Blackout - Kein Entrinnen

Ungeheuer in die Geschichte eingehen, dann braucht ihr euch keinen Zwang anzutun.
    Aus Charmante Lügen , dem Blog von Magdalene Grace Garcia,
    7. August 2041.

Shaun: 36
    Der Füller in der Hand des Arztes – einer wie der, den Dr. Wynne vor einer gefühlten Ewigkeit in der Seuchenschutzbehörde von Memphis benutzt hatte, um Kelly zu töten – reichte aus, um mich mit eisiger Entschlossenheit zu erfüllen. Ich war gegen Kellis-Amberlee immun. Die anderen konnten das jedoch nicht von sich behaupten. Vor allem Georgia nicht, die mich immunisiert hatte, diese Immunität aber nicht mehr in ihrem Klonleib trug.
    Meinst du, du würdest es überleben, mich ein zweites Mal zu verlieren? , fragte ihre Stimme, süß und tief und irgendwie toxisch. Nie zuvor hatte sie in diesem Ton mit mir gesprochen. Aber warum sollte sie sich nicht gegen mich wenden? Ich war dabei, sie zu ersetzen, und tat mein Bestes, um sie aus meinem Bewusstsein zu drängen.
    In was für einer Welt lebten wir, in der die Leute, die für unsere Gesundheit sorgen sollten, uns in Wahrheit krank machten? Und in der sich ein Mensch nicht einmal auf seinen eigenen Wahnsinn verlassen konnte?
    Ich hob abwehrend die Hände und sagte: »Es gibt keinen Grund, jetzt durchzudrehen. Lasst uns einfach alle wieder runterkommen, okay?« Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Becks Alaric zurückhielt, damit er sich nicht auf den inzwischen tödlich bewaffneten Arzt stürzte. Alaric war in Memphis nicht dabei gewesen. Wir hatten ihm zwar erzählt, was geschehen war, aber er hatte es nicht wirklich begriffen.
    »Es ist ein Füller«, sagte George.
    Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass die lebende George gesprochen hatte, nicht die immer boshaftere Stimme in meinem Innern. Ich sah zu ihr hinüber und schüttelte kurz und energisch den Kopf. »Wir bleiben alle ganz ruhig«, sagte ich in der Hoffnung, dass sie auf mich hören würde. »Okay?«
    George runzelte die Stirn und nickte langsam. »Okay.« Sie hob wie ich abwehrend die Hände. »Entschuldigen Sie. Ich war zu voreilig. Wir werden über Ihr Angebot nachdenken.«
    »Warum kaufe ich Ihnen das nicht ab?«, fragte der Arzt. Er sah Präsident Ryman an. »Ich wusste von Anfang an, dass dieser Plan nichts taugte. Wir hätten in ihrem Unterschlupf einen Ausbruch auslösen sollen, sobald die Kampagne vorbei war. Wynne hat sie viel zu zimperlich angefasst, der alte Trottel. Sie zu verschonen war seine Idee, nicht meine.«
    »Das klingt weniger nach einem ›zimperlichen‹ Vorgehen als nach vernünftigem Ressourcenmanagement«, sagte Becks und zog damit wieder die Aufmerksamkeit des Mannes vom Seuchenschutz auf sich. Ich erschrak, unterbrach sie aber nicht. Denn sie verhinderte, dass er sich auf einen von uns konzentrierte. Das konnte sich als Vorteil erweisen. Ich hoffte nur, dass Becks sich damit keinen Kopfschuss einhandelte.
    »Legen Sie den Füller weg«, sagte Steve. Er klang gepresst und wusste offenbar ebenfalls ganz genau, worum es sich dabei wirklich handelte.
    »Bestimmt nicht«, sagte der Arzt. »Die Abmachung war eindeutig: Ich habe dem Präsidenten erlaubt, seine kleinen Lieblinge antanzen zu lassen, damit er versuchen kann, sie auf unsere Seite zu bringen. Sollte ihm das nicht gelingen, würde er sie mir überlassen, um sie zu beseitigen. Und wie ich erwartet habe, ist es ihm nicht gelungen.«
    »Wer sagt, dass sie für uns alle spricht?« Die Worte klangen fremd, noch während ich sie aussprach. George, bitte vergib mir , dachte ich. »Ich meine, kommen Sie schon, Mann. Es war zwar nett von Ihnen, dass Sie Ihren Wissenschaftlern befohlen haben, mir einen Ersatz zu bauen, aber Sie hätten auch einen Beipackzettel mitschicken können: Sie ist ein Klon. Sie ist kein richtiger Mensch. Sie ist nicht befugt, über Leben und Tod von richtigen Menschen zu bestimmen.«
    Der Mann vom Seuchenschutz zögerte, und seine Miene wirkte unsicher.
    Ich beschloss, es drauf anzulegen. »Ich will nicht so tun, als wäre ich über diesen Schwachsinn glücklich. Schließlich haben Sie Alarics Eltern getötet, Mann. Das ist ziemlich scheiße, und wir haben keine große Lust, höflich zu bleiben. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie für unser ganzes Team sprechen kann. Sie wissen ganz genau, dass sie keine perfekte Kopie meiner Schwester ist. Sie haben eine verkorkste Georgia geschaffen. Vielleicht hätten Sie ein besseres Ergebnis erzielt, wenn sie Ihnen nicht entkommen wäre. So etwas passiert Ihnen öfter, nicht