Blackout
an unseren Presse- und Informationsbeauftragten weitergereicht. Und an wem bleibt die Sache dann hängen? Unser Pressesprecher bittet natürlich mich, Ihnen ab und zu ein bisschen zu helfen. Ich lasse Ihnen das Gefühl, dass Sie sich ein bisschen auskennen, weil Sie die richtigen forensischen Fachausdrücke benutzen und ein paar Polizistenfreunde haben, die sich für Ihr Geld und Ihren Scheiß mit dir treffen. Ich nehm Sie mit auf ein paar Fahrten. Ich lache über Ihre Witze. Sie zahlen die Rechnung, wenn wir essen gehen, und nehmen mich ab und an zu einer Vorpremiere mit. Sie haben ein Haus mit einer netten Terrasse, auf der man gut eine Zigarre rauchen kann. Darum dulde ich Sie.«
Cal setzte seine Sonnenbrille auf, um zu signalisieren, dass er jetzt aufbrechen wollte. Mein Spiegelbild in den Brillengläsern sah bekümmert und dümmlich aus.
»Sie sind jetzt ein Mörder«, sagte Cal. »Was bedeutet, dass ich nicht mehr so tun muss, als würde ich Sie mögen. Und Ihnen auch nicht mehr helfen muss.« Ich musste einen Schritt zurücktreten, damit er aufstehen konnte. Sam wirkte so beeindruckt, als wäre dies das Coolste, was er in seinen ganzen fünfzehn Jahren miterlebt hatte.
»Ich finde, Kerle wie Sie sind Arschlöcher, die andere Leute ausnützen«, fuhr Cal fort. »Sie denken sich Terroristenkomplotte und Serienmörder aus und machen sich die Ängste der Menschen zunutze und können davon auch noch bestens leben. Passiert auf dieser Welt nicht schon genug Scheiße, ohne dass Sie Verbrechen noch glorifizieren müssen? Sie haben ein bisschen auf der dunklen Seite herumgespielt, und jetzt gefällt Ihnen plötzlich nicht mehr, was Sie sich dabei an die Backe geholt haben. Geht mich aber nichts mehr an. Nicht mehr.«
»Okay«, unterbrach ich. »Sind Sie jetzt fertig mit dem Posing vor dem neuen Kollegen?«
»Fürs Erste, ja.«
»Dann können wir jetzt einfach mal so tun, als würden wir das Konzept für den einstündigen Film vergessen, das Sie mir neulich vorgeschlagen haben. Sie wissen schon, das Drehbuch mit dem Detective, der zu viele Überstunden macht, während er den – war es nicht der ›Mörder mit dem roten Handschuh‹? – sucht, und seine Frau versteht ihn einfach nicht?«
Cal rempelte gegen meine Schulter, als er sich an mir vorbeischob. Sam wirkte besorgt und war unsicher, ob er ein toughes Gesicht aufsetzen und mir die Meinung geigen oder seinem Pfadfindergruppenleiter hinterherlaufen sollte.
»Die Jungs vom Morddezernat sind viel zu sehr mit ihrem Größenwahn beschäftigt, als dass sie sich die Morde noch einmal unvoreingenommen ansehen könnten«, rief ich Cal nach.
Er drehte sich um und zog mit einer grimmigen Grimasse den linken Mundwinkel herab. »Kaden und Delveckio? Mein lieber Schieber, nichts wäre mir lieber, als es diesen netten kleinen Detectives vom Morddezernat mal so richtig zu zeigen. Wenn ich doch nur einen verrückten Romanschreiber wüsste, der mir die richtigen Tipps gibt.«
Abgesehen von seinem Sarkasmus – er hatte immerhin den Fall verfolgt, wie ich vermutet hatte.
Ich zog die Blätter hervor, die ich mir zusammengerollt in die Hosentasche gesteckt hatte, und hielt sie ihm hin. »Hier ist der Fall, wie er sich nach dem heutigen Kenntnisstand darstellt. Aus
meiner
Perspektive. Wenn Sie schlau und ehrgeizig wären, wäre Ihnen jetzt klar, dass Sie hiermit exklusiven Zugang zu einer wichtigen Ermittlung bekommen.«
»Ich bin weder schlau noch ehrgeizig.« Aber der Blick, mit dem er das Papierbündel in meiner Hand anstarrte, war ein bisschen zu hungrig für jemand, der gerade einen doppelten Burger verzehrt hat.
»Nehmen Sie’s trotzdem mal mit. Es sind nur zwölf Kapitel. Sie können es ja durchlesen, während Sie im Schaumbad sitzen. Irgendwann demnächst werde ich Sie dann wegen der einen oder anderen Sache nerven, und bis dahin sollten Sie Ihre Hausaufgaben lieber gemacht haben. Damit Sie dumm genug aus der Wäsche gucken können, wenn wir Zigarren rauchend auf meiner schönen Terrasse sitzen und Ihnen aufgeht, was für falsche Schlüsse Sie so gezogen haben.«
Ich klopfte Sam mit den zusammengerollten Blättern vor den Brustkorb, und er ergriff sie mit verdattertem Gesichtsausdruck. Bevor er sie mir nachwerfen konnte, marschierte ich hinaus.
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13
I ch lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch. Meine Augen waren müde, nachdem ich mich stundenlang auf Verhandlungsprotokolle, unleserliche Unterschriften auf
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