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Blanche - Die Versuchung

Blanche - Die Versuchung

Titel: Blanche - Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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Stecker gezogen wurde es mucksmäuschenstill.
    Blanche öffnete die Augen und erhob sich. Das Haar klebte an ihrem G e sicht, während sich sintflutartiger Regen über das Zentrum von Paris e r goss   – jedoch nicht länger über sie. Von dem Sturm, der bis eben an ihr gezerrt hatte, spürte sie nichts mehr. Eine ungewohnte Ruhe überkam sie, als sie den Kopf in den Nacken legte und sich einmal um die eigene Achse dre h te.
    Sie befand sich in einer Art Trichter, dem Zentrum des Orkans, der sich wie ein Wirbelsturm um sie aufgebaut hatte. Tintenschwarze Wolken umg a ben sie wie eine dunkle Wand, doch dies war keiner von Saetans Tricks, das hier war ihr Werk. Durch den Wolkentunnel erkannte sie die feine Sichel des Mondes, die sie, unbeeindruckt vom himmlischen Spektakel, in ein sanftes Licht hüllte.
    Ihr Hals wurde eng und sie schluckte die aufkommenden Tränen hinunter. Dies war der Frieden, nach dem sie sich all die Jahre gesehnt hatte. Das G e fühl der Geborgenheit, die man ihr so früh genommen hatte, sodass sie sich nicht einmal daran erinnern konnte. Und endlich fand sie d ie Worte, um es zu beschreiben: Sie war angenommen, mit all ihren Fehlern und Schwächen.
    Seit sie denken konnte , war sie auf der Flucht. Vor ihren Feinden, falschen Freunden, vor sich selbst. Niemals anhalten, nie stehen bleiben – schon gar nicht zurückblicken. Wo sie auch war, stets blieb sie in Bewegung, denn sobald sie anhielt, hatte sie verloren. Doch nun war der Zeitpunkt geko m men, einen kritischen Blick auf ihr Leben zu werfen. Auf die Blanche, die sie einst gewesen war, um zu entscheiden, wer sie in Zukunft sein wollte.
    Leichter gesagt als getan, denn wann immer es um sie ging, stellte sie den Ton ab. Wer sie war? Das war leicht zu beantworten: Eine Soziopathin mit Bindungsangst. Wer sie sein wollte? Keine Soziopathin mit Bindungsangst. Ein Mensch aus Fleisch und Blut, der sich auf das große Abenteuer einlassen konnte, auch bekannt als das Leben. Sie wollte leben. Und lieben. Beliar, um genau zu sein. Sie hatte genug Zeit vergeudet, was hatte sie noch zu verli e ren? Ihr wurde bereits alles genommen, es gab keinen Verlust, den sie nicht schon erlitten hätte. Erst wenn Saet a n ihr die Fähigkeit zu lieben raubte, erst dann wäre sie besiegt. Und sie war nicht gut im Verlieren.
    Abermals donnerte es, und der Radau brachte sie zurück ins H ier und J etzt. Also schön, über das Timing ihrer Selbstreflexion konnte man streiten, denn jetzt musste sie Beliar beistehen. Und dazu brauchte sie den Recaller. Ohne die Dämonenwaffe wäre sie ihm keine Hilfe, sondern Ballast. Auch wenn Dämonenblut durch ihre Adern floss – die Höllenfürsten waren reinblütige Hurensöhne mit hundertprozentiger Unsterblichkeitsgarantie. Dem hatte sie nichts entgegenzusetzen, es sei denn , sie würde schleunigst Lic h t energie auftreiben. Ihre Patronen hatte sie mittlerweile in Weihwasser geb a det, die würden nicht spurlos an ihnen abprallen. Aber töten konnte sie diese Dreckschweine damit nicht. Dazu brauchte sie Miceals Knarre, und die wü r de sie sich jetzt besorgen.
    Das bedeutete allerdings, dass sie so schnell wie möglich zum Nordbah n hof musste, am besten via Luftlinie. Da ihr noch keine Flügel gewachsen waren, blieb eigentlich nur eine Möglichkeit.
    Abermals schloss sie die Augen und konzentrierte sich auf den leichten Luftzug , der sie umspielte. Fast kam es ihr vor, als würde er sie streicheln. Sie hoffte, dass das nicht alles war, was der Wind draufhatte, denn dann wäre sie am Arsch.
    Wie von selbst kam ihr ein Gedanke, der quälend langsam Gestalt annahm. Als müsste er sich durch ihre Gehirnwindungen quetschen wie durch eine verstopfte Rohrleitung. Leicht wie eine Feder, getragen vom Wind . Irritiert zog sie die Brauen zusammen, während die Brise immer mehr anschwoll. Und dann konnte sie es fühlen. Eine Verbindung, zerbrechlich wie ein Ei s kristall. Sie lenkte Energie in dieses zarte Band, stärkte und füllte es mit i h rem Geist – ihrem Willen. Leicht wie eine Feder, getragen vom Wind, wi e derholte sie, bis sie das Gefühl hatte, die Luft um sich herum formen zu können. Sie warf einen Blick auf das gegenüberliegende Gebäude. Mit dem neuen Mantra im Hinterkopf nahm sie Anlauf und sprang.
    Statt hart aufzuprallen landete sie geschmeidig wie eine Katze auf dem Dach des Nachbarhauses. Überrascht lachte sie auf. Zur Hölle, es funkti o nierte!
    Zunächst noch unsicher , sprang sie mit weichen Knien von Dach zu

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