Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
wohl von ihm wollte, und schüttelte ihm die Hand, woraufhin Peppi grinste, dabei die Zunge in den Mundwinkel steckte und sofort mit Dehnübungen begann.
»Bist du a grad im Training?«, fragte er, ging in die Hocke und belastete sein Knie.
»Wieso kommst du drauf, dass ich trainiere?«, fragte Johannes etwas harsch.
»Na ja, weil du g’laufen bist. Oiso hab i denkt, du trainierst a a bisserl.«
Johannes wurde rot im Gesicht, schlagartig war ihm peinlich, dass er vor Peppi Gippel davongelaufen war, der, wie sich Johannes aus seiner Jugend erinnern konnte, ein grundauf freundlicher, sportlich-fairer Charakter war. Er erinnerte sich an das letzte Mal, als er Peppi gesehen hatte. Damals war er ruppig zu ihm gewesen, weil er sich vor Mauritz geschämt hatte, was ihm nun unangenehm war. Allerdings war Peppi nicht nachtragend und hatte diese Episode schon lange vergessen, wie Johannes an seinem herzlichen Lächeln merkte.
»Tja, heute ist Feiertag, da trainiert man nicht, dachte ich.«
»Ja, i weiß, owa da scheiß i drauf. I war laufen und hab aus da Ferne der Prozession zuag’schaut, weil i wissen wollt, wie’s meiner Freundin geht. Mei Freundin redt nämli grad net mit mir. Jedenfalls i hab g’sehen, dass du mit ihr g’redet hast – hat sie wos g’sagt?«
Johannes überlegte, ob er während der Messe mit einem der Dorfmädchen ein Wort gewechselt hatte, aber außer an das Gespräch mit Maria Rettenstein konnte er sich an keins erinnern, was er zu erklären versuchte, doch Peppi preschte vor:
»Ja, de is mei Freundin, de Maria und i sand seit vier Jahren zam!«
Dieser Satz verblüffte Johannes.
»Entschuldige die Nachfrage, aber Maria Rettenstein ist mit Günther Pflicker zusammen, die bekommen bald Zwillinge.«
»Na, des sagen alle, owa eigentli is de Maria mei Frau.«
Johannes wurde neugierig, also fragte er Peppi, ob er ihn nicht ein Stück begleiten und ihm mehr über diese Sache erzählen wolle. Im Gegenzug berichtete Johannes jedes Wort, das Maria gesagt, und dass sie zwei verschiedene Schuhe getragen hatte. Peppi klopfte ihm auf die Schulter, und seine Arme dehnend, ging er neben Johannes über den Bauernweg, der durch die Felder zu den Siedlungsgebieten rechts der Hauptstraße führte. Johannes vermutete, dass Peppi im Dorf niemanden hatte, mit dem er über Maria sprechen konnte. In St. Peter am Anger war man füreinander da, doch wenn alle entschieden hatten, Günther Pflicker sei der Vater, dann konnte Johannes sich gut vorstellen, dass Peppis Ansprüchen auf Maria kein offenes Ohr geschenkt wurde. In St. Peter am Anger wurden menschliche Tragödien und Gefühle oft mit einer Flasche Adlitzbeerenschnaps ertränkt, und Johannes meinte an der emotionalen Art, wie sich Peppi nicht mit seiner Situation abfinden wollte, genau wie an dessen Sprache zu merken, dass Peppi nicht im Dorf geboren war. Es musste Peppi geschmerzt haben, von Marias Schwangerschaft zufällig im Wirtshaus erfahren zu haben.
Als sie vor dem Haus der Irrweins angekommen waren, wollte sich Johannes verabschieden, aber Peppi machte keine Anstalten, nach Hause zu gehen. Seit sich Maria von ihm getrennt hatte und ihm alle sagten, er solle sie vergessen, boykottierte Peppi nicht nur das Wirtshaus, sondern auch sämtliche Dorfveranstaltungen.
»Sag Johannes, was machst’n du heut nu?«, fragte er schließlich in der Hoffnung, nicht schon wieder einen Feiertag vor der Playstation verbringen zu müssen. Der Frühling war in der Alpenrepublik eine Zeit voller Feiertage, und Peppi hatte an beiden Daumen große Blasen.
»Hast net Lust, mit mir Fuaßballspüln zum gehen?«, fragte Peppi mit leuchtenden Augen, Johannes schüttelte den Kopf. Seit seiner Achillessehnenverletzung bekam er Fußschmerzen, wenn er nur an das Geräusch eines auf einen Ball treffenden Fußes dachte. Er erzählte Peppi davon, doch anstatt zuzuhören, sprang dieser auf, schnippte mit den Fingern, und rief laut »Bahöl!«, was für Johannes so exotisch klang wie eine chinesische Mailboxansage.
»Weißt wos, Johannes? I versteh scho, so a Verletzung is traumatisch, und da is ma nacha a wengerl vorsichtiger, owa des geht net, dass du seither gar nimmer Fuaßball g’spült hast. Weißt wos, wir gehen a bisserl pfitschigoggerln, des wär a erster Schritt zur Besserung!«
Im Garten der Irrweins stand auf den Waschbetonplatten der ebenerdigen Terrasse ein Plastiktisch, da der Zimmermann Alois Herzschmerz bekam, wenn Holz im Garten verwitterte. Die Sessel
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