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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Schweine und Katzen vom Himmel. Johannes’ Knirps nutzte ihm wenig, und er wunderte sich nicht darüber, dass ausgerechnet heute der alte Postbus seinen Geist aufgab. Es passte zu den Geschehnissen des Tages, und Johannes war so niedergeschlagen, dass er mit allem Übel der Welt rechnete. Der Busfahrer setzte sich, als er festgestellt hatte, dass er den Bus nicht mehr reparieren konnte, wieder auf seinen Fahrersitz, zündete sich ein Zigarette an und zog eine Schnapsflasche aus dem Handschuhfach.
    »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«, fragte Johannes, doch der Busfahrer zuckte mit den Schultern.
    »Red net deppert«, antwortete er, »du bist schließli da anzige Bua in deim Alter, der wos ka Handy hat.«
    Zehn Minuten blieb Johannes regungslos stehen und fühlte seine Zehen nass werden, bis er ein Auto den Berg hochkommen hörte. Er stellte sich an den Straßenrand, hielt den Daumen raus, doch als das Auto um die Kurve kam, musste er geblendet in den Straßengraben blicken, der Fahrer hatte das Fernlicht eingeschaltet. Johannes kniff die Augen zusammen, hielt die Handfläche wie einen Sichtschutz vor seine Stirn, während der weiße Jeep rechts neben dem Bus anhielt.
    »Wüllst mitfahrn?« Als Johannes wieder sehen konnte, identifizierte er den alten Herrn Rettenstein am Steuer. Neben ihm saß der Altbürgermeister Ebersberger, dahinter der Großvater seines Volksschulkollegen Robert Rossbrand und neben diesem der alte Herr Hochschwab. Die vier waren auf einem Rinderkirtag in einem Dorf im Nachbartal gewesen und nun auf dem Heimweg nach St.   Peter. Johannes sah, dass er zwischen den breitbeinig auf der Rückbank sitzenden Greisen keinen Platz haben würde, aber bevor er ablehnen konnte, hatte der Busfahrer bereits mit Opa Rettenstein vereinbart, dass Johannes mit ihnen nach St.   Peter fahren solle und man jemanden schicken würde, um den Bus abzuschleppen. Auch die alten Männer wussten, dass Johannes auf der Rückbank keinen Platz hätte, also öffnete Großvater Rettenstein den Kofferraum, entfernte die Hutablage und hieß Johannes, auf der karierten Decke Platz zu nehmen, wo, wie man an den Haaren erkannte, normalerweise der Jagdhund saß.
    Der weiße Jeep roch in seinem Inneren nicht nur viel intensiver nach nassem Hund als der Bus, sondern dazu noch nach Mottenkugeln und Gurkensalat. Johannes hatte keinen Zweifel, dass dies der schlimmste Tag seines Lebens war. Sein Gesichtsausdruck war so elendig, dass er den alten Herren nicht verborgen blieb, die ihn akribisch im Rückspiegel musterten.
    »Wieso bist’n du eigentli so g’schnigelt?«, fragte Opa Rossbrand schließlich, und als Johannes kurz angebunden und mit Blick aus dem Fenster antwortete, dass er heute Matura gehabt hatte, war den vier Eminenzen sofort klar, dass er diese verpatzt haben musste. Johannes saß mit angewinkelten Beinen quer im Kofferraum. Seine Arme hatte er auf die Knie gelegt, den Kopf ließ er dazwischen hängen. Auf dem Boden des Kofferraums lagen ein rostiger Hirschfänger, ein paar Patronenhülsen und etwas, das wie eine zerquetschte Wurstsemmel aussah.
    »Schau, Johannes, wir ham immer scho g’sagt, a Matura is nix für wen, der wos aus St.   Peter is. Mach da nix draus!«, meinte Altbürgermeister Ebersberger gutmütig, doch Johannes nahm ihm diese Aussage übel.
    »Woaßt Johannes, wir Menschen aus St.   Peter ham andre Stärkn, wir sand olle kane Kopfmenschn«, fügte Opa Rossbrand hinzu und lächelte.
    »Wir ham des a immer deim Großvata g’sagt, owa er hat jo net auf uns g’hört. Dei Großvata hat a glaubt, er muss in’d Wölt aussi, und am End is a a wieder z’ruckkummen, weil a g’merkt hat, dass’s nirgends so schön is wia in St.   Peter.«
    »Woaßt, Johannes, früher is dei Großvater a lässiger, g’mütlicher Hawara g’wesen, owa dann hat a zum Spinnen ang’fangen. I glaub, de ganzn Bücher ham eam deppert g’macht.« Opa Rossbrand tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn, und die anderen nickten.
    Rettenstein senior hielt vor dem Haus der Irrweins und ging zum Kofferraum, um Johannes hinauszulassen. Der Obmann des Jägerbundvereins sah ihn durchdringend an und sagte in ernstem Ton: »Johannes, wir ham immer scho g’wusst, dass du des Gymnasium net schaffn wirst. Du bist halt a St.   Petriana. Merk da, des Dorf is für di da. Wir kämpfn hiazn seit hunderten Joahrn gegen de Hochg’schissenen, und umso bessa, dass du uns zeigt hast, dass du kaner vo de Hoch’gschissenen bist. Oiso, guate

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