BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Schwiegereltern in Paris«, erwiderte sie. In Manzanos Ohren klang sie wie eine US -Amerikanerin.
»Was tun Sie hier?«
»Das ist ein Hotel. Ich suche ein Zimmer.«
»Ich fürchte, das Haus ist voll.«
»Und was tun Sie hier? Sie sind nicht von Europol? Oder warum wohnen Sie hier?«
»Im Moment haben sich viele Ersatzquartiere besorgt, wenn sie die Chance dazu hatten. Dieses Hotel hier hat eine funktionierende Notstromversorgung. Ich meinte aber: Was machen Sie in Den Haag?«
»Ich bin Journalistin. Ich habe mitbekommen, wie Bollards Schwiegereltern gestern Nachmittag fluchtartig Paris verließen. Ich glaube nicht, dass die Schwiegereltern des Terrorverantwortlichen bei Europol so eine Reise zufällig während des größten Stromausfalls in der Geschichte Europas unternehmen. Bollard wollte mir nichts sagen.«
»Sie sind mir von Europol hierhergefolgt.«
»Ich muss wissen, was los ist. Ich habe deshalb die ganze Nacht in einem Bus verbracht.«
»So sehen Sie auch aus.«
»Wie charmant, danke.«
Sie war eine kleine, schlanke Person mit einem runden Kopf und halblangen brünetten Haaren. Die Augen blitzten frech, der kleine Mund verriet Entschlossenheit.
»Die ganze Nacht im Bus? Und kein Zimmer? Haben Sie schon gefrühstückt?«
»Ein paar Schokoriegel.«
Manzano ging zum Portier.
»Ist noch ein Zimmer frei?«
»Nein«, antwortete der Mann.
Manzano wandte sich wieder zu der jungen Frau.
»War zu erwarten. Das wird ungemütlich für Sie. Sie sollten den nächsten Bus nach Hause nehmen.«
»Dort gibt es auch keinen Strom.«
»Aber ein Dach über dem Kopf.«
Die junge Frau zuckte mit den Schultern.
»Haben Sie auch einen Namen?«, fragte Manzano.
»Lauren Shannon.«
»Das klingt nicht französisch.«
»Ich bin Amerikanerin.«
»Eine Amerikanerin in Paris, wie hübsch. Fehlt nur noch, dass Sie wie Gene Kelly tanzen.«
»Da muss ich Sie enttäuschen. Und Sie?«
»Piero Manzano.«
»Auch kein Franzose.«
»Ich bin Italiener.«
»Ein internationales Städtchen, dieses Den Haag.«
»Eine ganze Nacht im Bus«, bemerkte Manzano. »Sie haben sicher Lust auf eine Dusche.«
»Und wie!«, seufzte sie.
»Dann kommen Sie. Ich lade Sie auf eine ein.«
Sie beäugte ihn misstrauisch.
Manzano musste lachen.
»Nicht was Sie denken! Ich esse lieber mit sauberen Personen zu Mittag. Sie haben doch sicher Hunger.«
Ihr Blick blieb zögerlich.
Manzano wandte sich zu den Treppen.
»Wie Sie wollen. Dann wünsche ich Ihnen noch viel Erfolg.«
Er begann die Stufen hinaufzusteigen.
»Warten Sie!«, rief die Amerikanerin.
Manzano hielt inne, bis sie ihn eingeholt hatte.
»Sie haben nichts zum Grund meiner Reise nach Den Haag gesagt.«
»Was soll ich sagen?«
»Ob ich recht habe.«
»Womit?«
»Dass hinter den Stromausfällen mehr steckt als menschliches Versagen oder technische Gebrechen.«
»Warum sollte ich das wissen?«
»Weil Sie mit Bollard unterwegs waren.«
»Sie werden so hartnäckig bleiben, nicht wahr?«
»Das ist mein Job.«
»Und mein Job unterliegt einer Geheimhaltung. Selbst wenn ich etwas wüsste, dürfte ich es nicht sagen.«
»Das heißt, Sie wissen etwas.«
»Hier ist mein Zimmer.«
Manzano hielt die Plastikkarte gegen das elektronische Schloss. Ein grünes Lämpchen leuchtete auf, es knackte, und die Tür ließ sich öffnen. Manzano fragte sich, was mit diesen Schlössern geschah, wenn der Notstrom nicht mehr floss.
Shannon stellte ihren Seesack im Flur ab.
»Nehmen Sie Ihre Dusche«, sagte Manzano, »dann gehen wir unten Mittag essen. Ein Luxus in einer Situation wie dieser.«
Während seine neue Bekanntschaft im Bad zugange war, stapelte Manzano seine Einkäufe in den Schrank. Dann las er im Internet die neuesten Nachrichten. Das Hotel besaß wie Europol eine besondere Leitung, die direkt mit dem Backbone des Internets verbunden war, welches nach wie vor gut funktionierte. Erste Gerüchte waren aufgetaucht, über Polizeieinsätze in Italien und Schweden, die mit den Stromausfällen in Zusammenhang stehen sollten. Ein paar Experten äußerten bereits Zweifel, dass die Stromausfälle auf die üblichen Ursachen zurückzuführen waren. Von offiziellen Stellen gab es dazu keine Kommentare. Manzano fand diese Strategie nicht richtig. Die Regierungen wussten mittlerweile, dass es sich um einen Angriff handelte. Ihnen musste klar sein, dass weite Teile der Bevölkerung womöglich noch tagelang ohne Strom auskommen mussten.
Shannon kam aus dem Bad, im Bademantel, rubbelte sich
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