Blankes Entsetzen
Datenschutzauflagen erfüllt und die British Telecom um die Telefonlisten vom Wohnhaus und von Patston Motors gebeten.«
Keenan wandte sich dem gerichtsmedizinischen Bericht zu. »Dr. Collins sagt, Joanne starb an dem Ort, an dem sie aufgefunden wurde. Vier Stichwunden, die erste in die äußere Halsvene, was bedeutet, dass der Täter beträchtliche Kraft aufgewendet hat, oder er besaß anatomische Kenntnisse. Bereits die erste Wunde war tödlich. Falls also die Ermordung Joannes das Motiv war, waren die anderen drei Stiche grundlos.«
»Dann haben wir es mit einem Irren zu tun?«, fragte Reed.
»Oder mit extremer Wut«, sagte Dean.
»Oder der Täter hat weiter auf sie eingestochen«, warf Pat Hughes ein, »weil er Angst hatte und ganz sichergehen wollte.«
»Joanne Patstons Blut muss nur so gespritzt haben«, sagte Reed bissig. »Da blieb nicht viel, vor dem man Angst haben musste.«
»Vielleicht war es die Angst des Täters vor dem, was er getan hat«, sagte Keenan und nickte Hughes zu. »Vielleicht war er zu durchgedreht, um noch aufhören zu können.«
»Aber er hatte den Jackpot doch schon beim ersten Versuch geknackt.« Reed verspürte das Bedürfnis, der jungen Polizistin seine Überlegenheit zu beweisen. »Und die meisten Angreifer in Rage schlagen blind drauflos.«
»Das schließt den Jackpot ja nicht aus«, sagte Keenan; dann hielt er den Bericht mit der rechten Hand hoch, um die im Augenblick nutzlosen Spekulationen zu unterbrechen. »Der toxikologische Bericht. Joanne Patston hatte genug Benzodiazepin intus, um sehr schläfrig zu sein, wenn auch wahrscheinlich nicht bewusstlos. Wenn also bitte einer von euch zu ihrem Hausarzt gehen würde …«
»Wird erledigt.« Reed wühlte in seinen Notizen. »In ihrem Badezimmerschrank zu Hause stehen keine starken Medikamente, Sir.«
»Ich spreche Mr Patston bei unserem nächsten Gespräch darauf an.« Keenan blickte zu Constable Dean hinüber. »Zeugen, Karen?«
»Bisher keine glaubwürdigen, Sir.«
»Aber da war noch dieser Anruf«, erinnerte Pat Hughes. »Inspector Shipley von AMIT.«
»Shipley kommt heute Nachmittag mit«, sagte Keenan vierzig Minuten später in seinem Büro zu Reed. Das Büro war ein trister Kasten, dessen Atmosphäre nur durch ein paar Familienfotos und drei kleine Töpfe mit roten Geranien auf dem Fensterbrett aufgehellt wurde. »Sie begleitet mich zu meinem Gespräch mit Robin Allbeury.«
»Wann redet ihr wieder mit Patston?«, fragte Reed.
»Ich lasse ihn ein bisschen schmoren«, sagte Keenan, »und fahre später noch mal vorbei.«
»Dann sind wir also noch nicht so weit, ihn verhaften zu können, Sir?«
»Nicht, bis ihr mir etwas Handfestes liefert.«
»Wir wissen bereits, dass er gewalttätig ist«, sagte Reed.
»Wir wissen einen Dreck«, widersprach Keenan.
»Er hat eine Vorstrafe wegen Körperverletzung.«
»Vor langer Zeit«, sagte Keenan.
»Aber im Zusammenhang mit Alkohol«, sagte Reed. »Und wir wissen, dass er immer noch trinkt.«
»Das reicht nicht mal annähernd. Wenn Karen im Waltham General Glück hat, bekommen wir womöglich eine Handhabe, aber falls es etwas wirklich Eindeutiges gäbe, wüsste der Sozialdienst wahrscheinlich davon.« Keenan kratzte sich am linken Ohr. »Wie die Dinge im Augenblick liegen, haben wir nicht einmal genug in der Hand, um ihn festzuhalten, weil er das Kind geschlagen hat – ganz zu schweigen von dem Mord an seiner Frau.«
»Aber er war es, oder?« Reed versuchte hartnäckig, seine Gedanken zu ordnen. »Vielleicht ist Patstons Geschichte ja zur Hälfte wahr. Vielleicht hat sie ihm gesagt, sie wolle sich mit einer Freundin treffen. Er aber hat gesehen, wie sie ihren Pass einsteckte, und begriffen, dass sie ihn verlassen wollte. Daraufhin hat er sie im Affekt getötet.« Er verzog das Gesicht. »Nur dass sie im verdammten Epping Forest gestorben ist.«
»Voll gestopft mit Tabletten«, sagte Keenan.
»Vielleicht hat Patston ihr die zuerst eingeflößt und sie dann dort rausgefahren.«
»Er ist nicht der Typ, der Pläne macht«, sagte Keenan. »Eher ein Bursche, der um sich schlägt und dann Krokodilstränen vergießt.« Er hielt inne. »Wie dem auch sei, wir vernachlässigen die Tatsache, dass Joanne an diesem Morgen tatsächlich ausgegangen ist, wie Patston behauptet, und sie hat Irina zu Sandra Finch gebracht.«
»Sie könnte trotzdem vorgehabt haben, Patston zu verlassen«, sagte Reed. »Nur nicht an diesem Morgen. Es sei denn, sie wollte das Kind
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