Blackout
was ich mit meinen Eiern machen soll, wenn ich dann obendrein noch drei Riesen dafür kriege, würde ich es sofort machen«, bestätigte ich.
Er musste lachen. »Wollen Sie was kaufen?«
»Nein, ich möchte Ihnen nur eine kurze Frage stellen.« Ich faltete einen Abzug des Fotos auseinander, auf dem das Graffito an der Unterseite der Autobahnauffahrt zu sehen war. Ich hatte alle Register gezogen, hatte das Graffito so stark wie möglich vergrößert und herangezoomt, so dass man auch die Leiche nicht mehr sah.
Bishop warf einen Blick darauf und sagte: »Ich war’s nicht.«
»Dieses Gefühl kenne ich nur zu gut«, erwiderte ich, »aber wir sind nicht von der Polizei und auch keine Staatsanwälte, und es ist uns völlig egal, dass das hier illegal ist.«
»Nein, ich hab gemeint, dass
ich
das nicht war.« Er machte eine Geste, die all die Fotos an den Wänden einschloss. »Sehen Sie diesen 1 - 0 - 3 -Tag? Immer rechts unten in der Ecke?«
Ich sah die Fotos genau an.
Tatsächlich traten die drei Ziffern irgendwann hervor, fast wie in diesen Postern, die man zwanzig Minuten lang anblinzeln muss, bis man entweder mit einem 3 -D-Bild oder einer Migräne belohnt wird.
»Das ist mein Tag, weil ich in der 103 . Straße in Watertown groß geworden bin.« Bishop tippte auf das Foto in meiner Hand. »Und hier ist nirgends eine eins-null-drei. Außerdem benutze ich weder Amazonasgrün noch Metallicrosa. So was hat Bishop nicht auf seiner Palette. Das ist ein Anfänger, der mich kopiert.«
»Können Sie das dem Weißen bitte genauer erklären?«
»Ich bin ein berühmter Künstler. Deswegen habt ihr mich ja auch gefunden. Aber das hier ist von einem Anfänger, der gerade seinen Weg macht. Er hat mein Zeug kopiert.«
»Können Sie erkennen, wer dieses Graffi…«
Chic unterbrach mich: »Aerosol-Kunst?«
»Natürlich. Hier steht doch sein Name, Blödmann.« Bishop zeigte auf die Ecke oben links. Versteckt hinter Farbwolken und Blasen waren zwei Buchstaben zu erkennen, in abstrakter Hyperkalligraphie:
WB .
»West Manchester Boulevard, das ist die Gegend, wo er aufgewachsen ist. Inglewood. Junior macht gute Arbeit, vor allem auf Autobahnauffahrten und Lagerhallen. Keine Schattenlinien und nichts von dieser Airbrush-Scheiße. Außerdem macht er immer so einen kleinen Schnörkel an seine Qs.«
Er sprach den Namen spanisch weich aus:
Chun-jor.
»Ein Mexikaner?«, erkundigte sich Chic.
»In der Graff Community kümmern wir uns nicht um Rassenfragen. Uns geht’s nur um die
Kunst.
«
»Wissen Sie, wo wir ihn finden können?«
»Ja. Der Junge hat mir mal Fanpost geschickt.« Bishop zockelte zu seinem kleinen Metallschreibtisch hinüber und wühlte in den Schubladen, dass die Schokoriegelverpackungen nur so zu Boden segelten. Schließlich fischte er einen zerknitterten Brief aus einer Schublade mit lauter Schriftstücken.
In dem Kuvert steckte auch ein Polaroidfoto von einer Tür an einer Lagerhalle, die in ein gespraytes Wunderland verwandelt worden war. Der Brief lautete:
Lieber Bish,
ich find du bist echt der allergrößte. Hier ist ein Piece von mir daß ein bisschen wie dein Piece auf der roten U-Bahn-Linie aussiet. Es ist nicht so gut aber irgendwann kann ichs hoffentlich auch so gut wie du. Wenn ich groß bin will ich das weiße Haus ansprühen voll auf die Seulen. Hahaha. Vielleicht kann ich dich mal besuchen wenn meine Bewehrungsfrist vorbei ist und du kannst mir dann ein paar coole Storys erzälen. Du bist echt der geilste von allen!
Junior Delgado
Ich drehte den Umschlag um. Die Adresse lautete Hope House, West 6 th Street. Ich zog meinen Kugelschreiber hinterm Ohr hervor und notierte mir die Anschrift in mein in schwarzes Leder eingebundenes Detektiv-Notizbuch, das mir Cal vor Jahren geschenkt hatte.
»Ich muss jetzt los, ich bin im Restaurant mit einem Großhändler verabredet«, sagte Chic. »Glaubst du, du kannst Junior einen Besuch abstatten, ohne dass dir dabei ein großer Neger Händchen hält?«
»Weiß nicht.« Ich sah Bishop an. »Wollen Sie mir vielleicht Händchen halten?«
Bishop grinste. »Ich bin schon vergeben.«
[home]
19
E in Typ mit Gang-Tattoos auf der Kehle raste in seinem Rollstuhl die Rampe herunter und steuerte auf den Van zu, der neben meinem Auto parkte. Aus dem Auto hatte ich Preston angerufen, und er hatte Hope House für mich ergoogelt. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um eine Anstalt, in der Jugendliche unter Aufsicht ihre Bewährungsfrist verbrachten – so
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