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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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erschaffen.
    Winzige Finger, die nicht einmal Dr. Crow in seinem Vergrößerungsglas erkannt hätte und die sich mit aberwitziger Geschwindigkeit bewegten.
    Erst zum Schluss hatten sie ihr ihren Körper zurückgegeben.
    Das Mädchen blickte zum Horizont, wo der Morgen dämmerte, und wandte sich dann zum Grab zurück. Das Loch, aus dem man sie gezogen hatte, bot zwar schützenden Schatten, aber der Gestank war nahezu unerträglich. Sie hatte die anderen Leichen auf ihrem Weg in die Freiheit beiseiteschaufeln müssen. Auf der Flucht vor dem Grundwasser, das sie schwächte, hatte sie nach trockener Erde gesucht und sich nach oben, Richtung Oberfläche gegraben.
    Dann waren die Männer aufgetaucht.
    Trotz der Feuchtigkeit kroch das Mädchen in die Grube zurück und schüttete Erde über sich. Sie dachte nichts, wusste nichts, empfand nichts als unbezwingbare Furcht vor dem Tageslicht. Früher hätte sie sich vor dem Grab gefürchtet, dessen Grundwasser vielleicht ihre Kraft aufzehrte, bevor sie sich erneut befreien konnte. Das neue Geschöpf, zu dem sie geworden war, hatte diese Sorgen nicht. Es wusste nur, dass Dunkelheit besser war als Licht. Feuchte Erde besser als die brennende Sonne.
     
    Ein ungewöhnlich heißer Tag stand bevor, dem zwei weitere folgten.
    Sie erwärmten die Lagune, bis sogar die breiten Kanäle einen mörderischen Gestank verbreiteten. Der Uferschlamm trocknete ein, Fischernetze wurden spröde. Die Hitze kostete viele Bettler das Leben.
    Sie starben, und sie mussten begraben werden.
    Giorgio, der Küster von San Giacomo, war froh darüber. Seine Gemeinde war arm und seine einzige Geldquelle war der Friedhof auf der Armeninsel. Das Geld, das er mit den Beerdigungen verdiente, brachte ihn und seine Frau gerade so über die Runden.
    Seine Cousins waren seit drei Tagen verschwunden. Als Giorgio die Opfer der letzten Hitzewelle begraben wollte, entdeckte er die beiden Vermissten.
    Er erstattete der Wache Bericht und sagte, die Insel werde von Dämonen heimgesucht. Die Wachleute zuckten die Schultern und rieten ihm, seine Ansichten für sich zu behalten.

13
    T ycho sehnte sich nach Sonnenschein. Er vermisste seine Wärme, seine Helligkeit und sein gleißendes Licht, und die Erinnerungen an klare Sonnentage und blaue Himmel verstärkten seine verhängnisvolle Sehnsucht noch.
    Am Horizont glühte nicht einmal mehr ein winziger Streifen Abenddämmerung. Rot und Orange waren erst zu schmutzigem Gelb ausgebleicht und hatten sich, als Tycho erwachte, längst in kaltes Blau verwandelt, das allmählich in samtiges Schwarz überging.
    Sie braucht deinen Schutz.
    Die Nachricht war nicht unterschrieben, aber Alexas Handschrift war unverkennbar.
    Tycho wusste genau, wer
sie
war. Das Sonnenlicht mochte ihm verwehrt bleiben, aber es gab noch etwas, wonach er sich ebenso heftig sehnte. Seit drei Nächten durchwanderte er die Straßen von Venedig, von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen, und Alexas Nachricht lieferte ihm nur einen Vorwand für das, was er ohnehin tat: Abend für Abend trieb es ihn an den Canal Grande und in die Straßen um Giuliettas Haus.
    Als Atilos Lehrling hatte er gelernt, wie jedes Viertel aufgebaut war, welche Brücken privat waren und Zoll nahmen, welche Plätze von Banden kontrolliert wurden.
    Alle Banden, soviel hatte er damals begriffen, arbeiteten entweder für die Nicoletti oder die Castellani, die roten oder die schwarzen Kappen. Tycho hatte außerdem den Verdacht, dass der Rat der Zehn wiederum die Familien kontrollierte. Venedig war einfacher zu regieren, wenn die zwei mächtigsten Familien einander befehdeten.
    Tycho betrat eine Schenke in der schmalen Gasse hinter Giuliettas Haus. Der Wein schmeckte sauer und aus dem Ziegenbraten, der sich an einem Spieß drehte, tropfte reichlich Fett. Wenn ein Tropfen ins Feuer fiel, loderte ein zischender Funken auf. Die unfreundlichen Besitzer der Schenke beobachteten ihn misstrauisch. Man sprach viel über einen Dämon auf einer der Toteninseln.
    Tycho lief es kalt den Rücken hinunter.
    »Euer Wein schmeckt wie Essig.«
    »Dann trinkt woanders.«
    »Gute Idee.«
    Er drängte sich ins Freie. Nicht nur der schlechte Wein hatte ihn verstimmt. Plötzlich hörte er einen Schrei. Alle hatten den Schrei gehört, aber keinen kümmerte es. Tycho war der Einzige, der wusste, wer geschrien hatte.
    Mit einem Mal war die Nacht voller Farben, Umrisse zeichneten sich scharfkantig ab. Tycho wurde zu jenem Wesen, das er zutiefst verabscheute. Für einen

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