Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
mir sehr lieb«, gab Lizzie zu.
    »Ich brauche zehn bis fünfzehn Minuten, um mit Jane alles zu besprechen«, sagte Christopher, »dann mache ich mich auf den Weg.«
    »Fahr vorsichtig«, sagte Lizzie. »Es geht ihm wirklich relativ gut.«
    Das bloße Wissen, dass Christopher gegen acht zu Hause sein würde, bewirkte augenblicklich, dass Lizzie sich besser fühlte. Edward und Sophie hatten die schlimmste Phase ihrer Erkältung mit der Leichtigkeit gesunder junger Menschen bereits hinter sich gelassen – und bei sorgfältiger Behandlung und Beobachtung Jacks war es sehr wahrscheinlich, dass es bei ihm genauso verlief. Doch Lizzie und Christopher war nur allzu bewusst, dass für einen Jungen mit DMD jede Atemwegserkrankung ein Risiko darstellte. Lizzie hatte vollstes Vertrauen zu Hilda Kapur, doch Gilly hatte heute frei, und selbst wenn sie hier gewesen wäre, um ihr moralische Unterstützung zu leisten: In Zeiten wie diesen schätzte Lizzie – immer noch und trotz allem – Christophers Gegenwart am meisten.
    »Hast du mit Dad gesprochen?«, fragte Jack, sobald sie sein Zimmer wieder betrat.
    »Habe ich.« Lizzie legte ihm eine Hand auf die Stirn. Sie fühlte sich zu warm an. »Er macht in der Klinik Feierabend und kommt nach Hause.«
    »Ich will nicht, dass er extra kommt, Mom.« Jack hasste »den ganzen Zirkus«, der begann, sobald er ein paar Mal nieste oder auch nur ein bisschen erhöhte Temperatur hatte. »Ruf ihn noch mal an und sag ihm, dass es mir gut geht.«
    »Er wollte sowieso kommen«, log Lizzie.
    »Bestimmt nicht!«
    Jack hustete, und Lizzies ganzer Körper spannte sich an.
    »Keine Bange, Mom«, sagte er, als er ihren Gesichtsausdruck sah. »Es ist nur ein Kitzeln.«
    »Ich weiß«, sagte sie.
    Er hustete noch einmal.
    »Alles okay?«, fragte sie.
    Jack nickte, hustete aber weiter.
    »Wie wär’s mit einer Suppe?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Tee?«
    Er nickte.
    »Alles, um mich loszuwerden, richtig?«, fragte Lizzie.
    »Ja.« Er lehnte sich zurück in seine Kissen.
    Als sie aus dem Zimmer ging, hustete er wieder.

46.
    Tony war betrunken, als er nach Hause kam, aber nicht betrunken genug, um nicht zu merken, dass sein Haus immer noch stockdunkel und leer war – und keinesfalls war er betrunken genug, um deswegen nicht stocksauer zu sein.
    Er schaltete das Licht ein, zog die Haustür hinter sich ins Schloss und torkelte ins Wohnzimmer. Das schnurlose Telefon in der Hand, versuchte er sich an die Nummer seiner Schwiegermutter zu erinnern, was ihm nicht gelang. Dann fiel ihm ein, dass Joanne ihre Nummer auf eine Kurzwahl-Taste gelegt hatte. Er drückte sie und ließ sich aufs Sofa fallen.
    »Hallo?« Sandra klang besorgt.
    »Sie ist nicht hier«, sagte Tony. »Ist sie bei dir?«
    »Tony, wo warst du denn?«
    Sie klang vorwurfsvoll. Der Grund war offensichtlich der, dass er sich nicht bei ihr gemeldet hatte – oder vielleicht auch, dass seine Aussprache etwas undeutlich war. Aber wenn ihn zu Hause weder Frau noch Kind erwarteten, warum sollte er dann nicht ein paar Bier trinken gehen?
    »Ist sie da?«, fragte er aggressiver als beabsichtigt.
    »Nein, und ich habe auch nichts von ihr gehört. Und du offensichtlich auch nicht. Langsam bekomme ich wirklich Angst, Tony. Ich finde, du solltest die Polizei anrufen.«
    »Das ist ein bisschen übertrieben.«
    »Finde ich nicht«, sagte Sandra.
    Er rutschte auf dem Sofa hin und her und versuchte sich etwas Beruhigendes einfallen zu lassen, das er sagen könnte, denn seine Schwiegermutter schien wirklich verängstigt zu sein. Jetzt, wo er darüber nachdachte, konnte er sich nicht erinnern, dass Joanne in der ganzen Zeit ihrer Ehe irgendwann einmal weggegangen war, ohne anzurufen oder eine Nachricht zu hinterlassen.
    »Ich dreh ’ne Runde durch die Wohnung. Mal sehen, ob sie nicht doch an irgendeinem idiotischen Platz einen Zettel hinterlassen hat.«
    »Okay«, sagte Sandra. »Danke, Tony.«
    Mit einiger Mühe erhob er sich vom Sofa, wanderte im Wohnzimmer herum, ging wieder in den Flur, dann in die Küche, und schaltete im Vorbeigehen weitere Lampen ein.
    »Da ist nichts«, verkündete er seiner Schwiegermutter.
    »Ruf die Polizei an«, sagte sie.
    Er taumelte zurück ins Wohnzimmer. »Warte mal ’nen Moment, Sandra. Erzähl mir, was Joanne gesagt hat, als sie dir Irina heute Morgen gebracht hat.« Er setzte sich wieder hin. »Geht es der Kleinen gut?«
    »Bestens. Keine Probleme. Sie liegt in meinem Bett und macht ein Schläfchen.«
    »Schön«, sagte er.

Weitere Kostenlose Bücher