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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gsella
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dem Konferenztisch seit Minuten schläfrig krabbelnde Marienkäfer hauchte seine Seele aus. »Wenn ich was nicht leiden kann, dann sind das Insektenartige«, knurrte der seidenmilde Peacekeeper und schlug zu, viermal, zehnmal, bis rein gar nichts übrig war, dann miaute es.
    Von nicht sehr fernher, leise, aber allzu deutlich, erscholl das Leben eines jüngst gebornen Kätzleins.
    »Na? Was war das denn?«, brummte seltsam streng, ja drohend der Erleuchtete.
    »D-das war bestimmt äh … draußen …«, stammelte Staniews ki, die ihre Kids seit Jahr und Tag im prunkhaft überlangen Sekretärinschreibtisch fütterte und aufzog. »Wie geht es Tibet, Master? Immer noch unterdrückt? Okay, Sie haben meine Soli. Aber wenn Sie meinen Kleinen nur ein Härchen krümmen, landen Sie in Den Haag.«
    II Das Massaker
    Der Buddha gab sich baff. »Warum sollte ich Katzenbabies töten? Wir alle haben nur hundert Leben. Daher sollten wir Geschöpfe nur töten, wenn es unvermeidlich ist. So zerquetscht ein Wanderer mit jedem Schritt gewisslich allerlei Unsichtbares, Milben, Flöhe, Läuse. Etwa ab Grashüpfer wird’s justitiabel. Im Alter von sieben Jahren sah allerdings Buddha, wie seine Schwestern Kirschen von einem Baum pflückten. Später kam heraus: Es waren gar nicht seine Schwestern, sondern sein Stiefohm, und auch kein Baum, sondern Erdbeeren. – Wie viele Miezis sind’s denn, wenn ich fragen darf?«
    Versonnen öffnete die beste aller Sekretärinnen die Rollschublade mit dem Aufkleber DRINGENDER POSTAUSGANG und begann zu zählen. »Sieben«, bilanzierte sie verliebt. »Ich hab sie aus dem Tierheim.« Achtsam rollte sie eine zweite Lade aus, öffnete den Ordner AUSSTEHENDE AUTORENHONORARE , entnahm ihm ein Milchfläschchen und begann mit der Fütterung. »Sie brauchen viel Milch und wenig Kakao«, dozierte die Vernarrte und wischte sich mit einer Katze sanft zwei Rührungstränchen ab. »Das ist die Älteste und Klügste. Komm, Mauzi, sag dem Dalai, wie viel ein mal eins ist.«
    »Miau …«
    »Braves Kind. – Noch Tee, die Medienprofis?«
    »Nein, auf!«, befahl nun Sonneborn. »Aufauf zum Hausrundgang! Die Redakteure an die Plätze! Unser Besuch möchte gewiss erfahren, wie Pointen entstehen.«
    »Yep«, pflichtete der Gast ihm bei. »Pointen sind das Salz in der Kraftbrühe des Uneigentlichen, und Neugier ist ein positiver Affekt. Gierig auf Neues zu sein, macht uns weltoffen, und wenn auch Gier nicht glücklich macht, sollten wir die Neugier doch keinesfalls verdammen – im Gegensatz zur Gelbsucht, die zu den negativen Infektionen zählt. Aber auch wer alles kaputtmacht, fügt anderen Leid zu, und Leid ist das Gegenteil von Glück, so wie rund das Gegenteil von eckig ist und eine Fülle göttlicher Wahrheiten halt kein Thriller, huch, sorry.« Zu rasch hatte sich der Vortragende erhoben und die Eilert einfach fallenlassen.
    »Gute Witze«, sprach er dann Sekunden später, als ihm Sonneborn im gemeinhin darken Chefroom siebenhundert Titelblätter zeigte, »bringen uns zum Lachen, und je besser der Brüller, desto mehr. Der Fußball- WM -Hammer ist von Eule Zippert, gell? Als aber Buddha zwölf war, sah er auf einer Wiese ein Häslein sitzen. Dem Häslein war ein Fuß gebrochen, doch als Buddha sich näherte, um es aufzunehmen und daheim gesundzupflegen, flog es wie der Wind von dannen. Moral: Der Fuß war gar nicht gebrochen gewesen, der Erlöser hatte sich erneut vertan gehabt, harhar!«
    »Echt?« Dem sensiblen Rürup ging die Anekdote an die Nieren. »Und wer half dem Häslein dann?«

    »Nun, es war halt ein Bussard«, zwinkerte der Dunkle und wollte eine Hand auf Rürups Schulter legen, kam jedoch kaum bis zur Hüfte des Hochgeschossenen. Gepokert wurde unterdes im Zimmer Tietze. Scharf stand der Rauch um ihn und Gärtner/Nagel, Zigarren trugen tiefe Hüte, und eine Walter 47, geladen oder nicht, schmückte die Tastatur. »Viel Spaß, die Herren«, grüßte die Wiedergeburt und gab dem Trio einen heißen Tipp:
»Beim Pokern kommt es weniger auf die Karten an als darauf, wie man pokert. So kann jemand gewinnen, der zwei Achten hat, wenn er die anderen glauben lässt, er habe vier Kreuz-Asse. So lief auch Buddha einmal gegen ein Auto, bemerkte es aber nicht. Erst im nächsten Frühling tat ihm alles weh. Befund: Totalschaden …«
    »Willkommen im Zentrum der Macht, Hoheit«, flötete dann bald Tom Hintner, als die Eso-Kutte in den hellen, grotesk überdimensionierten Zeichner- und Layoutersaal einflog und

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