Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
die Spur.
    »Und warum«, fügte Novak hinzu, »fahren wir zum Shad Tower?«

102.
    Helen Shipley lag mit schlimmen Schmerzen auf einer Bahre in der Notaufnahme des St. Thomas Hospitals und wartete darauf, dass ihr Bein geröntgt wurde. Am meisten aber schmerzte es sie, aus dem Fall raus zu sein.
    Ausgerechnet jetzt.
    Ich sollte es Keenan sagen.
    Doch Helen hatte das Gefühl, dass gerade in diesem Moment Robin Allbeury womöglich bessere Arbeit leistete, als sie oder Keenan es gekonnt hätten.
    Sie war außer Dienst gewesen, als die Geschichte in Bewegung geraten war, und weiß Gott – Keenan hatte bisher nicht auf sie hören wollen.
    Und damit hatte er Recht gehabt, wie der Zufall es wollte.
    »Alles in Ordnung, meine Liebe?«
    »Könnte ich …«, begann Helen.
    Dann war die Krankenschwester auch schon wieder fort.
    »… ein Telefon bekommen?«
    Verdammt.

103.
    Lizzie erwachte aus einem unangenehmen, unruhigen Schlaf, der vielleicht nur eine weitere Ohnmacht gewesen war.
    Clare.
    Sie blickte hastig nach oben, doch zwei Stockwerke höher war nur noch das rechteckige Licht zu sehen.
    Kein Mensch war mehr in diesem Rahmen.
    Clare war verschwunden.
    Das Haus fühlte sich völlig leer an, und es war totenstill.
    Lizzie betrachtete die dicken Kabel direkt vor sich und überlegte, ob sie sich daran lehnen sollte; stattdessen aber rückte sie, einem Instinkt gehorchend, weiter von ihnen ab. Die Schmerzen in ihrem Arm und den Händen waren schier unerträglich, und der Fahrstuhl unter ihr ächzte wie ein altes, arthritisches Tier.
    Halt still und warte ab.
    Sie fragte sich, wie lange es dauern würde, bis jemand kam. Robin vielleicht. Doch Clare hatte gesagt, er sei verletzt.
    Clare hat dich einen Fahrstuhlschacht hinuntergestoßen.
    Aber vielleicht war Robin wirklich verletzt. Vielleicht hatte Clare auch ihm etwas angetan.
    Ich weiß, was für ein Mensch Ihr Mann ist, hatte Clare gesagt. Und auf Lizzies Frage, woher sie das wisse, hatte sie geantwortet: Fragen Sie Robin.
    Ich habe schon vorher getötet.
    Für die Kinder.
    Jack drängte sich in Lizzies Gedanken, Edward und Sophie, und dann, fast wie ein Epilog, das schreckliche Elend ihrer Ehe. Lizzie brach in Tränen aus, heulte eine Zeit lang Rotz und Wasser.
    Bis der Fahrstuhl wieder ächzte.
    Und sie verstummen ließ.

104.
    Christopher war in Holland Park, in seinem Arbeitszimmer.
    Vor ein paar Minuten hatte das Telefon geklingelt, doch er war nicht drangegangen und hatte auch nicht nachgesehen, ob der Anrufer eine Nachricht hinterlassen hatte. Es war nicht mehr wichtig. Es würde nur sein Denken trüben, das im Augenblick glasklar war.
    Er hatte bereits zusammengesucht, was er brauchte: Eine gute Kombination, die ihn auf angenehme Weise auf seine Reise schicken würde. Besser als er es verdiente; andererseits hatte er noch nie begriffen, warum manche Menschen das Bedürfnis verspürten, auf dem Weg in die Vergessenheit Qualen zu erleiden.
    Aber er hatte beschlossen, es nicht hier zu tun. Das wäre zwar am bequemsten gewesen, doch seine Frau und seine Kinder würden wahrscheinlich auch in Zukunft noch hier leben, und er wollte keinem von ihnen eine solch unauslöschliche Erinnerung aufbürden.
    Du hast ihnen schon genug angetan.
    Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, dass jemand – die Polizei oder Lizzie selbst, vielleicht auch Allbeury nach dem Fiasko in diesem trostlosen Büro – hierher kommen und nach ihm suchen würden, und er hatte nicht die Absicht, sich unterbrechen zu lassen.
    Er hatte bereits Briefe an Edward und Sophie geschrieben und ein beschämend kurzes, unzulängliches Schreiben des Bedauerns und der Liebe an Lizzie zustande gebracht.
    Jetzt hatte er begonnen, den schlimmsten Brief von allen zu verfassen.
    Du darfst nicht eine Sekunde lang glauben, schrieb er an Jack , dass du in irgendeiner Weise im Unrecht warst, auf mich loszugehen. Selbst als du auf mich eingeschlagen hast, war ich stolz auf dich und habe dich für deine Stärke und deinen Mut bewundert, wie ich es immer schon getan habe.
    Ich zähle darauf, dass du auch weiterhin den anderen hilfst, sich um eure Mutter zu kümmern, solange du kannst – und dass du dir von ihr helfen lässt, wenn die Dinge sich verschlechtern. Kämpf nicht zu sehr gegen sie an, mach es ihr leichter.
    Ich weiß, dass ich ein Feigling bin. Ich bin nicht annähernd so tapfer wie du, Jack, und ich versuche jetzt, am Ende, das Richtige für euch alle zu tun. Ich habe in Laufe der Zeit schreckliche Dinge

Weitere Kostenlose Bücher