BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Lichtschaltern neben der Tür. Ihr Klacken blieb folgenlos. Wickley griff zum Hörer der Telefonanlage am Tisch, wählte die Nummer seiner Sekretärin. Kein Freizeichen erklang. Er versuchte es noch einmal. Die Anlage blieb tot.
Wickley stürmte aus dem Raum. Im Flur war es noch dunkler. Nirgends sah er Licht. Er hastete zu seinem Büro. Im Vorraum erkannte er die Silhouette seiner Sekretärin, die nervös auf dem Telefon herumtippte.
»Nichts geht«, erklärte sie.
»Zünden Sie Kerzen an!«
Sie schwieg.
»Wir haben keine«, gestand sie schließlich.
Wickley unterdrückte ein Fluchen. Der gesamte Kontinent hatte sich mittlerweile auf die Verhältnisse eingestellt, nur sie nicht!
»Dann besorgen Sie welche!«, bellte er und verließ das Zimmer wieder. Im Flur hörte er Stimmen. Die Besprechungsteilnehmer hatten den Konferenzsaal verlassen und irrten ziellos umher. Wickley ignorierte sie, steuerte die Fahrstühle an. Einige Personen schienen ihm zu folgen.
»James?«
Wickley erkannte die Stimme des Vertriebsvorstands.
»Ich such Lueck«, erklärte Wickley.
»Wir helfen dir.«
Natürlich waren auch die Fahrstühle außer Betrieb. Durch das stockdunkle Treppenhaus stieg er in den vierten Stock, wo das Gebäudemanagement saß. Hinter sich das Getrappel mehrerer Fußpaare.
Auf dem langen, finsteren Flur waren einige Menschen unterwegs, die er hörte, aber praktisch nicht sah.
»Wo ist Lueck?«, brüllte er in die Dunkelheit.
»Unten!«, kam es von einer Männerstimme zurück. »Im Keller, bei den Notgeneratoren!«
Wickley stieg weiter hinab. Unterwegs stieß er auf andere Mitarbeiter.
»Hat jemand Lueck gesehen?«
»Ich sehe seit ein paar Minuten gar nichts«, antwortete eine Frauenstimme.
Wickley ärgerte sich über die Frechheit, bis ihm klar wurde, dass ihn nicht jeder nur an der Stimme erkannte. Außerdem musste er sich eingestehen, dass er keine Ahnung hatte, wo sich die Notstromgeneratoren befanden. Inzwischen hatte er auch die Übersicht verloren, in welcher Etage er sich befand. Er ging einfach immer weiter, bis die Treppen zu Ende waren. Er tastete nach einer Tür, hinter der es nachtschwarz war.
»Lueck?«, brüllte er.
Keine Antwort. Wickley rief noch einmal.
Aus einer Tür am Ende des Flurs leuchtete der Strahl einer Taschenlampe.
»Hier«, hörte Wickley, da war er schon mit langen Schritten unterwegs.
Er fand Lueck, Bereichsleiter Katastrophenmanagement, in einem weitläufigen, beklemmend niedrigen Raum, der vollgestopft war mit Maschinen, Kabeln und Rohren, die im Schein der Taschenlampe lebendig schienen. Bei ihm waren zwei Männer in grauen Arbeitsanzügen mit dem Talaefer-Logo auf dem Rücken.
Lueck war ein drahtiger, kleiner Mann mit schütterem Haar und großer Brille.
»Was, zum Teufel, ist hier los?«, zischte Wickley, um Beherrschung bemüht. Im Licht von Luecks Taschenlampe sah er hinter sich Vertriebs- und Technikvorstand eintreten, ihnen folgten drei weitere, darunter Hensbeck und eine seiner Mitarbeiterinnen.
Lueck leuchtete auf einen großen Kessel im Hintergrund des Raums.
»Das Notstromaggregat ist kaputt«, erklärte er.
Wickley spürte, wie die Wut seine Schläfen erreichte.
»Wir sind einer der wichtigsten Ausrüster der Energieindustrie und haben selbst keinen Strom! Ist Ihnen klar, dass wir uns lächerlich machen?« Seine Stimme hallte zwischen all den Metallkonstruktionen wider.
»Die Notstromversorgung ist – war – für drei Tage angelegt. Wahrscheinlich wurde sie überlastet. Aber der Diesel war ohnehin fast alle«, erwiderte Lueck. »Die Einrichtung einer langfristig autonomen Energieanlage wurde vor drei Jahren abgelehnt. Aus Kostengründen, wenn ich mich recht erinnere.«
Dass der Kerl wagte, ihn darauf hinzuweisen! Leider erinnerte Wickley sich nur zu gut an die Vorstandssitzung, in der sie die fünf Millionen Euro für eine solche Anlage als hinausgeworfenes Geld betrachtet hatten. Nur der Vorstand, in dessen Bereich Sicherheitsfragen fielen, hatte dafür gestimmt. Er war nicht mehr im Unternehmen. Sonst hätte Wickley ihn jetzt fertiggemacht dafür, dass er seinerzeit nicht nachdrücklich genug für das Projekt eingetreten war. Das war schließlich seine Aufgabe als Führungskraft, strategisch wichtige Vorhaben auch gegen Widerstände durchzusetzen. Gut, dass sie sich von dem Versager getrennt hatten.
»Ich habe Ihnen am Samstag die Verantwortung dafür übertragen, wenigstens eine Grundversorgung zu sichern, bis die Stromnetze wieder
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