Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
lachte und legte ihre Finger auf Peppis Handrücken. Sie trug ein hellrotes Röckchen, das um den Bund einen dicken Gummizug hatte, der unter ihrem Bauchansatz verschwand. Eine weiße Bluse, die früher eines der Hemden ihres Vaters gewesen war, bedeckte Marias Bauch und locker hing ihr ein mintgrüner Kapuzenpulli über die Schultern. Zitternd legte sie ihren Kopf auf Peppis Schulter. Peppi spürte den Ärmel seines T-Shirts nass werden. Vorsichtig küsste er ihren Kopf, vergrub seine Nase in ihrem Haar und schluckte selbst Tränen hinunter.
»Maria, wein do net«, flüsterte er und presste die Lippen gegen ihren Scheitel.
»Tuat ma leid, Peppi, i bin so deppert. I wünscht, i könnt de Zeit z’ruck drehn. I hab uns kaputt g’macht.«
»Geh, Maria. Sag so was net. Wenn a Beziehung kaputtgeht, g’hörn immer zwa dazu. Wahrscheinli hab i dir net oft g’nug g’sagt, wie lieb i di hab. Wahrscheinli war i immer z’cool, z’blöd, z’deppert.«
Marias Weinen wurde stärker.
»Is scho guat. I bin immer für di da, a wenn i net da Mann für dei Leben sein sollt, i möcht immer in deim Leben sein.«
Peppi bemühte sich, so liebevoll wie möglich zu klingen, doch Maria weinte nur noch mehr. Er umfasste sie mit beiden Armen, drückte sie ganz nah an sich, bis er die kleinen Butzerl gegen seinen Nabel treten spürte.
»Hey, Maria, außerdem du brauchst ja wen, der was Profis aus deine zwa Fuaßballerbabys macht. Wirst scho sehn, i werd den anen zu Barca, den andern zu Bayern bringen.«
Maria lächelte zwischen all dem Weinen kurz, drückte ihren Kopf fester gegen seine Brust. Peppi hielt sie, streichelte sie und wartete, bis sie sich ausgeweint hatte. Und das sollte dauern. Ungebremst stürzte eine tiefe Traurigkeit aus Maria heraus.
»Psst«, flüsterte er in die Stille der Nacht, und wie auf Kommando gingen die letzten Lichter des Fußballgeländes aus. Lange Zeit streichelte Peppi Marias Rücken und sah dem Mond beim Kurvenbiegen zu. Er blickte nicht auf die Uhr, beobachtete nur den Himmel, an dem der Mond seinen Weg zurücklegte, während sie beieinandersaßen. Noch nie hatte Peppi verstanden, warum es hieß, die Welt rase durch das All . Doch heute Abend begriff er.
»Soll i di langsam heimbringen?«, fragte er, als Maria sich beruhigt hatte.
»I mag net hoam. I bin’s leid. De nutzn mi immer aus. Denen is des wurscht, ob i glückli bin. De wissen oafach, dass ma mit mir ollas machn kann, dass i zu ollem Ja und Amen sog, nur um meinen Leut a Freud zum Machen.«
Peppi setzte sich aufrecht hin:
»Maria, du hast halt a guates Herzal.«
Maria seufzte.
»Jo, owa des is mei Leben. Und Peppi, i woaß ja net amoi, ob da Günther da Vater is.«
Peppi erstarrte und rückte von ihr weg.
»Maria, du musst mi net anlügen. I hab di gern, a wenn des de Kinder vo an anderm sand.«
Maria begann wieder zu schluchzen. Sie zog sich den Kapuzenpulli von den Schultern und vergrub ihren Kopf darin.
»Schau, Peppi. I kann mi an nix erinnern. I woaß, des klingt deppert, owa i wollt nie mit dir Schluss machn. Mei Familie hat de ganze Zeit g’sagt, i soll do mal a Pause machn, mi auf de Kellnerinnenlehr konzentriern, meine Schwestern ham erzählt, du hätt’st wos mit andere, und da Opa hat so tan, wie wenn er krank werat, und wenn ollas, wos er si vorm Tod wünschn tät, wär, dass i mi vo dir trenn. I hab dacht, wir sollten vielleicht amoi schaun, ob wir uns immer nu lieb ham, wenn wir mal net zam sand, wir warn jo immer zam! Owa dann hat da Opa si einbildt, er muss wallfahrten mit da ganzen Familie. Und dann warns olle weg, und da Opa hat dem Günther befohln, dass er auf mi aufpasst, weil i net frei g’kriegt hab. Na jo, und da Günther hat ma de ganze Zeit Schnaps eing’schenkt, und du woaßt jo, wie’s ma dann geht, und am nächsten Tag bin i aufg’wacht, und da Günther woar nu immer da. Und i woaß owa nix mehr.«
Peppi hielt es nicht mehr im Sitzen aus. Er sprang auf und rannte über die Tribünen auf den Platz. Er trat gegen zwei kaputte Bälle, stieß Wutschreie aus, die die Bälle so hoch fliegen ließen, dass sie gar nicht mehr zurückkamen. Am liebsten hätte er sich ins Gras gelegt, die Zeit zurückgedreht, mit Maria Sauerampfer zerkaut und sie mit zitronigem Geschmack im Mund und grüner Zunge stundenlang geküsst. Und wenn sie dann mit ihm hätte Schluss machen wollen, hätte er sie einfach nicht gehen lassen. Er hatte doch immer gewusst, dass sie füreinander bestimmt waren.
Peppi ließ sich
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