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Blanks Zufall: Roman

Blanks Zufall: Roman

Titel: Blanks Zufall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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nicht anfasse. Danke.
    Jetzt brauche ich einen anderen Freiwilligen, am liebsten ist mir jemand, den ich nicht kenne, du, mit dem weißen Hemd, ich weiß nicht mal deinen Namen, aber weißt du, was?, das brauche ich auch nicht, du wirst ihn mir auf einen anderen Zettel schreiben, hier. Und darunter schreibst du mir, in einem Wort, dein liebstes Hobby und dann den Mädchennamen deiner Mutter, okay?“
    Der Mann tut, was Marcus sagte und als er fertig ist, nimmt Marcus den Zettel entgegen und zerreißt ihn.
    „Weißt du, Michael, es ist doch viel zu durchschaubar, was ich hier mache, oder findest du nicht? Dass du gerne angelst und deine Mutter Friedrich mit Nachnamen heißt, geht doch niemanden was an.“
    Das Publikum lacht, ja, alle lachen, einige kurz, andere länger, und Marcus liebt diesen Moment, wie er einige davor schon genoss. Der Mann, der tatsächlich Michael heißt, ein dünner Mann mit dünnem Ziegenbärtchen und noch dünnerem Haar, lächelt nur verdutzt.
    „Das ist alles wahr“, sagt er.
    „Ja, ich weiß, aber das ist langweilig, nicht wahr? Gedanken lesen, das habe ich eben schon gemacht. Nein, ich möchte jetzt, dass du auf diesen neuen Zettel drei Worte schreibst, egal welche, untereinander, okay?“
    Michael lässt sich Zeit und Marcus dreht sich von ihm weg, um die Spannung zu steigern und die Unmöglichkeit zu unterstreichen, zu wissen, was nieder geschrieben wird. Er blickt zu Anna, die ihn auch anschaut. Sie lächelt nun und schaut kurz zu ihrer Hand hinauf, die den Zettel hält, dann verzieht sie das Gesicht, als wollte sie fragen, wie lange sie ihren Arm denn noch hochhalten soll. Marcus lächelt zurück und nickt kurz. Halte durch, will er sagen und glaubt, sie versteht und noch mehr, sie fühlt sich nun wohl damit, ihm zu helfen. Es ist okay. Vielleicht wusste er das schon vorher und hat sie deswegen nach vorne gebeten.
    „Okay, ich bin fertig“, sagt Michael, „Soll ich den Zettel wieder falten?“
    „Klar doch“, erwidert Marcus, nimmt seinem Zuschauer den Stift und Zettel aus der Hand und reicht letzteres an Frank weiter. „Ich möchte dich bitten, diesen Zettel gut festzuhalten.“ Sein Freund nimmt Michaels Zettel und hält ihn ebenfalls in die Höhe, wie Anna den von Marcus. Alles an seinem Platz für Annemanns Bluff, auch wenn es eigentlich nur Marcus' Bluff ist, der die Tricks von Annemann variiert.
    Marcus geht zu seiner Ex-Freundin und nimmt ihr seinen Zettel wieder aus der Hand. Sie atmet auf und senkt ihren Arm. Er öffnet seinen Zettel und liest noch einmal die Antworten, und nickt.
    „Wisst ihr“, richtet er sich an das Publikum, blickt wieder von Gesicht zu Gesicht und lässt sich Zeit, „Prophezeiungen sind so eine Sache. Um sie wirklich zu vollführen, muss man sich erst überwinden, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als getrennt zu betrachten, denn sie hängen so sehr zusammen, dass sie eines sind. Das Einzige, dessen wir sicher sein können und das losgelöst von allem ist, ist der Moment im Jetzt, alles andere ist nicht da, eine Erfindung. Ich musste also nur einen anderen Moment als Jetzt kennen, um prophezeien zu können.“
    Dann gibt er den Zettel an Anna zurück.
    „Wieder?“
    „Ja, bitte.“
    Sie seufzt, aber lächelt dabei, als sie ihren Arm wieder hebt. Das kurze Berühren ihrer Hand erinnert Marcus an die Momente mit ihr, er möchte es nicht zugeben, nicht jetzt, während er seine Show zelebriert, aber tief in ihm nagt die Frage, ob es richtig war. Sie bitten zu gehen.
    „Ja, meine Prophezeiungen sind richtig gewesen, wie schön.“
    Er nimmt Frank den anderen Zettel aus der Hand und reicht ihn Michael zurück.
    „Würdest du bitte dem unwissenden Publikum jetzt deine drei Worte vorlesen, jedes einzelne, laut und klar, damit keine Missverständnisse entstehen!“
    Das Publikum lacht, als Michael mit seiner tiefen Stimme und einen schlechten Schauspieler imitierend die drei Worte Haudrauf, Gänserich und Malkasten intoniert.
    „Eine interessante, ungewöhnliche Wahl, wie ich finde. Das fiel mir gleich auf, als ich die Worte aus dem zukünftigen Moment fischte. Anna, würdest du jetzt bitte meinen Zettel öffnen und meine drei Worte vorlesen!“
    Sie senkt wieder ihren Arm, tut, worum Marcus bat.
    „Äh“, macht sie verblüfft, „hier steht nichts drauf.“
    Marcus lacht kurz auf.
    „Ja, ich meine, was habt ihr geglaubt, dass ich wirklich in die Zukunft schauen kann?“ Einige lachen, anderen murmeln unverständlich. „Kein Trick,

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