Blankes Entsetzen
er.
»Natürlich«, sagte Tony. »Ich erzähle Ihnen gern alles, was helfen könnte.«
»Danke.« Keenan blickte auf das Tablett auf dem Tisch.
»Vergessen Sie Ihren Tee nicht. Ich bin sicher, Sie können eine Tasse gebrauchen.«
»Es geht mir gut.« Tony wollte nicht nach einem Drink fragen.
»Wenn Sie es sich anders überlegen, sagen Sie einfach Bescheid.«
»Wenn ich es mir anders überlege«, konnte sich Tony nicht verkneifen, »nehme ich mir einen Drink.«
»Ja, sicher«, sagte Keenan.
Als er mit den Fragen begann, gab es trotz seines mitfühlenden Tonfalls keinen Zweifel, welche Intention dahinterstand.
Keenan wollte so viel wie möglich über die letzte Begegnung Tonys mit Joanne erfahren, und er fand es offensichtlich seltsam, dass Tony sich nicht an den Namen der Freundin erinnerte, mit der seine Frau sich hatte treffen wollen.
»Ich habe ihren Namen ja nie erfahren«, erklärte Tony ihm zum zweiten Mal. »Sie sagte nur, es sei eine Frau, die sie in der Bibliothek kennen gelernt hatte und die sich auf einen Kaffee mit ihr treffen wollte.«
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»Und sie hat diese Frau vorher nie erwähnt?«
»Nein.« Tony zuckte mit den Achseln. »Ich gehöre nicht zu den Ehemännern, die unbedingt jede Kleinigkeit wissen müssen, die ihre Frauen anstellen.«
»Anstellen?«, echote Keenan.
»So meine ich es nicht«, sagte Tony.
»Wie denn?«
»Gar nichts.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann das nicht.
Nicht jetzt. Mir ist das alles zu viel.«
»In Ordnung, Sir«, sagte Keenan beruhigend. »Nur noch ein paar letzte Fragen.« Er hielt inne. »Möchten Sie jetzt einen Tee?«
Tony schüttelte den Kopf. »Aber zu etwas Stärkerem würde ich nicht Nein sagen.« Er verzog das Gesicht zu einem verzerrten Grinsen. »Falls es erlaubt ist.«
»Warum nicht«, sagte Keenan. »Sie sind nicht im Dienst.«
»Ich wollte, ich wäre es«, sagte Tony.
Es gab keinen Whiskey in Sandras Schränkchen, aber er entdeckte eine Flasche Brandy. Sein erster Schluck, den er bewusst schnell trank, ließ ein paar Tränen kullern. Tony wischte sie mit einer heftigen Handbewegung fort, leerte das Glas, schenkte sich noch einmal ein und setzte sich wieder.
»In welcher Bibliothek ist Ihre Frau denn immer gewesen?«, fragte Keenan.
»Weiß ich nicht«, sagte Tony. »Eine hier in der Nähe, nehme ich an.« Er nickte in Richtung Küche. »Ihre Mutter weiß es vielleicht.«
Der Inspector schwieg kurz. »Waren Sie gestern Morgen noch zu Hause, als Joanne zu der Verabredung mit ihrer Freundin ging?«
»Nein«, antwortete Tony. »Ich war schon auf der Arbeit.«
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»Wie ging es ihr, als Sie sich von ihr verabschiedet haben?«
»Es ging ihr gut.«
»Ihre Schwiegermutter hat Constable Dean erzählt, Sie mussten Ihrer Frau zureden, dass sie geht.«
»Ja.« Tony nickte. »Ich sagte ihr, es würde ihr gut tun.«
»Warum haben Sie das gesagt? Hatte Ihre Frau sich denn nicht wohl gefühlt?«
»Doch, doch. Es ging ihr gut. Das sagte ich doch schon.«
»Aber ›würde ihr gut tun‹ deutet doch darauf hin, dass sie …
nun, irgendwie nicht gut drauf war«, fuhr Keenan fort.
Tony zuckte die Achseln. »PMS. Jetzt erinnere ich mich, dass sie ›PMS‹ gesagt hat. Sie war ein bisschen angespannt und sagte, sie bekäme ihre Tage.«
»Litt sie immer sehr darunter?«
»Nicht allzu schlimm.«
»Bei meiner Frau ist es immer ziemlich heftig«, sagte der ältere Mann vertraulich und verzog das Gesicht. »Ich liebe sie, aber sie kann mich zum Wahnsinn treiben.«
»Joanne war nicht so schlimm«, sagte Tony.
»Also war Ihre Frau nicht aufgebracht, bevor Sie an diesem Morgen zur Arbeit gingen?«
»Sie war überhaupt nicht aufgebracht. Ich sagte doch, es ging ihr gut.«
»Aber Sie sagten, sie hatte PMS.«
»Sie sagte, sie hätte PMS.«
»Warum sollte sie so etwas sagen, wenn es nicht stimmt?«, fragte Keenan.
»Weiß ich nicht«, sagte Tony, der allmählich verzweifelte.
»Vielleicht ja, vielleicht nein – wie soll ich das wissen? Ich sage doch nur, sie war überhaupt nicht aufgebracht. Sie hat sich bloß angestellt und erklärt, sie könne nicht weg, weil sie bügeln 270
müsse. Darauf sagte ich zu ihr, es würde ihr gut tun, mal rauszukommen. Ende der Geschichte.«
Keenan sah, dass Tony wieder die Tränen kamen; ein paar kullerten ihm die Wangen hinunter, und eine fing sich in einem Fältchen am Mundwinkel. »Sie hatten also keinen Streit?«
»Streit?«, fragte Tony erschrocken. »Nein, natürlich nicht.«
»Was heißt ›natürlich
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