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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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schade.«
    »Was ist los mit dir, Lizzie? Stimmt was nicht?«
    »Ich habe mich nie besser gefühlt«, sagte sie.

65.
    »Vielleicht«, sagte Sandra zu Karen Dean, die gerade Sandwiches zum Mittagessen machte, »sollten wir uns ans Fernsehen wenden, wie manche Leute es tun, um Zeugen zu finden.«
    »Zum Beispiel, wenn Kinder verschwinden, nicht wahr?«, sagte Tony, der neben seiner Schwiegermutter am Küchentisch saß.
    »Und wenn …« Sandra beendete den Satz nicht.
    Irina, die Dean geholfen hatte, ihre Erdnussbutter zu verstreichen, hob die Hände, die Handflächen nach oben gerichtet, sodass ihre Großmutter sie sehen konnte. »Rina schmutzig, Omi«, sagte sie.
    »Du bist zu alt für die Babysprache, Irina«, sagte ihr Vater.
    Sandra warf ihm einen bösen Blick zu. »Komm her, Schätzchen.« Sie stand auf und streckte dem Kind die rechte Hand entgegen. »Komm, wir waschen das ab.«
    An der Spüle half sie Irina, auf den roten Plastiktritt zu steigen, den Joanne für diesen Zweck gekauft hatte, drehte den Wasserhahn auf, drückte Fairy Ultra auf ihre Hände und sah zu, wie sie es zu Schaum rieb.
    »Alles, was helfen könnte«, fuhr sie fort, an Constable Dean gewandt, »ist doch einen Versuch wert, nicht wahr?«
    »Vielleicht sollten Sie Inspector Keenan darauf ansprechen, wenn er zurückkommt«, sagte Dean.
    »Wir könnten darüber reden, wie viel Liebe in die Aufnahme dieses kleinen Mädchens hier geflossen ist.«
    »Adoption« war, ebenso wie »Mord« oder »getötet«, eins der Wörter, die sie alle – nach einer stillschweigenden Übereinkunft – in Irinas Beisein mieden.
    »Darüber würde ich nicht sprechen wollen«, sagte Tony. »Das ist privat.«
    »Fertig«, verkündete Irina.
    Sandra half ihr herunter, zog das Geschirrhandtuch vom Halter und schaute ihrer Enkelin beim Händetrocknen zu. »Wenn du nicht willst, tue ich es«, sagte sie in scharfem Ton zu Tony. »Ich tue alles, um den zu kriegen, der uns das hier angetan hat. Ich hätte eigentlich gedacht, dass du es genauso siehst.«
    Tony, der noch am Tisch saß, begann zu weinen. Diesmal verbarg er das Gesicht nicht in den Händen; er ließ seine Tränen über die Wangen bis hinunter auf sein stoppliges Kinn fließen.
    »Um Gottes willen«, zischte Sandra. »Wenn ich mich beherrschen kann, warum kannst du es nicht?«
    »Warum weint Daddy?«, fragte Irina.
    »Weil er traurig ist, Schätzchen«, erklärte Sandra ihr behutsam und warf Dean einen hilflosen Blick zu. »Wir alle sind traurig, Irina.«
    »Weil Mami nicht hier ist?«, fragte Irina.
    »Richtig, Schätzchen«, sagte Sandra, und auch ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich will meine Mami«, sagte ihre Enkelin.
    Als Karen Dean sah, wie Tränen in den großen dunklen Augen des Kindes schimmerten, konnte sie nur mit Mühe verhindern, dass sie ebenfalls zu weinen anfing.

66.
    »Alles in Ordnung bei euch?«, fragte Christopher um kurz nach zwei am Telefon.
    »Bestens«, sagte Lizzie. »Sieht man davon ab, dass ich mich gegenüber den Leuten von Essen und Trinken wie eine Idiotin benommen habe.«
    Sie erzählte ihm kurz, was passiert war.
    »Du hattest vollkommen Recht«, sagte Christopher. »Dich so unter Druck zu setzen ist unverschämt.«
    »Du findest doch nur, ich sollte zu Hause bei den Kindern bleiben«, sagte Lizzie.
    »Das ist lächerlich«, entgegnete Christopher.
    »Ja«, gab Lizzie zu. »Da hast du wohl Recht.«
    »Ich mag ja meine Fehler haben«, sagte er, »aber …«
    »Mag?«
    »Ich habe meine Fehler«, sagte er. »Unverzeihliche Fehler, wie ich nur zu gut weiß.«
    »Ich bin nicht in der Stimmung für deinen Sarkasmus«, sagte Lizzie.
    »Und ich bin nicht in der Stimmung, dass man auf mir herumhackt.«
    »Dein Pech«, sagte Lizzie und legte auf.

67.
    »Robin hat angerufen«, sagte Novak zu Clare, als sie um vier Uhr, nachdem sie ein paar Stunden in Wood Green bei Nick Parry verbracht hatte, wieder in die Detektei kam. »Jim Keenan, der Inspector aus Theydon Bois, kommt um fünf zu ihm.«
    »Will er denn nicht mit dir sprechen?« Sie hängte ihren Regenmantel an die Garderobe.
    »Bisher nicht«, sagte Novak.
    Er folgte ihr in die winzige Küche, stellte sich hinter sie, als sie den Wasserkocher füllte, und küsste sie in den Nacken. Normalerweise reagierte Clare auf solche Annäherungen voller Wärme, aber heute stöpselte sie nur den Stecker des Wasserkochers ein.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Novak.
    »Ich bin ein bisschen müde.« Sie nahm den Deckel vom Teebehälter und

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