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Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz

Titel: Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Philip K
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beruhigend.«
    Â»Sagen Sie, Mrs. Klugmann, machten Sie sich früher, als Sie noch auf der Erde waren, auch Sorgen darum, als – hm – Sonderfall eingestuft zu werden?«
    Â»Ach, mein Mann und ich haben uns halb zu Tode geängstigt. Nach der Auswanderung ist diese Sorge natürlich von uns gewichen, glücklicherweise für immer.«
    Für mich auch, dachte John Isidore bissig. Auch ich habe diese Sorge nicht mehr, ohne ausgewandert zu sein. Er war nun schon seit mehr als einem Jahr ein Sonderfall, was nicht nur seine missgebildeten Gene betraf. Schlimmer war, dass er beim Test zur Feststellung eines Minimums an Geistesgaben durchgefallen war. Damit galt er im Volksmund als Spatzenhirn. Auf ihn fiel die Verachtung dreier Planeten. Trotzdem existierte er. Er fuhr für eine Reparaturfirma für nachgemachte Tiere einen Lieferwagen. Der düstere, wortkarge Hannibal Sloat, Chef der Van-Ness-Tierklinik, behandelte ihn als Menschen, und dafür war er ihm dankbar. Mors certa, vita incerta, pflegte Sloat gelegentlich zu sagen. Obwohl Isidore den Spruch schon mehr als einmal mitbekommen hatte, war ihm sein Inhalt nur andeutungsweise bekannt. Ein Spatzenhirn, das Latein ergründete, wäre schließlich kein Spatzenhirn. Als er dies Sloat erklärte, wurde es ihm bestätigt. Außerdem gab es noch unendlich viel dümmere Spatzenhirne, die gar keiner Arbeit nachgehen konnten und in Anstalten verwahrt wurden, denen man den kuriosen Namen »Amerikanisches Institut für besondere Fachkenntnisse« gab. »Sonder« musste irgendwie darin vorkommen, wie üblich.
    Â»Und Ihr Gatte, Mrs. Klugmann, fühlte sich auch nicht sicher«, fuhr der Sprecher fort, »obgleich er eine teure, unbequeme, bleierne Strahlungsschutzkleidung besaß und auch ständig trug?«

    Â»Mein Mann …«, sagte Mrs. Klugmann, aber in diesem Augenblick war Isidore mit Rasieren fertig, rannte hinüber ins Wohnzimmer und schaltete ärgerlich den Fernseher aus.
    Schweigen. Es schlug ihm von jedem Möbel und von den Wänden entgegen und traf ihn mit so schrecklicher Gewalt wie ein übermächtiger Stromstoß. Es stieg vom Fußboden auf, von dem zerschlissenen grauen Spannteppich. Es entstieg auch den kaputten oder beschädigten Küchengeräten, den toten Maschinen, die schon nicht mehr funktioniert hatten, als Isidore hier einzog. Es strömte aus der nutzlosen Stehlampe im Wohnzimmer und verschmolz mit dem inhaltlosen Schweigen, das sich von der fliegenbefleckten Zimmerdecke herabsenkte. Dieses Schweigen ging tatsächlich von jedem Gegenstand in seinem Blickfeld aus, als ob es an die Stelle der greifbaren Dinge treten wollte. Daher schmerzte es nicht nur in seinen Ohren, sondern auch in seinen Augen. Wie er so neben dem stummen Fernseher stand, empfand er das Schweigen als sichtbar und in gewisser Weise als lebendig. Lebendig! Schon öfters hatte er sein unerbittliches Nahen zu spüren bekommen. Wenn es kam, dann platzte es herein, plump und offensichtlich unfähig zu warten. Das Schweigen der Welt konnte seine Gier nicht im Zaum halten. Nicht mehr. Nicht, wenn es praktisch gewonnen hatte.
    Isidore fragte sich, ob die anderen, die auf der Erde geblieben waren, die Leere auch so empfanden. Oder lag das nur an seiner biologischen Eigenart, seinem gestörten Empfindungsvermögen? Eine interessante Frage, dachte Isidore. Aber mit wem sollte er darüber reden? Er lebte allein in diesem zerfallenden blinden Gebäude mit seinen tausend menschenleeren Wohnungen, das, wie alle anderen Bauwerke auch, Tag für Tag mehr seinem unwiderruflichen Ende als Ruinenhaufen entgegenging. Irgendwann würde alles im Gebäudeinnern verschmelzen, die Formen verlieren, sich angleichen,
eine nicht identifizierbare Masse werden, die bis zur Decke jeder Wohnung reicht. Und dann würde das vernachlässigte Gebäude selbst in Formlosigkeit zerfließen und unter dem allgegenwärtigen Staub begraben werden. Bis dahin würde er natürlich längst tot sein – auch ein interessantes Ereignis, an das er denken musste, als er mitten in seinem gespenstischen Wohnzimmer stand, allein mit der atemlosen, alles durchdringenden, gebieterischen Weltstille.
    Vielleicht sollte er besser den Fernseher wieder einschalten. Doch die Werbung, auf die zurückgebliebenen Normalen ausgerichtet, erschreckte ihn. Auf unzählige Arten wurde ihm klargemacht, dass er ein Sonderfall und

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