BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
der anderen Seite brauchen wir alle Erkenntnisse über mögliche Manipulationen aus den einzelnen Staaten. Seien es die Probleme mit den Kraftwerken oder der Ausfall der Leitstellen in Frankreich und den anderen Ländern.«
Bollard blickte noch einmal in die Runde: »Sorgen Sie bitte dafür, dass wir alle neuen Informationen zeitnah erhalten. Wir bündeln sie dann in unserem Analyseteam und verteilen sie wieder an die anderen nationalen Behörden.«
»Wenn das die Öffentlichkeit erfährt«, stöhnte ein Mann links von Manzano.
»Das wird sie vorläufig nicht«, sagte Bollard mit Bestimmtheit.
Vor dem Besprechungsraum wartete Manzano auf Bollard.
»Meinen Sie das ernst?«, fragte er ihn.
»Was?«
»Dass die Menschen nicht darüber aufgeklärt werden, worauf sie sich einstellen müssen.«
»Die Bevölkerung wird erfahren, dass der Ausfall noch ein paar Stunden oder in einigen Gebieten wenige Tage anhalten kann. Informationen über einen Angriff könnten eine Panik auslösen.«
»Aber es werden nicht wenige Tage in ein paar Gebieten sein!«
»Die Behörden in ganz Europa sind bereits dabei, Vorkehrungen zu treffen. Solche Situationen wurden trainiert. Denken Sie daran, dass alles, was wir hier besprechen, absoluter Geheimhaltung unterliegt.«
»Natürlich«, antwortete Manzano, ohne seine Missbilligung zu verbergen.
Bollard musterte ihn eindringlich, dann schlug er die Richtung zu seinem Büro ein.
Manzano folgte ihm. Er musste einen Gedanken noch loswerden.
»Die Software für Betrieb und Steuerung von Stromnetzen und Kraftwerken ist erstens sehr komplex und zweitens ausgesprochen spezialisiert. Weltweit gibt es nur wenige Unternehmen, die solche Systeme überhaupt liefern können. Stuxnet wurde bereits angesprochen. Wäre es ein Problem, eine Liste aller Kraftwerke, Netzbetreiber und anderer Energieunternehmen mit Problemen und deren jeweiligen Softwarelieferanten aufzustellen?«
Unaufgefordert folgte er Bollard in dessen Büro.
»Einfach wird es sicher nicht. Und vermutlich auch nicht so übersichtlich, wie Sie sich das erhoffen. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Das weiß ich noch nicht.«
Bollard betrachtete ihn mit einem skeptischen Blick.
»Mein Verdacht ist sehr vage«, erklärte Manzano. »Wenn ich wenigstens aus ein paar Ländern einige Daten bekommen könnte, wäre mir schon sehr geholfen.«
Bollard nickte. »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Paris
Natürlich funktionierte der Fahrstuhl in Shannons Haus ebenso wenig wie die öffentlichen Verkehrsmittel. Erschöpft stieg sie die Treppen zu ihrer Wohnung hoch. Wenigstens wurde ihr dabei wieder warm.
Zwei Stunden war sie zu Fuß von der Redaktion bis hierher unterwegs gewesen. Ein paar Aufnahmen mit der kleinen Handycam hatte sie gemacht, bis der Akku fast leer war.
Oben angekommen sah sie Koffer und Taschen vor der Tür ihrer Nachbarn. Bertrand Doreuil stellte gerade noch ein Gepäckstück dazu. Vor seiner Rente war der große, magere Mann mit dem schütteren grauen Haar führender Beamter in einem Ministerium gewesen, das wusste Shannon. Sie kannte ihn als amüsanten Gesprächspartner und hilfsbereiten Nachbarn.
»Guten Abend, Monsieur Doreuil. Flüchten Sie?«, fragte sie lachend. »Kann ich verstehen.«
Doreuil sah sie irritiert an.
»Äh, nein. Wir besuchen für ein paar Tage die Schwiegereltern meiner Tochter.«
»Ihre Frau hat nichts davon erzählt.«
»Äh, sie haben uns spontan eingeladen.«
Shannon beäugte das Gepäck. Für sie sah das nicht nach ein paar Tagen, sondern mindestens nach einer Weltreise aus.
»Da haben Sie aber eine Menge Gastgeschenke mit«, meinte sie. »Hoffentlich gibt es an Ihrem Ziel Strom.«
Hinter ihm erschien seine Frau.
»Hach, die Bollards heizen mit Holz, wenn es sein muss. Und wenn wir was essen wollen, schlachten sie einfach ein Huhn aus dem Stall«, scherzte sie.
Ihr Mann lächelte säuerlich.
»Ich komme gerade von einer Pressekonferenz, in der ein Verantwortlicher erklärte, dass bald alles wieder läuft.«
»Wird es sicher auch«, flötete Madame Doreuil.
»Das behauptete der Mann allerdings vor dem neuerlichen Ausfall. Wollte nicht Ihre Tochter mit ihrer Familie zu Besuch kommen?«
»Ach ja, sie mussten die Reise wegen der Stromausfälle verschieben. Und mein Schwiegersohn kann Den Haag zurzeit nicht verlassen.«
Ihr Mann warf ihr einen strengen Blick zu. Annette Doreuil lächelte ihn unsicher an und wandte sich dann wieder an Shannon: »Ah, könnten Sie so lieb sein und nach
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