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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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zurück. Preston und ich stürzten uns schnell auf unser Essen, um unser Grinsen vor Chic zu verbergen. Als der Hauptgang kam, waren meine gute Laune und mein Appetit wieder da, und ich genoss eine Weile einfach nur meine Agnolotti mit Mascarpone.
    Als ich aufblickte, betrachtete Chic gerade die Fotos vom Tatort. Das oberste, das wahrscheinlich als Erstes aufgenommen worden war, zeigte Kasey Broach in einer friedlich anmutenden Ruhehaltung. Ihr Körper, den noch kein Polizist oder Mitarbeiter der Spurensicherung angefasst hatte, sah aus, als wäre er von einem anspruchsvollen Designer bewusst so in dieser Umgebung arrangiert worden. Ihr nacktes Fleisch und der weiße Überzug aus Vogelscheiße auf der Motorhaube des Autowracks dahinter waren die einzigen Lichtflecken in dieser dunklen Szenerie.
    »Wo hast du die eigentlich her?«, erkundigte sich Chic.
    Ich hatte ganz vergessen, sie zu erwähnen, als er mich vom Parker Center abgeholt hatte. Jetzt erzählte ich ihm also, dass ich sie aus dem Verhörzimmer hatte mitgehen lassen.
    Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus, dann drehte er einen Abzug auf die Seite und bewunderte das Werk des Graffitikünstlers auf der Unterseite der Auffahrtsrampe. »Da war aber ein echter Sprayer am Werk.«
    »Ich finde, wir sollten uns auf die Leiche konzentrieren«, sagte Preston.
    Chic zog ein weiteres Bild aus dem Stapel. Darauf sah man ein paar Polizisten, die in der Nähe des ramponierten Maschendrahtzauns standen oder kauerten. Auf diesem Foto bildete das Absperrband bereits ein Sechseck um die Leiche. Am Graffito im Hintergrund klebten Federn. Das Blitzlicht ließ die Scherben der zerbrochenen Bierflaschen aufglänzen.
    »Schaut doch mal hier«, sagte Chic. »Unsere erste richtige Spur.«
    Preston sah ihm über die Schulter und zuckte die Achseln.
    »Das erzählt uns eine Geschichte, du Geschichtenerzähler, du liest sie bloß nicht.«
    Ich griff mir das Foto und musterte es eingehend. »Ich sehe nichts.«
    Chic stand auf und zog mich mit sich. »Dann werde ich’s dir zeigen.«

[home]
    15
    K ein mit Kreide nachgezeichneter Umriss eines Körpers, kein Blutfleck, keine Überbleibsel des Absperrbands erinnerten an die Leiche, die hier vor weniger als zweiundsiebzig Stunden noch gelegen hatte. Nur der bröckelige Asphalt, das heruntergekommene Coupé und Chic und ich. Über unseren Köpfen brummten die Autos über die Autobahn. Der Boden roch nach Urin und Bier. Die Sonne ging gerade unter und Rampart war nicht unbedingt die Gegend, in der man sich nach Einbruch der Dunkelheit aufhalten wollte. Chic breitete die Arme weit aus.
    »Woa-laaa.«
    »
Was
woa-laaa?«
    Chic deutete auf die Wolke aus kunstvoll aufgesprühter Farbe, die auf der Unterseite der Auffahrt leuchtete. Der Künstler hatte die Proportionen seines Werks so verzerrt, dass sich die Perspektive an die aufsteigende Betonwand anpasste. Wenn man es von vorne betrachtete, sah die Perspektive völlig korrekt aus. Trotzdem war ich nicht ganz sicher, was es darstellen sollte. Explosionen und Beulen und bauchige Buchstaben, alles beeindruckend dreidimensional. Das Werk war unvollendet geblieben, die rechte Hälfte verlief sich auf dem grauen Beton. Am unteren Rand klebten Federn in der mittlerweile getrockneten Farbe.
    »Oh«, sagte ich.
»Oh.«
    Ich folgte Chic, der an einer heruntergetrampelten Stelle über den Maschendrahtzaun stieg.
    »Die Polizisten sind gekommen, so schnell sie konnten, stimmt’s?«, sagte er. »Und die Spurensicherung auch, oder?«
    »Das hat man mir zumindest so erzählt. Er war gerade in der Nähe und hat sich einen Burrito genehmigt.«
    »Die Streife sieht die Leiche. Der Typ von der Spurensicherung schießt das Foto und hält damit fest, wie das Ganze ausgesehen hat, bevor alle anrücken und die ganzen Beweise und so zertrampeln. Und was machen sie danach als Erstes?«
    »Den Tatort absichern.«
    »Den Tatort absichern. Was bedeutet, dass sie diesen Schatten hier absuchen.« Er bückte sich in den dunklen Spalt an der Stelle, wo die Auffahrt in einem spitzen Winkel vom Boden aufstieg, und schreckte damit prompt eine Schar Tauben auf, die sich zum Schlafen auf die Stützpfeiler gesetzt hatten. Sie flatterten aufgeregt hin und her und durchbrachen die Stille. Chic stolperte zurück zu mir, wobei er mit den Armen wedelte, um die Tauben abzuwehren, die ihm um den Kopf schwirrten. Mit so einer heftigen Reaktion hatte er nun auch wieder nicht gerechnet. Sein hastiger Rückzug schmälerte die

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