, und wir erblickten einen leeren grauen Korridor. »Ihr seid hier, um zu erfahren, warum wir lügen müssen und warum wir nicht zulassen können, dass ihr herumlauft und überall die Wahrheit erzählt. Es ist Zeit, dass ihr die Wahrheit über Kellis-Amberlee erfahrt.« Er blickte über die Schulter zu uns zurück. Er wirkte abgehärmt, als hätte er persönlich den Weltuntergang miterlebt. »Es tut mir so leid.«
Dann trat er aus der Kabine und ließ uns fünf – meine Leute und Steve – zurück. Ich sah die anderen an. »Hat das außer mir noch jemandem einen Schauer über den Rücken gejagt? Oder bin ich der Einzige, der ein Gefühl hat, als würden wir gleich herausfinden, dass er schon die ganze Zeit tot war, oder so was in der Art?«
»Das ist gar nicht gut«, sagte Becks.
»Nein, und es wird dadurch nicht weniger schaurig, dass wir im Aufzug rumstehen und darüber diskutieren.« Brüsk verließ George die Kabine. Im Korridor blieb sie stehen, drehte sich um und sah uns an. »Also? Kommt ihr, oder soll ich den Knüller des Jahrhunderts alleine aufdecken?«
»Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, Jungs, aber ich will nicht, dass die Tote mich als Schlappschwanz dastehen lässt«, verkündete Becks und schob sich an Alaric vorbei aus dem Aufzug. Mit verschränkten Armen blieb sie neben George stehen. »Okay, drei Kerle verstecken sich im Aufzug, während die beiden Mädchen im Gruselkorridor rumhängen? Ab jetzt seid ihr offiziell Weicheier. Nur falls euch das nicht klar ist.«
»Das können wir nicht auf uns sitzen lassen.« Ich legte Alaric die Hand auf die Schulter und zog ihn mit mir, als ich aus dem Aufzug trat. Steve folgte uns. Sobald die Kabine leer war, ging die Tür zu, und die Lichter über ihr erloschen.
Links von mir klatschte jemand in die Hände. Ich wirbelte herum, und meine Hand zuckte zu der Waffe, die ich nicht mehr trug. Vor mir stand ein Mann, den ich über ein Jahr lang nicht mehr gesehen hatte. Seit Georges Beerdigung nicht mehr, zu der er es gerade noch geschafft hatte. Auch die anderen drehten sich um, teilweise fassten auch sie nach den Waffen, die uns abgenommen worden waren, teilweise machten sie einfach nur große Augen.
Es war George, die sich als Erste so weit gefasst hatte, dass sie das Schweigen brach. Vermutlich bringt einen nichts mehr lange aus dem Gleichgewicht, wenn man einmal von den Toten zurückgekehrt ist.
»Hallo, Mr. President«, sagte sie.
Präsident Peter Ryman lächelte. »Hallo, George.«
Maggies Eltern sind hier. So wurde mir jedenfalls mitgeteilt, denn man hat mich nicht mehr zu ihr gelassen, seit sie gelandet sind. Und soviel ich weiß, sind sie nur gekommen, um Maggie in ihren Privatjet zu packen und wieder abzurauschen, sodass ich zurückbleibe, um eine vollkommen astronomische Rechnung zu begleichen. Ich hoffe, dass ich sie durch körperliche Arbeit abstottern kann. Mit Tellerwaschen wären wir unsere Schulden schon in drei- oder vierhundert Jahren los. Aufs Jahrzehnt genau lässt es sich kaum sagen. Oma wird schimpfen, wenn sie erfährt, dass ich in Amerika einen Arbeitsvertrag als Dienstbote habe. Wahrscheinlich wird sie sagen, dass es mir recht geschieht, weil ich so stur war und unbedingt gehen und sie allein lassen musste.
Dr. Abbey hat mir gestern Abend eine E-Mail geschickt, in der es heißt, dass die anderen zu einer Mission aufbrechen. Doch sie hat nicht gesagt, wohin. Und meine Mails an sie kommen inzwischen zurück. Entweder hat sie mich geblockt, oder sie hat eine neue Adresse. Jedenfalls sind wir erst einmal abgeschnitten, denn keiner meiner Kollegen antwortet auf meine Mails. Und ich allein bin entronnen, es euch zu berichten …
Verdammt. Ich dachte, es wäre vorbei damit, dass immer ich zurückbleibe und derjenige bin, der die Geschichte festhalten muss. Beschissene Journalisten.
Mögen sie alle wohlbehalten nach Hause zurückkehren.
Aus Fisch und Clips , dem Blog von Mahir Gowda, 6. August 2041.
Unveröffentlicht.
Michael und Alisa sind im Geschenkeladen in der Nähe des Haupteingangs und kaufen ihr ein paar anständige T-Shirts. Wir sind jetzt seit
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