Blackout
reuig oder aufgeregt klang. Wahrscheinlich von beidem ein bisschen.
Ich sagte gar nichts. Manchmal weiß ich auch, wann ich meine Klappe halten muss.
Lloyd dachte ein paar Sekunden nach, dann griff er in seinen Kasten und entnahm ein Stück transparente Klebefolie in der Größe eines kleinen Handys, mit der er den sichtbar gemachten Fingerabdruck abnehmen konnte. Er zog den Schutzstreifen von der Klebefläche und drückte die Folie auf der Stelle an, wo er den Fingerabdruck mit seinem Pulver bestreut hatte. Dann verschwand er im hinteren Teil seines Hauses und kam mit einer Digitalkamera zurück. Nachdem er den Abdruck auf der Klebefolie fotografiert hatte, lud er das Bild auf seinen Laptop. Als er den Laptop schräg von mir wegdrehte, um das Passwort einzugeben, fühlte ich eine Welle der Erregung in mir aufsteigen. Wir loggten uns jetzt in die Datenbank mit den registrierten Fingerabdrücken ein.
Schweigend wartete ich, während er auf der Tastatur herumtippte. Überall, wo ich hinsah, lächelte mich Janice’ Gesicht an. Ein boshaftes Dorian-Gray-Umkehrspiel – diese ganze Gesundheit, unter Glas bewahrt, während die wirkliche Person in einem Hinterzimmer vor sich hin schmachtete.
Lloyds Augenbrauen schnellten zitternd in die Höhe. Ich widerstand meinem Drang, ihn zu fragen, und schließlich drehte er den Laptop zu mir herum. Ein Verbrecherfoto starrte mich traurig an, ein Typ mit tiefliegenden Augen, beginnender Glatze und kantigem Kiefer. Richard Collins. Laut Geburtsdatum war er einunddreißig, aber er sah mindestens zehn Jahre älter aus. Zweimal hatte er wegen Eigentumsdelikten gesessen, seitdem war er nicht mehr straffällig geworden.
Mein erster Blick auf Genevièves oder Kasey Broachs eventuellen Mörder. Ich war enttäuscht, dass Collins nicht beeindruckender aussah – er wirkte eher wie ein Handwerker, der seine Arbeit in deinem Haus schlampig erledigt und dem es dann auch egal ist, wenn du ihm hinterher kein Geld dafür gibst.
»Kommt dir der Kerl irgendwie bekannt vor?«, wollte Lloyd wissen.
Dieselbe Frage hatte ich mir auch schon gestellt. War mir Richard Collins begegnet, als ich in meinem Leben noch auf Rosen gebettet war? War ich mal mit seiner Schwester ausgegangen? Hatte ich ihn an einer Cocktailbar abgedrängt?
»Ich weiß nicht. Ich erkenne ihn nicht wieder.«
»Tja, wenn er wirklich versucht, dir ein Verbrechen anzuhängen, dann kannst du mit Sicherheit davon ausgehen, dass er
dich
sehr wohl wiedererkennt.«
»Und jetzt?«
»Das übergibst du jetzt einem von den Detectives.«
»Kannst du das nicht in die Hand nehmen?«
»Wir sind hier nicht im Fernsehen. Nicht der Mann von der Spurensicherung löst den Fall. Selbst, wenn ich
nicht
völlig überlastet wäre, würde ich es nicht tun.« Lloyd legte die Klebefolie für die Fingerabdrücke und eine CD mit dem Digitalfoto des Abdrucks in eine verschließbare Tüte und sagte: »Ab hier kann jetzt jeder andere übernehmen. Und erzähl ihnen bloß nicht, dass ich den Abdruck für dich überprüft habe, sonst haben mich die Jungs nämlich am Arsch.«
Als wir hinausgingen, wirkte sein Gang, als wäre ihm ein wenig leichter zumute. Trotz der Vorbehalte, mit denen er meine Aufregung hatte dämpfen wollen, verspürte er sehr wohl dieses Hochgefühl, wenn er einen Verdächtigen einkreiste. Ich kriegte ihn doch jedes Mal wieder herum mit meinen selbstsüchtigen Anfragen.
Unter meinen Schuhen knirschte der Kies der Auffahrt.
»Viel Glück, Drew«, rief er mir hinterher. Sein Ton war untypisch fröhlich, aber als ich mich umdrehte, hatte sich die Tür bereits wieder hinter ihm geschlossen.
[home]
17
D as ist ein Fingerabdruck, der von einem Beweisstück abgenommen wurde. Das wiederum am Tatort des Kasey-Broach-Falls gefunden wurde. Der Abdruck gehört zu einem Vorbestraften, Richard Collins. Ich als freier Bürger nehme mir jetzt das Recht, ihn zu Hause aufzusuchen und ihm ein paar Fragen zu stellen. Ich glaube, Sie sollten mich begleiten.«
Cal starrte mich durch seine Fliegengittertür an. Aus seinem Mundwinkel hing eine Zigarette. Er trug ein Muskelshirt, das seine massiven Schultern zur Geltung brachte. Diese Calvin-und-Hobbes-Tätowierungen waren wahrscheinlich eine richtig tolle Idee gewesen, als er achtzehn Jahre alt und stockbetrunken gewesen war. Die Klebefolie mit dem Abdruck und die CD , die in der durchsichtigen Tüte für Beweisstücke zu sehen waren, wirkte wesentlich weniger dramatisch als die Spago-Tüte für
Weitere Kostenlose Bücher