Blankes Entsetzen
warf einen Beutel in ihre Tasse. »Hab letzte Nacht nicht gut geschlafen.«
»Es ist verständlich, wenn du aufgebracht bist«, sagte Novak sanft. »Ich weiß, dass du Angst um das kleine Mädchen hast.«
»Du etwa nicht?«, erwiderte Clare so heftig, dass ihr lockiges Haar hüpfte.
»Natürlich.« Novak war verblüfft über den Vorwurf in ihren Augen und legte ihr eine Hand auf den Arm. »Du zitterst ja, Liebling.«
»Tue ich nicht.«
»Komm her und setz dich.«
»Ich koche gerade Tee.«
»Das mache ich gleich.« Er schob sie zurück ins Büro und auf das Sofa zu. »Setz dich und erzähl mir, was los ist.«
Sie setzte sich. »Nichts ist los.«
»Geht es Nick gut?«
»Bestens.«
Novak hörte das Wasser kochen, ging den Tee aufgießen, trug ihn herein und setzte sich neben sie. »Ich habe ein bisschen Zucker hineingetan.«
Zum ersten Mal lächelte sie. »Ich brauche keinen Zucker.«
»Du brauchst Energie«, sagte er. »Du siehst schon seit einiger Zeit müde aus, also weiß ich, dass es nicht nur mit den Patstons zu tun hat. Ich dachte, wir hätten die Abmachung, uns alles zu sagen.«
»Okay«, sagte sie.
»Was okay?«
»Ich sage es dir.«
Ihre Stimme war leise, aber so voller Anspannung, dass er plötzlich Angst bekam.
»Was ist denn?«
»Ich bin schwanger«, sagte Clare.
Novak fühlte sich, als würde er in zwei Hälften gespalten: In einer explodierte ein Freudenfeuerwerk, die andere irrte in dunkler Verwirrung umher.
»Aber das ist wundervoll«, sagte er.
»Ach, wirklich?«, fragte Clare.
Und sofort begriff er – bereits verärgert, ja wütend auf sich selbst, weil er so dumm und unsensibel war. Natürlich musste jede Freude, die sie empfinden könnte, unter den schlimmen Erinnerungen an das letzte Mal begraben liegen.
»Tut mir Leid«, sagte er.
Clare sah ihn an. »Verstehst du?« Sie klang zögerlich.
»Natürlich.« Novak streckte die Arme aus und war erleichtert, als sie in seine Umarmung kam und sich an ihn lehnte. »Natürlich verstehe ich. Ich weiß, wie du dich damals gefühlt hast … ich weiß, wie ich mich gefühlt habe, und ich werde es bis ans Ende meines Lebens nicht vergessen.«
»O Mike, es tut mir Leid.«
Er entfernte sich ein Stückchen von ihr und sah Tränen in ihren Augen. »Sag so etwas nicht. Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.« Er trat noch einen Schritt zurück und legte die rechte Hand auf ihren flachen Bauch. »Ein Baby«, sagte er leise.
»Du freust dich«, sagte sie.
»Himmel, ja.«
»Ich habe Angst.«
»Ich weiß«, sagte er.
»Sag mir, dass alles gut wird«, sagte sie.
»Natürlich wird alles gut«, sagte er.
»Das kannst du doch nicht wissen«, sagte Clare.
»Doch. Ich glaube ganz ehrlich, dass ich es weiß.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, flüsterte sie.
Amen, dachte er, sprach es aber nicht aus, weil er ihr gerade gesagt hatte, er sei sich sicher. Alles andere würde jetzt wie ein Rückzieher erscheinen – und wenn Clare im Augenblick eines brauchte, dann war es seine Zuversicht.
Und schon war die dunkle Verwirrung aus seinen Gedanken verschwunden – verdrängt von der Hoffnung.
»Unser Baby«, sagte er.
68.
Wenn Robin Allbeury alles andere als erfreut war, Helen Shipley an der Seite von Jim Keenan in seine Wohnung kommen zu sehen (sie hatte Chief Kirby überredet, ihr eine Auszeit von der Arbeit an dem Drogenfall und ihrem Stapel überfälligen Papierkrams zu gewähren), so ließ er es sich nicht anmerken.
»Nicht überrascht, mich zu sehen?«, fragte sie den Anwalt, der einen grauen Kaschmirpullover zu anthrazitfarbenen Wollhosen trug und die Besucher in sein Wohnzimmer mit dem fantastischen Ausblick bat.
»Traurigerweise nicht sehr«, sagte Allbeury. »Angesichts der Verbindung zwischen den beiden Frauen und meiner Person habe ich Ihren Besuch erwartet.«
»Haben Sie eine Erklärung für diese Verbindung, Sir?«, fragte Keenan.
»Bitte«, sagte Allbeury und deutete auf Couch und Sessel, »machen Sie es sich bequem.«
Helen ging zu dem großen Teleskop vor den Glastüren.
»Sie können es gern benutzen«, sagte Allbeury.
Sie drehte sich um. »Nein, danke.«
Keenan nahm auf dem Sofa Platz. »Die Verbindung, Sir?«
»Ich habe keine Erklärung dafür«, sagte Allbeury. »Aber ich kann Ihnen versichern, wenn ich auch nur einen Augenblick lang dächte, dies sei mehr als ein Zufall – oder dass meine Person für diese zwei Todesfälle irgendeine Relevanz besäße –, wäre meine Bestürzung noch größer,
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