Blankes Entsetzen
junge Mann mit den hageren Wangen und den fröhlichen Augen, hinter denen er oft seine hilflose Enttäuschung und seine düstereren Stimmungen verbarg, in seinem Rollstuhl hin und her sauste und Kaffee kochte.
»Oder tut er das immer?«
»Er sagt, er kann nichts versprechen«, erwiderte Novak.
»Aber ich habe ihm angemerkt, dass er besorgt war.«
»Ich hoffe nur, er lässt sich nicht zu viel Zeit«, sagte Clare.
»Er ist ein vorsichtiger Mann, Liebling, und er weiß, was er tut.«
»Gut«, sagte sie. »Vielen Dank, dass du es versucht hast.«
»Wir hatten ja nicht wirklich eine Wahl«, sagte Novak.
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»Kaffee ist fertig«, verkündete Nick Parry von der Tür aus, während Clare das Gespräch beendete und ihr Handy wieder in die Tasche steckte. »Obwohl du aussiehst, als könntest du was Stärkeres vertragen.«
Clare grinste ihn an. »Mir geht’s gut.«
»Nein, das stimmt nicht.« Nick Parry wartete, bis sie ihre Tassen vor sich stehen hatten. »Sag mir, was los ist. Du weißt, dass du dich immer besser fühlst, wenn du mit mir geredet hast.«
Sie lächelte wieder. Parry hatte Clare einmal erzählt, er sei besser als die meisten Seelenklempner, weil er nach seinem Unfall selbst lange Zeit unten gewesen sei – und zwar so ziemlich ganz unten –, und es waren nicht die Therapeuten gewesen, die ihm da rausgeholfen hatten, sondern ganz andere Dinge: die erfreuliche Feststellung, dass er immer noch, wenn auch seltener als früher, mit einem seiner alten Kumpel einen trinken konnte, oder seine wachsende Leidenschaft für seinen Computer und das Internet.
»Mir die Probleme anderer Menschen anzuhören steht auch ganz weit oben auf der Liste«, gab Parry zu. »Das hilft mir …
das alles hier.« Er machte eine vage Geste in Richtung seiner Beine. »Es hilft mir, andere Dinge in die richtige Perspektive zu rücken.« Dann verzog er das Gesicht. »Manchmal.«
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22.
hristopher stößt also morgen wieder zu uns?«, sagte Arden C nach dem ersten Drehtag in Kefalonia zu Lizzie, während das Team zusammenpackte und Wilson und Gina ihre Notizen durchgingen. »Wie schön für dich, Liebes.«
»Sehr schön«, antwortete Lizzie.
»Geht es dir gut?«, fragte Susan.
Es war immer Susan, die ihr Kummer anmerkte.
Sei vorsichtig, Lizzie.
Sie hatten in Argostoli gedreht, der Hauptstadt der Insel.
Lizzie hatte wie üblich heimische Ware und Spezialitäten ausgewählt, hatte mit Händlern geplaudert, ein paar Flaschen Gentillini-Wein und einen hier produzierten Honig gekauft sowie Zutaten für die Gerichte gekostet, die sie in den nächsten Tagen kochen würde.
»Bist du sicher, dass du nicht mit uns zu Abend essen willst?«, fragte Arden.
Der größte Teil des Teams aß an diesem Abend zusammen im Hotel Boulevard Pyllaros, das ungefähr eine halbe Stunde entfernt lag und in dem auch Arden, Wilson, Gina und Susan wohnten. Da das Hotel jedoch keine ausreichend behindertengerechte Ausstattung für Jack bot, hatte Christopher ein Haus im Norden der Insel gemietet, das näher an Sami lag und somit auch praktischer für den größten Teil der geplanten Dreharbeiten war.
»Ich will nach Möglichkeit zurück sein, bevor es dunkel wird«, erklärte Lizzie.
»Gute Idee«, sagte Susan, »bei diesen gefährlichen Straßen.«
Lizzie lächelte sie an. »Der Fahrer, den ich heute Morgen hatte, wirkte halbwegs zurechnungsfähig und sagte, er würde 159
mich abholen.« Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Er wartet wahrscheinlich schon.«
Arden wartete, bis Lizzie außer Sichtweite war. »Weißt du, was mit ihr los ist?«, fragte er Susan dann leise.
»Nichts«, sagte Susan, »soweit ich weiß.«
»Hm«, sagte Arden.
»Was heißt das denn?«, fragte Susan.
Der Produzent zuckte mit den Achseln. »Der Herr des Hauses kommt morgen zurück. Die Dame ist überglücklich, bis sie davon erfährt. Ärger im Paradies, würde ich sagen.«
»Solange du es nicht tatsächlich sagst«, sagte Susan.
»Dann hast du wohl den gleichen Eindruck?«, fragte Arden.
»Ganz und gar nicht«, antwortete Susan, ein wenig zu scharf.
»Nicht im Entferntesten.«
Arden hob die Augenbrauen. »Ausgezeichnet«, sagte er.
Gilly öffnete die Haustür im gleichen Augenblick, als Lizzies Taxi zum Stehen kam. Sie wohnten in einer rosafarbenen Villa mit rotem Dach und cremefarbenen Fensterläden, umgeben von einem Garten voller Jasmin und anderen himmlisch duftenden Blumen.
»Du siehst erledigt aus.«
»Bin ich auch.« Lizzie ließ ihre Tasche
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