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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Teleskope. Die Wände waren schlicht und in sanften Farben gehalten; einige waren mit großen, grazil gezeichneten Wandbehängen verziert, die chinesisch aussahen; davor standen schwarze Schleiflacktische. Auf dem Parkett-boden lagen kunstvoll gewebte Teppiche, und überall standen schlanke Vasen mit Blumen, von denen Helen – die kaum eine Narzisse von einer Rose unterscheiden konnte – vermutete, es könnten Lilien oder vielleicht Orchideen sein.
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    »Ich hatte nur noch Teebeutel.« Robin Allbeury trug ein Tablett mit Teekanne, Tassen, Untertassen und einem Teller Gebäck herein, während Helen in einem der bequemen Sessel Platz nahm. »Ich hoffe, das ist in Ordnung.«
    »Ja.« Helen hatte eigentlich etwas Exotischeres erwartet.
    »Vielen Dank.«
    »Es hat mir schrecklich Leid getan, von Mrs Bolsovers Tod zu erfahren.« Allbeury schenkte Tee ein und reichte Helen ihre Tasse.
    »Ermordung«, korrigierte sie.
    »Ja, das habe ich gehört.«
    Allbeury hielt ihr den Teller mit Gebäck hin. Helen sah, dass es sich um ganz normale Löffelbiskuits und Vollkornkekse handelte – beides liebte sie –, bediente sich und wartete, dass der Anwalt sich entschuldigte, nichts Besseres im Haus zu haben.
    Doch er biss einfach nur in seinen Vollkornkeks und lehnte sich im Sessel zurück.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er dann.
    »Indem Sie mir alles erzählen, was Sie über das Opfer wissen«, sagte Helen. »Alles, was Ihnen einfällt, ob Sie es für relevant halten oder nicht.«
    Allbeury schlug die Beine übereinander. »Ich fürchte, Lynne Bolsover war schon lange ein Opfer – lange, bevor sie getötet wurde.«
    »Wie lange ist es her, dass Sie ihr zum ersten Mal begegnet sind?« Helen hielt inne. »Wenn ich richtig verstehe, hat das möglicherweise nichts mit Ihrer Firma zu tun. Mr Novak sprach, glaube ich, von Ihrem ›inoffiziellen‹ Geschäft.«
    »So in der Art.« Er lächelte leise. »Ich traf sie letzten August.
    Allerdings war ich schon einen Monat zuvor auf sie aufmerksam geworden … aufmerksam gemacht worden.« Er hielt inne. »Ich hätte nie von ihrer Existenz erfahren, hätte ich nicht einen 93
    anonymen Brief bekommen.«
    Er sah Helens skeptischen Gesichtsausdruck. »Ich weiß. Ich habe genauso reagiert, als ich zum ersten Mal einen Brief bekam.«
    »Sie bekommen Briefe?«, fragte Helen.
    »Es waren nur zwei.«
    »Was stand darin?«
    »Dass Lynne Bolsover eine zutiefst unglückliche Frau sei, die von ihrem Ehemann John regelmäßig geschlagen werde. Dass Lynne zwei kleine Kinder habe und ihren Mann gern verlassen würde, dass sie aber zu eingeschüchtert sei und zu sehr unterdrückt werde, um einen Ausweg zu finden.« Allbeury runzelte die Stirn bei der Erinnerung. »Und dass sie ohnehin das Gefühl hätte, ihr bliebe keine andere Wahl, weil sie selbst kein Geld besaß.«
    »War der Brief handgeschrieben oder getippt?«
    »Gedruckt. Mit einem Tintenstrahldrucker, Arial-Schrift auf weißem Kopierpapier. Keine Fingerabdrücke. Abgestempelt in London Mitte. Keine Möglichkeit, ihn zurückzuverfolgen –
    zumindest keine, auf die Mike Novak oder ich gekommen wären.« Er zuckte die Achseln. »Allerdings hatte ich mir nicht allzu viele Sorgen darüber gemacht, wer den Brief geschrieben hatte.«
    »Ihre Sorge galt Lynne«, sagte Helen.
    »Ja.«
    »Warum?«
    Allbeury neigte den Kopf leicht auf die Seite. »Ist das nicht offensichtlich? Eine Frau, die in solchen Schwierigkeiten steckte und nicht fähig war, einen Ausweg zu sehen.«
    »Es gibt viele Frauen wie sie«, sagte Helen.
    »Ich kann nicht allen helfen.«
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    »Aber einigen helfen Sie.«
    »Ja.«
    »Nur Frauen?«, fragte Helen.
    »In meiner Eigenschaft als Anwalt tue ich mein Bestes, sowohl Männern als auch Frauen zu helfen.«
    »Aber wir sprechen hier nicht von Ihrer Eigenschaft als Anwalt, nicht wahr, Mr Allbeury?«
    »Nicht im Augenblick, nein.« Er hielt inne. »Ich habe den fraglichen Brief hier, Inspector, falls Sie ihn sehen oder ihn untersuchen lassen möchten.«
    Helen bejahte und fragte ihn auch nach dem ersten anonymen Brief. Der habe dasselbe Format gehabt, erklärte Allbeury und bot an, ihr auch dieses Schreiben zur Verfügung zu stellen.
    Helen fragte, ob es in diesem Brief ebenfalls um eine unglückliche Frau gegangen sei. Allbeury bestätigte das; nachdem er gehört habe, was Lynne Bolsover zugestoßen sei, sagte er, habe er Mike Novak gebeten, Erkundigungen zur Situation dieser Person einzuholen.
    »Gesund und munter,

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