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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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»Also, hat Jo dir gesagt, mit wem sie sich treffen wollte?«
    »Sie war in Eile. Ich hab’s dir ja schon erzählt: Sie hat lediglich gesagt, sie wollte um die Mittagszeit zurückkommen.« Sandra hielt inne. »Tony, du hast doch etwas von einer Freundin gesagt.«
    »Ja, da war diese Frau, die beim Frühstück angerufen hat«, sagte Tony.
    »Hat Joanne dir ihren Namen nicht genannt?«
    »Nein.« Er versuchte sich den Morgen in Erinnerung zu rufen, so gut es in dem Bier- und Whiskeynebel möglich war, der ihm das Hirn vernebelte. »Nein, hat sie nicht. Sie hat sich ein bisschen seltsam benommen, das weiß ich noch … Sie sagte, sie wollte nicht hingehen, weil sie bügeln müsste. Ich sagte zu ihr, es würde ihr gut tun, mal rauszukommen. Das hab ich jetzt davon, dass ich sie aufheitern wollte.«
    »Sie muss doch irgendetwas über diese Frau gesagt haben«, beharrte Sandra.
    Er kramte noch einmal in seinem Gedächtnis, suchte nach irgendetwas, um dem hier ein Ende zu machen und ein bisschen Schlaf zu bekommen. »Die Bibliothek«, fiel ihm dann ein. »Sie hat die Frau in der Bibliothek kennen gelernt … Sie geht immer mit Irina in die Bibliothek.«
    »Aber einen Namen weißt du nicht?«, sagte Sandra.
    »Verdammt noch mal!« Tony verlor die Geduld. »Wie oft fragst du denn noch? Wenn ich geahnt hätte, dass sie vorhat, unsere Tochter bei dir abzuladen und sich den ganzen Tag und die halbe Nacht zu verpissen …«
    »Vielleicht ist ihr etwas passiert, verdammt!« Auch Sandra war wütend.
    »Wenn sie einen Unfall gehabt hätte, hätten wir’s erfahren.«
    »Du warst doch gar nicht zu Hause«, entgegnete Sandra. »Ruf wenigstens das Krankenhaus an.«
    »Welches?« Er wurde wieder freundlicher. »Sandra, Liebes, ich war auf der Arbeit, und du warst zu Hause. Wenn etwas Schlimmes passiert wäre, hätten sie einen von uns beiden schon ausfindig gemacht.«
    »Wahrscheinlich.« Sie schwieg kurz. »Was ist mit Irina?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Tony. »Ich denke, wir sollten sie besser nicht stören, oder?«
    »Stimmt.«
    »Geht es in Ordnung, wenn du sie morgen auch noch bei dir behältst? Ich bin mit der Arbeit im Rückstand.«
    »Was ist mit der Polizei?«, fragte Sandra.
    »Mit der warten wir noch«, sagte Tony entschieden. »Ehrlich, Sandra, sie taucht bestimmt jede Minute wieder auf, und dann lachen wir alle über unsere Dummheit.«
    »Glaubst du wirklich?« Sie klang skeptisch.
    »Ja, klar«, versicherte er mit Nachdruck.
    »Es ist schon so spät «, sagte Sandra.
    »Und wir blockieren das Telefon«, sagte Tony. »Wir haben keine Anklopf-Funktion. Es ist besser, wir legen auf, falls sie es versucht.«
    »Ruf mich an, wenn du etwas hörst. Egal was, egal wann.« Sie hielt inne. »Und wenn sie morgen früh nicht zurück ist, rufst du die Polizei, ja?«
    »Sie wird zurück sein, Sandra. Ich weiß es.«
    »Hoffentlich.«
    Nachdem Sandra aufgelegt hatte, ging sie ins obere Stockwerk ihres Hauses in Edmonton, um nach ihrer Enkelin zu sehen.
    Irina regte sich, als sie ins Zimmer kam.
    »Schon gut, Schätzchen.« Sandra ging zum Bett, setzte sich vorsichtig auf den Rand und streichelte die weiche, warme Wange des Mädchens. »Schlaf weiter.«
    »Ist Mami schon hier?« Ihre Stimme war schmusig und verträumt.
    »Noch nicht, Schatz, aber bald. Schlaf weiter.«
    Irina öffnete ihre schwarzen Kirschaugen ein Stückchen weiter und blickte ihrer Oma ins Gesicht. »Kommt Daddy?«
    »Nein, Schätzchen. Daddy kommt heute Abend nicht, aber er hat dir einen dicken Kuss geschickt und gesagt, du sollst hier bei mir bleiben, wenn du nichts dagegen hast. Hast du was dagegen, Süße?«
    Das Mädchen antwortete nicht, driftete bereits wieder in den Schlaf, aber noch bevor sie die Augen ganz schloss, leuchtete ihr Gesicht in einem wunderschönen Lächeln auf.
    Sandra hatte Irina selten so lächeln sehen. Sie war nicht sicher, ob sie den Grund für dieses Lächeln wissen wollte, aber dennoch war es schön, mehr als schön, das kleine Mädchen bei sich zu haben.
    Wenn sie nur gewusst hätte, wo Joanne war, und dass es ihr gut ging. Dann hätte sie sich neben Irina legen, ihr weiches, dunkles Haar streicheln und diese Nacht aus vollem Herzen genießen können.
    Aber sie wusste nicht, wo ihre Tochter war.
    Ruf die Krankenhäuser an, sagte sie sich, dann fühlst du dich besser.
    Mehr als fünfundvierzig Minuten später, nachdem Sandra herausgefunden hatte, dass weder im Whipps Cross noch im Waltham General jemand mit Joannes Namen oder

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