BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
abgestellt.
»Und wen wollen Sie anzeigen?«
»Unbekannt. Das ist jetzt nicht so wichtig, viel wichtiger ist vorerst, dass Sie einen der Energieversorger informieren. Sie kommen da sicher leichter durch als ich.«
»Ein Verdacht also.« Der Mann sah ihn an, als würde er ihn am liebsten mit einem Tritt hinausbefördern. »Und deshalb soll ich bei Enel anrufen?« Er brüllte los: »Herrschaften, haben Sie nichts Besseres zu tun? Ist Ihnen klar, was da draußen los ist? Die Kollegen schieben alle Überstunden, versuchen, das Verkehrschaos zu entwirren, Einbrecher davon abzuhalten, die Situation auszunutzen, Ordnung auf Bahnhöfen zu schaffen. Wir frieren hier selber, und ich soll einer Verschwörungstheorie nachgehen? Wissen Sie, wie viele Verrückte ich in der vergangenen Nacht hier hatte, die alle wussten, warum der Strom ausgefallen ist? Einer macht Außerirdische dafür verantwortlich, andere die Chinesen, Russen, Amerikaner, Terroristen, Freimaurer, sogar die Regierung, ungewöhnliche Planetenkonstellationen oder überhaupt das nahende Ende! Warum also sollte ich Ihren Quatsch glauben?«
Als der Mann zu schreien begonnen hatte, war Manzano zuerst erschrocken, doch inzwischen wuchs in ihm der Zorn. Mit vernünftigen Argumenten kam er bei dem Kerl nicht weiter. Als der Polizist Luft holte, antwortete er sehr laut und bestimmt: »Aus einem einfachen Grund. Weil ich meine Anzeige jetzt noch einmal vortragen werde und diesmal mitfilme. Damit es einen Verantwortlichen dafür gibt, wenn später gefragt wird, warum die Polizei nichts unternommen hat, obwohl sie informiert war.«
Er zückte sein Mobiltelefon, drückte auf Filmaufnahme und erklärte abermals in wenigen Sätzen, was er entdeckt hatte, nannte Datum, Uhrzeit und Ort. Dann schwenkte er das Gerät auf den Beamten und fragte: »Ihr Name, bitte?«
Der Polizist starrte ihn entgeistert an. Endlich presste er einen Namen hervor.
»Danke.« Manzano schaltete das Gerät ab. »Können wir jetzt weitermachen?«
Hinter sich hörte er Murren. Er ignorierte es. Da bellte eine Männerstimme: »Haben Sie wirklich nichts Wichtigeres zu tun? Mein Wagen ist gestohlen worden!«
Manzano wandte sich dem Krakeeler zu. Ein großer Mann in braunem Mantel, über dessen Kragen fettige Haare hingen.
»Darum soll sich die Polizei kümmern!«, erklärte er mit rauchiger Stimme. »Verschonen Sie den Carabiniere mit Ihrem Unsinn!«
Manzano ließ sich nicht einschüchtern, obwohl der andere sicher doppelt so schwer war wie er.
»Sie wollen also auch dafür verantwortlich sein, wenn die Ursache des Stromausfalls nicht möglichst schnell behoben wird.«
Bevor sein Gegenüber eine Antwort gab, spürte Manzano, wie ihn jemand an den Armen packte und sein Handy aus der Hand riss.
»Dann wollen wir doch einmal sehen«, hörte er hinter sich die Stimme des Polizisten aus der Empfangskabine sagen. Manzano wehrte sich, wollte sich umdrehen, doch ein zweiter Beamter hielt ihn fest. Die beiden mussten aus der Kabine herausgetreten sein, als er von dem Wartenden im braunen Mantel abgelenkt worden war.
»Lassen Sie mich los!«
»Vorsicht! Sonst nehme ich Sie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt fest.«
Manzano brachte seine Wut unter Kontrolle. Hilflos musste er zusehen, wie der Carabiniere auf seinem Telefon herumtippte.
»So«, erklärte dieser schließlich zufrieden. »Da haben Sie Ihr Telefon wieder. Womöglich sind ein paar Daten verloren gegangen, aber besser nur die als das ganze Telefon, nicht wahr? Alfredo, ich glaube, wir können den Herrn jetzt gehen lassen.«
Manzano dachte kurz über eine angemessene Reaktion nach, besann sich eines Besseren, nahm das Handy entgegen, klemmte seinen Laptop unter den Arm und verließ ohne ein weiteres Wort die Polizeistation.
Auf der Straße hatte der Morgenverkehr eingesetzt. Noch immer zitternd vor Empörung stürmte Manzano den Bürgersteig entlang auf der Suche nach einem Taxi. Zwei Straßen weiter konnte er schließlich eines herbeiwinken.
Kaum war Manzano eingestiegen und hatte ihm die Adresse von Enel genannt, schimpfte der Mann los. Weil die öffentlichen Verkehrsmittel stillstanden, waren alle Straßen in der Stadt verstopft.
»Ist doch gut für Sie«, erwiderte Manzano. »Heute braucht jeder ohne Auto ein Taxi.«
»Aber sehen Sie sich den Verkehr an! Ich komme ja kaum weiter. Mehr Fahrten als sonst mache ich da auch nicht. Und den Preis erhöhen darf ich nicht. Obwohl ich schon von Kollegen gehört habe, die unsere Situation
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