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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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Die
wahre
Geschichte.« Seine Augen glänzten. Er war völlig aus dem Häuschen angesichts der sich bietenden Möglichkeiten. »Vielleicht hast du es
nicht
getan. Vielleicht
ist
jemand in dein Haus eingebrochen. Vielleicht
gibt
es hier eine
Gaslight
-Verschwörung, um dich völlig in den Wahnsinn zu treiben. Wir lesen keine Bücher über die neunhundertneunundneunzig Fälle, in denen die Dinge so laufen wie erwartet. Wir lesen über das eine Mal, wo sie schieflaufen. Oder seltsam. Oder außergewöhnlich. Und es deutet einiges darauf hin« – er zeigte mit dem Finger auf mich –, »dass das hier der Fall sein könnte.« Er starrte mich an, aber bevor ich etwas erwidern konnte, redete er schon weiter. »Das ist dein
Leben.
Was hast du seit deiner Heimkehr getan, um den Dingen auf die Spur zu kommen?«
    »Ich habe mich im Haus umgesehen und habe meine Mails und meinen Palm gecheckt, um zu sehen, ob ich vielleicht irgendwelche Puzzleteilchen zusammenfügen kann. Ich habe mit …«
    »Oh, das ist ja alles sehr fesselnd. Hast du auch schön geschmollt? Und im Dunkeln Saxophon gespielt?«
    Mein Gesicht brannte. »Ich habe versucht, das Schmollen auf ein Minimum zu reduzieren, aber ja, wahrscheinlich habe ich ein wenig geschmollt. Gemäßigte Dunkelheit. Aber keine stimmungsvollen Blasinstrumente.«
    »Was hast du heute gemacht?«
    »Die Post aufgemacht. Und Yams gegessen.«
    »Du hast Yams gegessen?«
    »Bei Chic.«
    Er warf die Hände in die Luft, als wäre damit alles klar. »Willst du Fortschritte machen oder willst du dich weiter in deinen Ärger verkriechen?«
    Ich überlegte einen Moment. »Ich will mich weiter in meinen Ärger verkriechen.«
    »Was würde Dirk Grübchenkinn tun?«
    Preston hat mehrere unschmeichelhafte Spitznamen für Derek Chainer. Das ist das Gute an Verlegern. Ihr Witz.
    »Dirk Grübchenkinn ist ein Detective im Morddezernat«, antwortete ich. »Er hat durch seine offizielle Funktion ganz andere Möglichkeiten. Ich habe gar keine Möglichkeiten.«
    »Also bitte! Du bleibst mir hier ja im ersten Akt stecken, du bringst die Handlung einfach nicht voran. Das kannst du doch besser! Du musst mit deinem Plot arbeiten. Sonst arbeitet der Plot mit dir.«
    »Das hier ist keine beschissene Geschichte.«
    Er lehnte sich vor und zeigte mit dem Finger auf den Boden. »
Alles
ist eine beschissene Geschichte. Und diese Geschichte hier lässt du einfach dahinschmachten. Du musst jetzt die Haustür eintreten, volle Kanne rein in den Plot, mitten rein in die Geschichte. Du musst
reagieren.
Du musst
agieren.
Aber für den wahrscheinlichen Fall, dass du das nicht tust, musst du zumindest aufklären, was hier passiert ist. Es sei denn, du hast Angst.« Sein Blick heftete sich auf mich, wahrscheinlich hatte er gemerkt, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. »Es ist die Aufgabe eines Schriftstellers, vielleicht sogar seine wichtigste, keine Angst vor den Möglichkeiten zu haben.«
    »Ich
habe
aber Angst.« Bevor ich es mich sagen hörte, war mir das gar nicht klar gewesen. Ich hatte Angst vor dem, was ich entdecken könnte, und diese Angst hatte mich am Handeln gehindert.
    Wir waren jetzt mitten in den »Gefühlen des Schriftstellers«, ein unangenehmes Terrain für Preston. Er brach den Augenkontakt ab, griff nach dem Trageriemen seiner Tasche, und seine ganze Intensität war mit einem Schlag verdunstet. Er stand auf und klopfte sich die Hose ab. »Ich hasse es, so widerlich nach L.A. zu klingen, aber ich muss jetzt zum Bikram Yoga.«
    »Yoga mit den Muppets?«
    »In einem heißen Übungsraum. Vierzig Grad.« Preston, der Meister des letzten Wortes, blieb noch einmal auf der Schwelle zum Wohnzimmer stehen. Sein Gesichtsausdruck war jetzt ganz ernst. »Dirk Grübchenkinn würde sich so etwas nicht bieten lassen.«
    Leise ging die Haustür hinter ihm zu und klickte ins Schloss.
    Ich hatte mir nie ausgemalt, dass die Freiheit sich so einengend anfühlen konnte. Wenn ich verurteilt worden wäre, hätte ich immerhin reißerische Knastgeschichten gehabt, stoische letzte Worte, bevor sie mich auf den Stuhl schnallten. In einer Sache hatte Preston allerdings recht: Momentan steckte ich in einer erzählerischen Sackgasse fest. Ich erwog meine Optionen. Keine schien mir sonderlich attraktiv, also stapfte ich ins Obergeschoss, wobei mir Prestons Worte bei jedem Schritt schwerer auf der Seele lasteten. Wo soll man hin, wenn der Fall abgeschlossen ist und das Gericht, die Polizei, die Presse, die Öffentlichkeit und

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